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Seite 2: „Die Ärzte erzählten, ich hätte einen Pendelhoden“

Eis­ho­ckey war in der DDR nicht gerade span­nend, die Liga bestand nur aus zwei Teams: Dynamo Weiß­wasser und Dynamo Berlin.
(Imi­tiert einen TV-Kom­men­tator.) Voll­kommen über­ra­schend heißt das dies­jäh­rige Playoff-Spiel Weiß­wasser gegen Berlin.“ (Lacht.) Aber mein Vater war recht erfolg­reich, er ist sogar Mit­glied der deut­schen Eis­ho­ckey-Hall-of-Fame. Seine Kar­riere musste er früh­zeitig beenden. Ich sag mal so: aus kader­po­li­ti­schen Gründen. Danach nahm er auch mich aus dem Verein. Ist wohl besser, wenn wir einen anderen Sport für dich suchen“, sagte er.

Und bald einen anderen Verein. Sie wech­selten von Dynamo zu Union Berlin.
Wegen angeb­li­cher West­kon­takte gab es ständig Ärger bei Dynamo. Irgend­wann erzählten Ärzte, dass ich – Ach­tung, jetzt wird’s lustig – einen Pen­del­hoden habe und nicht mehr Fuß­ball spielen kann. War natür­lich totaler Quatsch. Mein Vater mel­dete mich danach bei seinem Lieb­lings­klub an: bei Union.

Dort trafen Sie auf Trainer Hans Meyer. Klingt nach einem humor­vollen Duo.
Meyer ist ein super Typ, mit dem ich heute noch befreundet bin. Man musste sich aber auf seine Art ein­lassen: hart arbeiten und gut kon­tern. Vor meinem Debüt in der ersten Elf, ein Spiel gegen Bischofs­werda, sagte er zu mir: Herr Patsch­inski, ich erwarte zwei Tore von Ihnen.“ Ich meinte: Das geht ja. Hatte schon befürchtet, dass ich drei machen muss.“

Wie sah es damals an der Alten Förs­terei aus?
Kein Dach, ständig Regen, mat­schiger, tiefer Rasen. Auf den Tri­bünen 400 Zuschauer, die ein 0:0 gegen die Ama­teure von Hansa Ros­tock sahen.

Klingt übel.
Übel? Ich mochte das immer lieber als später die ste­rilen Are­n­a­bauten. Früher bin ich sogar manchmal nach Eng­land gefahren, um dort unter­klas­sigen Fuß­ball in abge­rockten Sta­dien zu sehen. Schön old­school.

Ich wusste anfangs nicht mal, wo St. Pauli liegt.“

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Sie haben mal gesagt, dass Ihr Herz heute für Union Berlin, Ein­tracht Trier und den Kreis­klasse-Verein SG Süd­stern Senzig schlägt. Ein Scherz?
Kei­nes­wegs. Meine Eltern haben einen Garten in Senzig, süd­lich von Berlin. In meiner Kind­heit habe ich dort oft Spiele von Süd­stern gesehen. Geiler Name schon!

Warum taucht der FC St. Pauli nicht in der Liste auf?
Ich habe mit dem Verein in drei Jahren viel erlebt: Auf­stieg, Abstieg, zweite Liga, Bun­des­liga. Der 2:1‑Sieg gegen die Bayern, das Welt­po­kal­sie­ger­be­sie­ger­spiel. Eine tolle Zeit. Aber irgendwas ist in meinem dritten Jahr kaputt­ge­gangen. Mit Franz Gerber (Zwi­schen 2002 und 2004 Trainer und Sport­di­rektor beim FC St. Pauli, d. Red.) bin ich nicht warm­ge­worden. Ich wäre gerne zu Ros­tock gewech­selt, es gab ein Angebot. Aber St. Pauli wollte unbe­dingt eine Mil­lion Euro Ablöse haben. Die hätte selbst ich nicht gezahlt für mich.

Wie wirkte St. Pauli am Anfang auf Sie?
Auf­re­gend und anders. Die über­füllte Holz­tri­büne, die Punks, die ihre Hunde mit­brachten. Auf dem Spiel­feld hast du das süße Mari­huana gero­chen. Ein Mit­spieler erklärte mir: Musst dir nicht die Nase zuhalten. Am Mill­erntor darf unser Wert bei der Doping­probe ein biss­chen höher sein als in anderen Sta­dien.“ Da dachte ich: Was für’n geiler Verein!“ Dabei wusste ich anfangs nicht mal, wo St. Pauli liegt.