Wo Leben ist, da ist auch Wille zur Macht, schrieb einst Friedrich Nietzsche. Warum sollte das im Fußball anders sein als im richtigen Leben? In Ausgabe 11FREUNDE #145 stellten wir euch die 50 mächtigsten Männer des Fußballs vor. Hier die Plätze zehn bis eins.
10 _ Leo Messi
Der moderne Fußball verehrt den kompletten Spieler. Den attackierenden Verteidiger, den vorbereitenden Vollstrecker, den technisch beschlagenen Kämpfer, den disziplinierten Egozentriker. Lionel Andrés Messi Cuccitini ist all das und noch viel mehr. In ihm vereinen sich alle Vorzüge des Spiels, rasante Tempodribblings, überraschendes Passspiel, Torinstinkt, überbordende Kreativität. Ohne ihn wäre Guardiolas Barca-Projekt nur Stückwerk geblieben, sagen wir. Schöner hat es Diego Armando Maradona ausgedrückt: „Leo Messi ist besser, als ich es bei der WM 1986 war“.
09 _ Sepp Blatter
Der FIFA-Boss ist stets von sich selbst ergriffen, wenn er von der integrativen Kraft des Fußballs kündet. Er glaubt wirklich, dass sein Verband die Welt näher zusammenrücken lässt, wenn die FIFA Turniervergaben nach Absurdistan verantwortet und Ausrichterländer durch wahnwitzige Auflagen in die Staatspleite drängt. Keine Frage, Sepp Blatter hat den Weltverband zu einem enorm profitablen Unternehmen getriezt. Doch der Ruf des Präses könnte nicht schlechter sein. Viele wichtige Entscheidungen in seiner Amtszeit werden begleitet von Korruptionsgerüchten. Ganz anders, als der Schweizer es sich wünscht, wirkt die FIFA nicht wie die gemeinnützige Multikulti-Tortenschlacht, die uns Imagekampagnen verkaufen wollen, sondern wie der Todesstern auf der geheimen Mission zur Weltherrschaft. Zuletzt präsentierte sich Blatter bei Reden seltsam altersmilde. Doch als gütiger Herr wird er wohl nur noch im Königspalast von Katar verstanden.
08 _ Herbert Hainer
Die Firma Adidas fußt auf Heldengeschichten. Vor allem jener von der WM 1954, als Gründer Adi Dassler persönlich den Finalteilnehmern die Schraubstollen in die Sohlen drehte. Hinter den Mythen verbirgt sich ein knallhartes Geschäft mit all den hellen und dunklen Seiten. Dassler beförderte vehement den Aufstieg des Fußballs zur profitabelsten Sportart des Globus, sein Sohn Horst installierte später über die Vermarktungsagentur ISL ein respektables Schmiergeldsystem. Heute verdient kein Unternehmen mit Fußball so viel Geld wie der Sportartikler. Zwei Milliarden Euro sollen es 2014 sein. 63 Nationalmannschaften, sechs Bundesligisten und Spitzenklubs von Chelsea bis Juventus rüstet Adidas aus, beim FC Bayern ist man Anteilseigner. Die Nationalelf ist ebenso Erbhof wie die großen Turniere. Und das Gesicht dieser Machtfülle ist Adidas-Boss Herbert Hainer, der ebenso jovial wie kompromisslos die Position des Konzerns im Weltfußball verteidigt. Auch nächstes Jahr wieder, bei der WM in Brasilien, dem fußballerischen Stammland des Konkurrenten Nike.
07 _ Dan Tan
Die Symbolfigur der globalen Spielmanipulation sitzt seit kurzem in Singapur im Knast, aber gebannt ist die größte Bedrohung des Fußballs nicht. Im Gegenteil! Seither wird immer deutlicher: Die großen Verbrechersyndikate aus Asien, Europa und Amerika sind in das 700-Milliarden-Geschäft mit den Fußballwetten eingestiegen, um es nach ihrer Lust und Laune zu manipulieren.
06 _ Jorge Mendes
Was tun, wenn’s in der Nachtklub- und Videothekenszene nicht so recht klappt? Spielerberater werden! So entschied der Portugiese, als ihn Keeper Nuno 1996 in einer Kneipe fragte, wie man es clever anstellt, den Klub zu wechseln. Jorge Mendes vermittelte den Torwart nach La Coruna und stieg im großen Stil ins Import-Export-Geschäft ein. Mit seinen Klienten ließen sich heute locker zwei Weltteams bestücken: Cristiano Ronaldo, Radamel Falcao, Ricardo Carvalho, Angel di Maria, Pepe, Nani oder Thiago Silva sind nur einige, die Mendes’ Agentur Gestifute berät. Mit José Mourinho hat der Superagent zudem einen Coach im Portfolio, der bei seinen Klubs gern auf Profis aus dem Mendes-Stall zurückgreift. Bei so manchem Transfer ist gar nicht mehr durchschaubar, an welchen Stellen der Ex-Gastronom überall mitverdient. Denn Mendes vertritt sogar Belange von Vereinen wie dem FC Porto, dem er in der vergangenen Dekade durch Ein- und Verkäufe Transfereinnahmen von mehr als einer halben Milliarde Euro einbrachte.
05 _ Scheich Tamim ben Hamad Al Thani
Wir müssen über Geld reden, sehr viel Geld! Der Emir von Katar gebietet nämlich über einen 200 Milliarden Euro schweren Investmentfonds. Damit hat er sich weltweit in Unternehmen eingekauft. Und um das internationale Ansehen seines Landes zu verbessern, gibt Katar viel Geld für Sport aus. Deshalb wurde der heute 33-Jährige schon 2002 jüngstes IOC-Mitglied aller Zeiten. Deshalb gründete er 2005 die Qatar Sport Investments, inzwischen Besitzer von Paris Saint-Germain. Und deshalb spielte der stellvertretende Oberbefehlshaber der katarischen Streitkräfte auch eine Schlüsselrolle bei der WM-Vergabe in sein Land. Wo immer sein Militärflieger landete, wurden Entscheidungen vorbereitet, die Gerüchte darüber sind legendär.
04 _ Karl-Heinz Rummenige
Der furztrockene Ostwestfale hat Macht erst auf dem zweiten Bildungsweg gelernt – dafür formt er sie heute umso stärker aus. Nach der Profikarriere und dem bizarren Ausflug in die Welt der Fußballkommentatoren wirkte Rummenigge im Vorstand des FC Bayern lange wie Prinz Charles im englischen Königshaus: Zum König erkoren, blieb ihm doch nur die Rolle des etwas unbeholfenen Juniorchefs neben Queen Uli. Im Schatten des Urviechs aber gelang ihm die Metamorphose vom blassen Funktionärslehrling zum coolsten Würfler am Monopolytisch der Fußballwelt. Während nun der Steuersünder wortlos auf seinen Prozess wartet, verkündet Vorstandschef Rummenigge mit der ihm eigenen Emotionslosigkeit einen Rekordumsatz für die Saison 2012/13 von über 400 Millionen Euro. Seit dem Gewinn der Champions League herrscht er über den wertvollsten Fußballverein der Welt. Mit 668 Millionen Euro Markenwert haben die Bayern das langjährige Führungsduo, Man United (650 Millionen Euro) und Real Madrid (448 Millionen Euro), auf die Plätze verwiesen. In der DFL versteht er sich als Lokomotive vor dem Bundesligazug. Keine Entscheidung geht mehr ohne den spröden Lippstädter – nicht mal auf europäischer Bühne: Als 2009 die Bosse der 150 wichtigsten Klubs Europas über die Einführung von Financial Fairplay berieten, drohte Rummenigge dem erlesenen Forum, er würde von seinem Amt als Präsident der European Club Association umgehend zurückzutreten, falls das Paket nicht verabschiedet würde. Am Ende kuschten selbst die Vertreter des FC Chelsea und von Man City. Die Klubvereinigung votierte noch am selben Abend einstimmig für die Umsetzung von Financial Fairplay.
03 _ Pep Guardiola
Als Barcelonas Talentsucher Oriol Tort den Klub 1984 erstmals auf einen dürren Nachwuchsspieler aus Santpedor in Zentralkatalonien hinwies, sagte er: „Der läuft wie Charlie Chaplin.“ Für Tort war das allerdings kein Ausschlusskriterium, im Gegenteil: „Das ist gut, um mit der Fußinnenseite zu passen.“ Es war vermutlich das letzte Mal, dass bei Josep Guardiola jemand an einen Komiker dachte. Die Assoziationen waren seitdem andere. Für Italiens Trainerlegende Fabio Capello ist Guardiola „einer der wenigen Intellektuellen, denen ich in einer Umkleidekabine begegnet bin“. Und sein ehemaliger Mannschaftskamerad Ronald Koeman staunte: „Er hatte einen unstillbaren Hunger nach Informationen. Er wollte alles über die holländische Fußballschule, über das Spiel mit einem Kontakt und das Positionsspiel wissen.“ Guardiola ist als Spieler und Trainer ein Schüler des holländischen Fußballs, und Johan Cruyff war und ist sein großer Mentor. Aber spätestens seit seiner Ankunft in München wissen wir, dass sein Denken über Fußball viel zu komplex ist, um nur ein Programm abzuspulen. Guardiola ist kein Hardliner seines eigenen Konzepts, sondern hebt die Idee des Totaalvoetbal stets auf den neuesten Stand. Dass alle Spieler in allen Situation alles können müssen, niemand ist dieser Idee bislang näher gekommen als er. Pep Guardiola definiert damit den Goldstandard des Fußballs, aber nicht als theoretische Vorführung ohne praktische Folgen, sondern belegt durch eine schier unglaubliche Flut von Triumphen. 14 nationale und internationale Titel waren es in nur vier Jahren beim FC Barcelona, zu denen sich, daran scheint kein Weg vorbeizugehen, auch in München noch einige gesellen werden.
02 _ James Murdoch
Das Firmengeflecht, das er regiert, ist so verzweigt, dass selbst Despoten der Weltgeschichte Probleme gehabt hätten, bei dieser Machtfülle weitere Obsessionen zu entwickeln. Als Chief Executive Officer
für Europa und Asien beim Medienkonglomerat „News Corporation“ verantwortet Murdoch neben Zeitungen, TV-Sendern und Filmstudios auch die Erstverwertungsrechte der Premier League, der Bundesliga und der Serie A
in den Austragungsländern. Damit ist der Sohn des Medientycoons Rupert Murdoch der König des Fernsehfußballs. Als Vadderns Nachfolger lenkt er ein Imperium, das Milliardengewinne abwirft. Konkurrenten werden mit Kohle platt gemacht. Beim Bieterverfahren 2012 um die Bundesliga verdoppelte der Sky-Chef mal eben auf 483 Millionen Euro pro Saison. Da konnte selbst die Telekom nicht mithalten. Doch wer zahlt, macht die Regeln. Pay-TV macht Fußball zum Event, das Stadion zur Reklamewand, splittet Spieltage. Und Murdoch hat noch viel vor.
01 _ Vladimir Putin
Natürlich ist Wladimir Putin nicht zur WM-Vergabe gereist. Hätte ja sein können, dass Russland trotz aller Vorkehrungen weder das eine noch das andere Turnier bekommt. Sobald aber die Russen als Ausrichter der Weltmeisterschaft 2018 feststanden, setzte sich ihr Präsident in den Flieger und gab mit FIFA-Chef Sepp Blatter eine Pressekonferenz, in der er der Welt in leuchtenden Farben erzählte, was sie von der WM in seinem Land zu erwarten hätte. Eine Rolle, in der er eine gewisse Routine erworben hat. Niemand sonst mischt den Weltsport derzeit so sehr auf wie der ehemalige Judo-Stadtmeister von St. Petersburg. Putin hat alles bekommen, was er wollte: die Olympischen Winterspiele, die Formel 1, Weltmeisterschaften im Schwimmen und Eishockey – und natürlich die Fußball-WM. Sein Einfluss auf den globalen Fußball ist von beeindruckender Vielfalt. Der von ihm kontrollierte Energieriese Gazprom ist nicht nur als Klubsponsor aktiv, sondern auch enger Partner von UEFA und FIFA, Oligarchen von seiner Gnade gehören Vereine in ganz Europa. Dabei ist Putin fachkompetent und schreckt vor dem Tagesgeschäft nicht zurück. So versprach er die Rettung des sibirischen Erstligisten Tom Tomsk, natürlich öffentlichkeitswirksam auf einer Wahlkampfveranstaltung vor Ort, und riet Schalke-Boss Clemens Tönnies von einem Verkauf Manuel Neuers zum FC Bayern ab. Solche Detailverliebtheit ändert allerdings nichts daran, dass es vor allem um Macht und Geld geht. Putin verfügt über ein großes Netzwerk, es ist ein Geben und Nehmen. Angesprochen auf nötige Investitionen für die WM 2018, sagte der Kreml-Chef, Chelseas Besitzer Roman Abramowitsch könne doch etwas Geld lockermachen. Man darf davon ausgehen, dass das mehr als eine freundliche Anregung war. Nur eines wird auch Wladimir Putin nicht schaffen: Russland zum Fußballweltmeister zu machen. Es sei denn, ein Geistesblitz von ihm würde umgesetzt: Deutschland für Russland und Russland für Deutschland spielen zu lassen. So weit reicht allerdings selbst Putins Einfluss vermutlich nicht.