Dimitrios Grammozis ist neuer Cheftrainer beim FC Schalke 04. Er gilt als ehrgeiziger Typ, der langfristige Entwicklungen anstrebt. Ob er sich da den richtigen Verein ausgesucht hat?
Dimitrios Grammozis war vorbereitet. „Brutal gut vorbereitet“ sogar. Sonst hätte er dem Druck vermutlich nicht standgehalten, den die Spieler des SV Darmstadt 98 am Abend des 25. Oktober 2019 auf ihn ausübten. Erst in der 87. Minute hatte Dario Dumić die Lilien mit seinem Kopfballtreffer erlöst. Anschließend waren er und zahlreiche Mannschaftskollegen auf den Trainer zugestürmt und hatten auf dessen Fundament eine menschliche Pyramide gebaut. „Ich habe das ein paar Mal geübt mit meinen Co-Trainern“, sagte Grammozis nach dem 1:0‑Sieg über Erzgebirge Aue.
Das war natürlich alles nur ein Spaß. Späße, wie sie einem im Angesicht des Sieges eben leicht fallen. Doch dass Dimitrios Grammozis es mit der Vorbereitung sehr genau nimmt, ist mehr als nur Flachs. Als der Trainer noch im Nachwuchsbereich des VfL Bochum angestellt war, studierte er bereits aufmerksam die 2. Liga. Zum einen, weil er in die Spielvorbereitung der Profis involviert war. Zum anderen aber auch, um die eigene Karriere voranzutreiben. „Ich habe versucht, die Teams auf ihre Stärken und Schwächen hin zu analysieren, damit ich bei den Vorstellungsgesprächen auch etwas zu erzählen habe“, sagte er rund ein Jahr nach seinem Dienstantritt in Darmstadt in einem Interview mit der FAZ.
Nach fünf durchaus erfolgreichen Jahren in verschiedenen Funktionen im Bochumer Nachwuchsbereich war der Schritt in den Profifußball für Grammozis der nächste logische: „Meine Assistenten und ich saßen quasi stets auf gepackten Koffern, um bereit zu sein für den Tag X.“ Tag X war dann der 23. Februar 2019, der SV Darmstadt 98 stellte Dimitrios Grammozis als neuen Cheftrainer vor. Der 2. März 2021 ist nun der nächste Tag X in Grammozis’ Leben: Am Dienstag stellte der FC Schalke 04 den 41-jährigen Ex-Profi, der unter anderem für den Hamburger SV und Kaiserslautern gespielt hat, als neuen Cheftrainer vor.
„Ich traue ihm die Aufgabe absolut zu“, sagt Patrick Rohde. Der 43-Jährige, der heute Jugendtrainer beim Oberligisten TSG Sprockhövel ist, kennt Grammozis aus gemeinsamen Trainerzeiten im Bochumer Nachwuchs. „Für ihn ist es eine riesige Chance.“ Dass sein ehemaliger Weggefährte nun in der Bundesliga gelandet ist, wundert Rohde nicht. „Er hatte schon immer ein klares Ziel vor Augen. Er weiß genau, was er will.“
„Wenn wir den Ball haben, sollen die Jungs das Fußballspielen genießen“
Das gilt auch für Grammozis’ Vorstellungen vom Fußball: „Er will aus einer strukturierten Abwehr heraus offensiven Fußball spielen“, sagt Rohde. Grammozis selbst erklärte seine Philosophie in einem Interview mit dfb.de einmal so: „ Die Basis für unseren Erfolg ist, dass jeder Spieler Lust aufs Verteidigen hat.“ Gegenüber der FAZ sagte er jedoch auch: „Wenn wir den Ball haben, sollen die Jungs das Fußballspielen auch genießen.“
Fußballspielen und Genießen, das waren zwei Begriffe, die die Fans von Darmstadt 98 lange Zeit nicht unbedingt miteinander in Verbindung bringen konnten. Insbesondere unter Grammozis’ Vorgänger Dirk Schuster stand ihr Verein für rustikalen Arbeiterfußball. Diese Vereins-DNA gelte es auch zu respektieren, hatte Grammozis bei seiner Vorstellung angekündigt. Gleichzeitig sei er bestrebt, das Spiel der Mannschaft fußballerisch weiterzuentwickeln.