Weil sich der Verein nach Saisonende von seinem Trainer trennen wollte, regiert jetzt das Chaos bei Fortuna Düsseldorf. Über die Hintergründe und den Wandel von Friedhelm Funkel.
Ausgerechnet in den Tagen seiner Entlassung wird Friedhelm Funkel eine Verehrung zuteil, die er zuvor nie kannte. „Drei Sonderseiten zu dem verrückten Hin und Her in Düsseldorf“, titelt der „Express“ am Wochenende aus den Auslagen der Büdchen am Rhein. Am Freitag, dem letzten Tag des Trainingslager der Fortuna, war es zu einem seltsamen Schauspiel gekommen. Gemeinsam hatten sich Vorstandschef Robert Schäfer und Coach Friedhelm Funkel gegen 14 Uhr vor die Presse begeben, um zu erklären, dass der Vertrag des Trainers nicht verlängern werden würde. Schäfer sagte, man sei sich nicht einig geworden. Funkel sagte, er sehe das völlig anders – und brach in Tränen aus.
„Heute mit extra Funkel-Maske zum Ausschneiden“, bewarb der „Express“ also am Sonntag seine Ausgabe. Der Plan: Zum Telekom Cup, den die Fortuna mit drei weiteren Bundesligisten im eigenen Stadion austrug, sollten die Fans mit dem Pappgesicht des Coaches erscheinen und so ihre Solidarität ausdrücken. Dabei hatte sich die Situation seit dem Wochenende grundlegend verändert, und aufgezeigt, dass sich im Verein eine Grundsatzfrage entsponnen hat.
Loyal und durchschnittlich
Die Seile zwischen Schäfer und Funkel sind bei der Fortuna nahezu untrennbar miteinander verbunden. Schließlich hatte Schäfer den Posten des Vorstandschefs 2016 übernommen, als die Fortuna der Drittklassigkeit entgegen taumelte. Seine erste Amtshandlung: Er entließ den glücklosen Marco Kurz und installierte Funkel.
In den knapp 30 Jahren seiner Trainerkarriere hatte Funkel bis dahin zehn unterschiedliche Vereine trainiert. Oftmals Bundesligamittelklasse, wenn überhaupt. Seine größten Erfolge: Nicht-Abstiege und direkte Wiederaufstiege. Ansonsten galt Funkel sowohl als loyal, nie hatte der 65-Jährige ein schlechtes Wort über seine Ex-Arbeitgeber verloren, in der Art, in der spielen ließ, aber oftmals auch als sehr: durchschnittlich.
Alte Zöpfe
„Friedhelm holt aus jeder Mannschaft das Bestmögliche raus“, sagte einst Funkels guter Freund und ehemaliger Boss Heribert Bruchhagen. Auch wenn das Bestmögliche manches Mal nur Durchschnitt sein mag. Und trotzdem hatte Funkel in Düsseldorf Erfolg. Nach dem abgewendeten Abstieg stand Düsseldorf in der darauffolgenden Saison plötzlich ganz oben. „Der Umbruch bei Düsseldorf war unabdingbar“, sagte Funkel schon zur Winterpause in einem Interview mit 11FREUNDE. Von sechs Spielern hatte sich der Verein getrennt, alte Zöpfe abgeschnitten, das Ergebnis war die Meisterschaft am letzten Spieltag.
Nach dem Aufstieg soll sich am Erfolg der Ärger entzündet haben. Während Funkel von den Fans als Aufstiegstrainer gefeiert wurde, geriet Vorstandschef Schäfer immer mehr in den Hintergrund. In den vergangenen Wochen soll es ihm darum gegangen sein, eine tragfähige Zukunftsvision zu erstellen, die Funkel nicht mehr vorsah. Der Verein plante erneut, alte Zöpfe abzuschneiden.
Doch nach der desaströsen Pressekonferenz machte der Klub eine Kehrtwende und propagierte bereits am Samstagmorgen, dass man sich noch einmal zusammensetzen wolle. Schäfer steht als Buhmann dar. Im wahrsten Sinne.
Als sich die Profiabteilung bei der alljährlichen Karnevalssitzung präsentierte – als hätte die aktuelle Situation nicht genug Anlass geboten, um von einem Karnevalsverein zu sprechen – wurde Robert Schäfer lauthals angezählt. Die Regie drehte, so wirkte es, bei seinem Einzug in den Saal absichtlich die Musik etwas lauter. Beim Telekom Cup erschienen zwar nur wenige Fans mit Funkel-Maske, Schäfer suchte auf dem Platz trotzdem demonstrativ den Körperkontakt zum Trainer.
Die Fortuna war überrascht
In einem Interview mit der Rheinischen Post am Montagmorgen verteidigte sich der in Ungnade gefallene: „Ich verstehe den Ärger. Aber ich habe für Fortuna Düsseldorf auch ziemlich viel erreicht. Es ist nicht fair, dass alles jetzt einfach so zur Seite zu schieben.“ Und er sagte auch: „Der Moment hat uns in gewisser Weise überrollt. Wir haben alle gemerkt, dass da etwas aus dem Ruder gelaufen ist.“
Es scheint, als hätte die Fortuna nicht damit gerechnet, dass sich der immertreue Funkel erheben und vor versammelter Runde seine Sicht der Dinge aufzählen würde. „Ach wissen Sie, ich will keinen Streit. Und ich glaube, dass diese Haltung auch ein Grund ist, warum ich fast immer gleich einen Anschlussjob gefunden habe“, hatte Funkel im Interview vor einem Jahr gesagt. Jetzt sagte er, dass er wahrscheinlich keine andere Mannschaft mehr trainieren werde. Nicht mehr trainieren wolle. Und deshalb wohl auch keinen Anschlussjob mehr suchen wird. Ob Funkel den Streit wollte? Er nahm ihn diesmal zumindest auf sich.
Dickköpfe unter sich
Überrollt wurde der Verein anschließend von den Emotionen und der Unterstützung des Trainers durch die Fans, die sich von Gefühlen vielleicht eher leiten lassen als von Visionen. Also ruderte Schäfer, auch nach Druck durch den Aufsichtsrat zurück, und versprach neue Vertragsgespräche. „Der weniger Sture hätte sich auf den anderen zubewegen sollen“, erklärte Schäfer in der „Rheinischen Post“, „Das habe ich nicht gemacht.“
Eine Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nach Saisonende sieht auch anders aus.