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Herr Thon, das Bun­des­liga-Spit­zen­spiel des 19. Spiel­tages lautet Bayern gegen Schalke. Hätten Sie das vor Sai­son­be­ginn für mög­lich gehalten?
Ange­sichts der schlechten ver­gan­genen Saison von Schalke sicher nicht. Aber ich hätte auch nicht gedacht, dass sich die Bayern so schwer tun.

Schalke steckte im Früh­jahr 2019 noch im Abstiegs­kampf. Jetzt ran­giert das Team unter David Wagner auf Platz fünf – nur drei Punkte hinter dem Tabel­len­zweiten FC Bayern Mün­chen. Wie hat der neuer Trainer das geschafft?
Er hat nach seinem Enga­ge­ment in der Pre­mier League die Begeis­te­rung aus Eng­land mit­ge­bracht. David Wagner ist vom Typus her einer, der eine posi­tive Stim­mung in einer Mann­schaft aus­lösen kann – ohne aber bei Erfolgen gleich durch­zu­drehen. Er bleibt immer mit beiden Füßen auf dem Boden. Ganz wichtig war, dass sich die Spiel­weise geän­dert hat. Statt Caten­accio wird jetzt wieder nach vorne gespielt. Das passt zur Schalker Ver­eins-DNA. Die darf nicht ver­loren gehen – auch wenn man zwi­schen­zeit­lich mit der defen­siven Aus­rich­tung erfolg­reich war.

Sie haben in den 90er Jahren mit David Wagner zusammen beim FC Schalke gespielt. Wie haben Sie Ihren ehe­ma­ligen Team­kol­legen in Erin­ne­rung?
Als sehr netten, auf­ge­schlos­senen Men­schen. Er war Stürmer, wie Jürgen Klopp, und dabei stets bemüht. David Wagner gehört zu den Euro­figh­tern. Er hat ein Tor gegen Kerk­rade geschossen und seinen Teil dazu bei­getragen, dass wir 1997 den UEFA-Pokal gewonnen haben.

Wagner war besser am Ball als Klopp“

Ein wirk­lich großer Fuß­baller war David Wagner aber nie…
Das muss man auch nicht sein, um ein guter Trainer zu werden. Da gibt es schon ein paar Par­al­lelen zu Jürgen Klopp – wobei David Wagner sicher besser am Ball war. Die beiden sind ja eng befreundet. David Wagner hat sich bei Jürgen Klopp bestimmt viele Rat­schläge abge­holt. Aber unab­hängig davon hat er sich als Trainer ein­fach super ent­wi­ckelt. Das zeigt er jetzt auch beim FC Schalke 04. Aller­dings ist hier das erste Jahr als Trainer immer ein­fa­cher ist als das zweite.

Was braucht man, um als Trainer auf Schalke bestehen zu können?
Rück­halt von der Ver­eins­spitze. Den hatte Huub Ste­vens. Und den spürt man jetzt auch bei David Wagner – aber bis­lang ist ja auch noch keine schwie­rige Phase ein­ge­treten. Was der FC Schalke 04 drin­gend braucht, ist Kon­stanz. Die ist ganz wichtig für den Erfolg eines Ver­eins.

Erkennen Sie posi­tive Anzei­chen dafür?
Ja. Man hat das Gefühl, dass mit Sport­chef Jochen Schneider, Sascha Rie­ther als Koor­di­nator der Lizenz­spie­ler­ab­tei­lung und David Wagner als Trainer ein Räd­chen ins andere greift, dass da ein Pflänz­chen gewachsen ist.

Inter­es­san­ter­weise haben Sie auch mit Hansi Flick, dem aktu­ellen Bayern-Trainer zusam­men­ge­spielt – wäh­rend Ihrer Zeit in Mün­chen.
Hansi Flick hat mir im Mit­tel­feld den Rücken frei­ge­halten. Er war ein Kämpfer, lauf­stark, ein echtes Tier, der sich immer richtig rein­ge­hauen hat. Es ist schön zu sehen, dass er jetzt als Chef-Trainer beim FC Bayern seine Chance bekommen hat und sie auch nutzt. Ich drücke ihm ganz fest die Daumen, dass es mit dem Enga­ge­ment über das Sai­son­ende hinaus klappt. Viel­leicht können Hansi Flick, Oliver Kahn, Hasan Sali­ha­mi­džić und wer da sonst noch kommt eine neue Ära beim FC Bayern Mün­chen ein­läuten.

Apropos neue Ära. Mit der Ver­pflich­tung von Alex­ander Nübel ver­su­chen die Bayern-Ver­ant­wort­li­chen auf der Tor­hüter-Posi­tion eine wich­tige Weiche für die Zukunft zu stellen – trotz des Kon­flikt­po­ten­zials, das damit ver­bunden ist.
Das kann keiner nach­voll­ziehen. Um das zu ver­stehen, müsste man wissen, welche Abspra­chen es gibt, was im Ver­trag steht. Es gibt um diesen Wechsel so viele Fragen: Bleibt Manuel Neuer gesund? Gibt er Nübel Spiele ab?

Aus Sicht der Bayern scheint die Nübel-Ver­pflich­tung nach­voll­ziehbar zu sein. Man bekommt ablö­se­frei einen Top-Tor­hüter…
Aber man holt sich viel Unruhe ins Team und in den Verein. Viel­leicht will man von Bayern-Seite aus damit aber auch Druck auf die aktu­elle Nummer eins aus­üben – wir wissen es nicht.

Klaus Augen­thaler wollte nicht um Geld spielen. Die anderen schon“

Sie selbst machten eben­falls einst den Schritt von Schalke 04 zum FC Bayern Mün­chen…
Das war damals eine ganz andere Kon­stel­la­tion. Wir waren abge­stiegen. Der Verein benö­tigte drin­gend Geld und musste mich des­halb ver­kaufen. Eigent­lich wollte ich ins Aus­land gehen. Aber damals gab es ja die Aus­län­der­be­schrän­kung. Uli Heoneß und Jupp Heyn­ckes haben mich dann davon über­zeugen können, dass der FC Bayern Mün­chen der rich­tige Verein für mich ist. Dafür bin ich Ihnen bis heute sehr dankbar.

Von Gel­sen­kir­chen nach Mün­chen – kein Kul­tur­schock für einen gerade 22-Jäh­rigen aus dem Ruhr­pott?
Nein. Es war eine richtig schöne Zeit. Hansi Pflügler, Rai­mond Aumann, Stefan Reuter – wir hatten eine Mann­schaft mit vielen jungen Spie­lern, die alle noch nicht ver­hei­ratet waren und viel mit­ein­ander unter­nommen haben. Wir hatten dann auch eine super Schaf­kopf­runde mit Manni Schwabl, Stefan Reuter und Uli Hoeneß. Da habe ich den Klaus Augen­thaler ver­drängt. Der wollte nicht um Geld spielen. Die anderen schon.

Nach sechs Jahren beim FC Bayern Mün­chen kehrten Sie zurück zum FC Schalke 04.
Ich war gegen Ende meiner Zeit beim FC Bayern Mün­chen häu­figer ver­letzt. Dadurch bin ich lang­samer geworden. Dazu kam noch etwas anderes. Erich Rib­beck hatte mich zum offen­siven Libero umge­schult. Und auf diese Posten spe­ku­lierte Lothar Mat­thäus. Rudi Assauer hat dann die Rück­kehr zum FC Schalke 04 ein­ge­fä­delt. Hier wurden meine Pro­bleme mit der Achil­les­sehne wieder besser. Es waren dann noch schöne Jahre bei Schalke. Ich durfte auch noch in der neuen Arena spielen. Das hätte ich beim FC Bayern Mün­chen auch gerne erlebt.

Olaf Thon

Der gebür­tige Gel­sen­kir­chener begann seine Pro­fi­kar­riere 1983 als 17-Jäh­riger beim FC Schalke 04. Legendär sind seine drei Tore beim 6:6 gegen den FC Bayern Mün­chen im DFB-Pokal-Halb­fi­nale 1984. Das Wie­der­ho­lungs­spiel gewann Bayern 3:2. Im Sommer 1988 wech­selte Thon zum FC Bayern Mün­chen, mit dem er dreimal deut­scher Meister wurde. 1994 kehrte Thon zum FC Schalke 04 zurück und fei­erte 1997 mit dem Klub den UEFA-Cup-Sieg. Ver­let­zungs­be­dingt been­dete Thon, der 52-Län­der­spiele bestritt und 1990 mit Deutsch­land Welt­meister wurde, 2002 seine Pro­fi­karre. Von 2005 bis Juni 2008 war er Mit­glied im Schalker Auf­sichtsrat. Thon war und ist für meh­rere Fern­seh­sender als Experte im Ein­satz. Seit 2015 leitet er zudem die eigen­stän­dige Abtei­lung Tra­di­ti­onself“ des FC Schalke 04.