Er war Weltpokalsiegerbesieger, Pokerspieler, Bestatter, Postbote und Küchenhilfe. Heute hat er Geburtstag. Nico Patschinski über Marihuana auf St. Pauli, ein fehlendes Tor in Trier und sein abwechslungsreiches Berufsleben.
Eishockey war in der DDR nicht gerade spannend, die Liga bestand nur aus zwei Teams: Dynamo Weißwasser und Dynamo Berlin.
(Imitiert einen TV-Kommentator.) „Vollkommen überraschend heißt das diesjährige Playoff-Spiel Weißwasser gegen Berlin.“ (Lacht.) Aber mein Vater war recht erfolgreich, er ist sogar Mitglied der deutschen Eishockey-Hall-of-Fame. Seine Karriere musste er frühzeitig beenden. Ich sag mal so: aus kaderpolitischen Gründen. Danach nahm er auch mich aus dem Verein. „Ist wohl besser, wenn wir einen anderen Sport für dich suchen“, sagte er.
Und bald einen anderen Verein. Sie wechselten von Dynamo zu Union Berlin.
Wegen angeblicher Westkontakte gab es ständig Ärger bei Dynamo. Irgendwann erzählten Ärzte, dass ich – Achtung, jetzt wird’s lustig – einen Pendelhoden habe und nicht mehr Fußball spielen kann. War natürlich totaler Quatsch. Mein Vater meldete mich danach bei seinem Lieblingsklub an: bei Union.
Dort trafen Sie auf Trainer Hans Meyer. Klingt nach einem humorvollen Duo.
Meyer ist ein super Typ, mit dem ich heute noch befreundet bin. Man musste sich aber auf seine Art einlassen: hart arbeiten und gut kontern. Vor meinem Debüt in der ersten Elf, ein Spiel gegen Bischofswerda, sagte er zu mir: „Herr Patschinski, ich erwarte zwei Tore von Ihnen.“ Ich meinte: „Das geht ja. Hatte schon befürchtet, dass ich drei machen muss.“
Wie sah es damals an der Alten Försterei aus?
Kein Dach, ständig Regen, matschiger, tiefer Rasen. Auf den Tribünen 400 Zuschauer, die ein 0:0 gegen die Amateure von Hansa Rostock sahen.
Klingt übel.
Übel? Ich mochte das immer lieber als später die sterilen Arenabauten. Früher bin ich sogar manchmal nach England gefahren, um dort unterklassigen Fußball in abgerockten Stadien zu sehen. Schön oldschool.
„Ich wusste anfangs nicht mal, wo St. Pauli liegt.“
Sie haben mal gesagt, dass Ihr Herz heute für Union Berlin, Eintracht Trier und den Kreisklasse-Verein SG Südstern Senzig schlägt. Ein Scherz?
Keineswegs. Meine Eltern haben einen Garten in Senzig, südlich von Berlin. In meiner Kindheit habe ich dort oft Spiele von Südstern gesehen. Geiler Name schon!
Warum taucht der FC St. Pauli nicht in der Liste auf?
Ich habe mit dem Verein in drei Jahren viel erlebt: Aufstieg, Abstieg, zweite Liga, Bundesliga. Der 2:1‑Sieg gegen die Bayern, das Weltpokalsiegerbesiegerspiel. Eine tolle Zeit. Aber irgendwas ist in meinem dritten Jahr kaputtgegangen. Mit Franz Gerber (Zwischen 2002 und 2004 Trainer und Sportdirektor beim FC St. Pauli, d. Red.) bin ich nicht warmgeworden. Ich wäre gerne zu Rostock gewechselt, es gab ein Angebot. Aber St. Pauli wollte unbedingt eine Million Euro Ablöse haben. Die hätte selbst ich nicht gezahlt für mich.
Wie wirkte St. Pauli am Anfang auf Sie?
Aufregend und anders. Die überfüllte Holztribüne, die Punks, die ihre Hunde mitbrachten. Auf dem Spielfeld hast du das süße Marihuana gerochen. Ein Mitspieler erklärte mir: „Musst dir nicht die Nase zuhalten. Am Millerntor darf unser Wert bei der Dopingprobe ein bisschen höher sein als in anderen Stadien.“ Da dachte ich: „Was für’n geiler Verein!“ Dabei wusste ich anfangs nicht mal, wo St. Pauli liegt.