Rot-Weiss Essen wollte aufstiegen, dann kam Corona dazwischen. Für unsere neue Ausgabe haben wir die Spieler ein Jahr lang begleitet. Und waren hautnah dabei, als sie ihre letzten Hoffnungen endgültig begraben mussten.
„Gott schütze Rot-Weiss Essen“. Für unsere aktuelle Ausgabe #224 haben wir ein Jahr lang Rot-Weiss Essen begleitet. Die Reportage lest ihr im Heft – im Shop und überall, wo es Zeitschriften gibt.
Am 3. Juni sitzt Alexander Hahn auf der Trainerbank im Stadion an der Essener Hafenstraße. Hier sitzt er normalerweise nicht. Hahn ist Stammspieler bei RWE. Innenverteidiger in der 4. Liga. Aber was ist in diesen Tagen schon normal?
Gute zehn Monate zuvor, Ende Juli 2019, fuhren wir zum ersten Mal nach Essen. Die Idee: Ein Jahr mit dem schlafenden Riesen aus dem Ruhrgebiet, der jede Saison aufs Neue aufsteigen will – und noch jede Saison gescheitert ist. Doch die Chancen standen diesmal nicht so schlecht. Ein Investor im Hintergrund, der im Falle des Nicht-Aufstiegs finanziell einspringen würde, eine Mannschaft aus erfahrenen Recken und jungen Spielern, die auch das Interesse von Drittligisten geweckt hatten. Und Christian Titz, der ehemalige HSV-Trainer, an der Seitenlinie. Wann also, wenn nicht jetzt?
„Wahnsinn, ne?”, sagt Hahn, den sie „Ali” nennen, und blickt auf das leere Spielfeld. Es ist Sommeranfang und die Saison in der Regionalliga ist für beendet erklärt worden. Unten in den Katakomben holen Hahns Teamkollegen ihre privaten Sachen aus den Spinden in der Kabine. Rot-Weiss Essen, das ist fast ein Jahr nach Beginn dieser Geschichte klar, ist mal wieder gescheitert. Und Ali Hahn kann’s noch nicht fassen.
Er hat so schon einmal auf diesen Platz geschaut, als er mitten in der Saison gelbgesperrt pausieren musste.
Es ist Februar. Gerade ist bekannt geworden, dass Tabellenführer Rödinghausen keine Zulassung für die 3. Liga beantragt. Zum Zweiten SC Verl, die ein Spiel weniger bestritten haben, fehlen Essen fünf Punkte. Im Derby gegen Oberhausen, das ist klar, muss ein Sieg her. Und Hahn, der Abwehrchef, sitzt untätig in der Loge. Wir haben uns zu diesem Termin verabredet. Ein Jahr mit Rot-Weiss Essen und noch hat der Verein tatsächlich Chancen auf den Aufstieg. „Weißt du”, sagt er, als er sich auf einen der roten Sessel im Stadion setzt, „ich mag Essen.” Seine Oberschenkel wippen die ganze Zeit auf und ab, er ist nervös. Es ist das erste Spiel, das der Abwehrchef in dieser Saison verpasst.