Bojan Krkic flog in Barcelona einst gen Himmel – nach jahrelangem Irrflug quer durch Europa ist er in dieser Woche bei Mainz 05 gelandet. Wie konnte es so weit kommen?
Bojans Tricks und Tore fallen just in jene Zeit, in der sich der nur wenig ältere Lionel Messi aufmacht, von La Masia aus die Fußballwelt zu erobern. Der echte Messi ist kaum etabliert, da redet Barcelona schon vom neuen. Verblüffend ähnlich sehen sie sich. Beide keine 1, 70 Meter groß, mit schulterlangen Haaren und der Gewandtheit von Ballettänzern.
Mit Messi und Bojan wird Barca auf Jahre hinaus unschlagbar sein, erzählen sie sich in den Bars rund ums Barrio Gotico. Tatsächlich schlägt Bojan auch bei der ersten Mannschaft ein. Er verbessert Messis Rekordmarken und wird jüngster Spieler der Klubgeschichte und jüngster Torschütze. In seiner Debütsaison 2007/08 kommt er auf zehn Tore in der Primera Division. Nebenbei spielt er noch in der A‑Jugend und der zweiten Mannschaft. Barcelona feiert ihn als den nächsten Coup der hauseigenen Talentschmiede, aber kaum jemand bemerkt dabei, wie es in dem jungen Mann aussieht.
Der Funke zwischen Krkic und Guardiola springt nie über
Einen ersten Hilferuf sendet er direkt nach seiner Premierensaison. Nationaltrainer Luis Aragones nominiert das Supertalent für den Kader zur EM in Österreich und der Schweiz, aber anstatt freudig anzunehmen, sagt Bojan ab. Es sei ein stressiges Jahr gewesen, er müsse sich ausruhen, schließlich gehe er noch zur Schule, lässt er verlauten. In Wirklichkeit ist Bojan die Geschwindigkeit, mit der die Dinge auf ihn einprasseln, zu schnell geworden. Er muss Interviews geben, Firmen wollen mit ihm werben und Berater stehen Schlange. Jahre später erzählt er der Zeitung „El Pais“: „Als jungen Spieler bereiten sie dich darauf vor, physisch in der ersten Mannschaft zu bestehen, aber nicht mental. Niemand kümmert sich um diese Seite des Fußballs.“
Bojans Probleme beginnen gleich im zweiten Jahr – als Pep Guardiola neuer Trainer wird. Zwischen beiden springt der Funke nie über, nach seinem Abschied aus Barcelona wirft Bojan dem Trainer „Gefühlskälte“ vor. Er flieht zur Roma, zu Luis Enrique, den er aus gemeinsamen Barca-Tagen kennt. Als er mal ein paar Spiele draußen bleiben muss, verlangt Bojan Antworten von Enrique. Der hat aber nur ein müdes Lächeln übrig.
Rom verlassen beide nach einem Jahr, Bojan zieht weiter, zum AC Mailand, zurück nach Barcelona, zu Ajax Amsterdam, dann zu Stoke City. Stationen eines Irrlichternden. Nirgends hält er es länger aus, irgendwas stört immer. „El Pais“ sagte er zu seiner Odyssee: „Viel hing auch damit zusammen, dass ich ständig ausgeliehen wurde. Da spielt man automatisch nicht so häufig wie die, die dem Klub gehören. Ich war aber auch nie konstant in meinen Leistungen.“
Die besten Stürmer der Welt vor der Nase
Seine Biografie gleicht in diesem Punkt und ihrem Verlauf der von anderen stürmenden La-Masia-Absolventen. Christian Tello, Isaac Cuenca, Sandro Ramirez, Munir El Haddadi. Sie alle starteten in Barcelona mit großem Zuspruch und großen Ambitionen, wirklich in der ersten Mannschaft durchsetzen können sich aber nur ganz wenige. Was auch daran liegt, dass man sich in Barcelona gerne mit den aktuell besten Stürmern der Welt schmückt (seit 2007 etwa mit Thierry Henry, Zlatan Ibrahimovic, David Villa, Neymar und Luis Suarez), statt darauf zu warten, dass ein Junge wie Bojoan Krkic sich in diese Sphären hochkämpft.
Aus Bojans Jugendteam hat es lediglich Sergio Busquets geschafft, ein defensiver Mittelfeldspieler. Die anderen kamen meist in der Fremde vom Weg ab. Bojan Krkic hofft nun auf das Gegenteil. Weit weg von zu Hause, in Mainz, will er seiner Karriere wieder die richtige Richtung geben.