Rot-Weiss Essen wollte aufstiegen, dann kam Corona dazwischen. Für unsere neue Ausgabe haben wir die Spieler ein Jahr lang begleitet. Und waren hautnah dabei, als sie ihre letzten Hoffnungen endgültig begraben mussten.
Warum mag er Essen? „Weil die Menschen hier ein bisschen asi sind”, sagt Hahn, „und ich bin auch ein bisschen asi.” Dann lacht er und fragt, ob er noch etwas zu trinken holen soll. Er trägt eine dicke Canada-Goose-Jacke, Hugo-Boss-Shirt, Off-White-Sneaker. Dazu Seiten frisch. Läuft bei dir, Brudi.
Ali Hahn deutet auf einen Oberhausener Verteidiger: „Zu dem muss der Ball, der weiß nicht, was er damit machen soll.” Doch das Anlaufen funktioniert nicht. Oberhausen lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und der Verteidiger, der den Ball bekommen soll, bekommt ihn nicht. Immer häufiger schaut Hahn auf sein Handy – Ergebnis-App: Verl hat früh gegen Schalke II getroffen. Unten auf dem Platz schenken sich die beiden Rivalen nichts. Es ist ein gutes Spiel, viele Zweikämpfe, aber im letzten Drittel passiert nichts. „Wir sind tot”, flüstert Hahn und dann brüllt er: „Junge, warum schießt du nicht?!” Die Chancenverwertung ist ein Grundproblem der Essener in dieser Saison. Der Abwehrchef rutscht ein Stück den Sessel hinunter, wie ein Fan, der machtlos mitansehen muss, wie sein Klub verliert. Und es ist, als hätte ihn unten auf dem Platz jemand gehört. Der Ball kommt zu Oguzhan Kefkir, der schießt einfach. 1:0! Hahn streicht über sein Handy: Jetzt sind es weiter fünf Punkte. Und das direkte Duell gegen Verl kommt auch noch.
Denkste. An einem Donnerstag im März liegt Ali Hahn auf der Couch, es geht ihm nicht so gut. Dann klingelt das Handy: Das Spiel gegen Schalke II fällt aus. Das Virus ist in Deutschland.
In allen Ligen wird fortan diskutiert, wie wieder gespielt werden kann. Was Sinn ergibt. Der Regionalverband im Westen entscheidet, dass der SC Verl als Tabellenzweiter die Relegation spielen darf. Die Vereinführung von RWE hatte vergeblich darauf gedrängt, den Relegationsteilnehmer zwischen den bestplatziertesten Mannschaften auszuspielen.
„Wir hatten die Hoffnung, in die Relegation zu kommen“, sagt Hahn und blickt aufs leere Spielfeld. „Wir waren gut drauf.“ Aus der Frage „Wann, wenn nicht jetzt?“ ist ein „Was, wenn nicht das?“ geworden. Hahn geht in die Kabine und räumt seine Schublade leer, gibt alte Trainingsklamotten beim Zeugwart ab. Die Teamkollegen flachsen herum, einige werden in der neuen Saison nicht wiederkommen. Aber man muss ja mal lachen. Auch wenn alles Wahnsinn ist.
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