Borussia Dortmund verliert gegen Bayern München. So weit, so vorhersehbar. Doch diesmal scheiterte der BVB nicht am übermächtigen Gegner, sondern am eigenen Stil. Fünf Beobachtungen in der Analyse.
So furios der BVB begann, so schnell ließ er auch wieder nach. Nach nicht einmal fünfzehn Minuten veränderte der BVB seine Strategie komplett: Die gesamte Mannschaft zog sich im 5−2−3 in die eigene Hälfte zurück. Bayerns Innenverteidiger bekamen keinen Druck mehr.
Die Bayern konnten nun ihr typisches Ballbesitz-Spiel aufziehen. Die Innenverteidiger suchten Joshua Kimmich, der Nationalspieler verteilte die Kugel auf die Außen. Hier suchten die Bayern Eins-gegen-Eins-Duelle. Nach Ballverlusten zogen sich die Bayern sofort zusammen, und sie eroberten die Kugel direkt wieder zurück.
Das lag nicht zuletzt an den Dortmundern. Die Gäste stellten jegliche Konterbemühungen ein; wie ein Kaninchen lauerten sie vor der Schlange. Das 1:2 steht symptomatisch für die fehlende Vorwärtsbewegung: Der BVB erobert den Ball in der eigenen Hälfte. Kein Spieler startet nach vorne. Mohammed Dahoud spielt einen ambitionslosen langen Ball. Die Abwehr rückt nicht heraus. Sofort sind die Bayern wieder am gegnerischen Strafraum. Kein BVB-Verteidiger stellt den ballführenden Spieler. Am Ende verliert Nico Schulz das Eins-gegen-Eins-Duell – und die Bayern gleichen aus, ohne vorher großartigen Fußball zelebriert zu haben. Die tiefe Verteidigung wog den BVB in falsche Sicherheit.
BVB-Interimscoach Edin Terzic versuchte, von außen auf seine Mannschaft einzuwirken. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit beorderte er Emre Can aus der Innenverteidigung ins Mittelfeld. Doch auch im 4−5−1 übten die Dortmunder wenig Druck auf den Gegner aus.
Nach der Pause nahm Terzic seinen Doppeltorschützen Erling Haaland nach einem Foul durch Jerome Boateng aus dem Spiel. „Ein kleiner Schlag, aber das war nicht das Problem“, vielmehr wäre Belastungssteuerung der Grund der Auswechslung gewesen. Der Versuch, Haalands Ersatzmann Steffen Tigges mit langen Bällen zu füttern, ging indes schief.
So zog sich der BVB in der letzten halben Stunde komplett an den eigenen Strafraum zurück. Es wiederholte sich das Muster der ersten Halbzeit. Bayern legte sich den Gegner zurecht und erzielte die entscheidenden Tore.
Es ist nicht die Spielzeit des Ballspielvereins aus Dortmund. Angesichts einer langanhaltenden Krise und einiger Verletztensorgen dürfte kaum ein Dortmunder enttäuscht sein über die 2:4‑Niederlage. Der Sieg des Triple-Sieger schien bereits vor Anpfiff beschlossen.
Das Problem: Der BVB spielte exakt so, als sei nichts anderes gegen die Bayern eingeplant als eine Niederlage. Nach der 2:0‑Führung hatte er alle Trümpfe in der Hand. Die Bayern wackelten, wirkten insbesondere auf der rechten Seite instabil. Doch statt weiter vorne draufzugehen, zog Dortmund sich an den eigenen Strafraum zurück.
Am Ende gab der BVB vier Torschüsse ab, so wenige Schüsse verzeichnete gegen die Bayern nur Schalke in dieser Bundesliga-Saison. Die Bayern wiederum erarbeiteten sich Chancen, die nach Expected Goals zu 2,9 Toren hätten führen dürfen. Das war ihr höchster Wert seit dem 14. Spieltag gegen Mainz, und der fünfthöchste Wert überhaupt in dieser Saison.
Dass der BVB gegen Bayern nicht gewinnt – geschenkt. Dass er sich bei der Niederlage schlechter anstellt und weniger offensiv auftritt als viele andere Bundesligisten, unterstreicht aber: Der BVB ist diese Saison weit davon entfernt, die zweite Kraft in Deutschland sein.