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Das hat man sich als Fan doch schon immer gewünscht: Ganz nah dran zu sein, wenn die Profis auf dem Rasen dem Ball hin­ter­her­jagen. Man will den Atem der Stars keu­chen, die Kno­chen kna­cken, den Ball schnalzen und das Tor­netz flat­schen hören. Man will mit­ten­drin sein. Schwit­zend. Atemlos. Nur ein ein­ziges Mal. Doch wäh­rend die Heroen in Shorts auf dem Rasen durch den Regen rennen, grät­schen und fliegen, ist der gemeine Fan gefangen in der Wohl­fühl­welt moderner Fuß­ball­sta­dien. Das Dach lässt den erleb­nis­su­chenden Zuschauer öde im Tro­ckenen sitzen, die gepols­terte Sitz­schale zieht den Besu­cher-Po an wie ein Frisch­fleisch­ma­gnet und das Frisch­ge­zapfte, das vom Neben­mann im Vier­tel­stun­den­takt ange­lie­fert wird, macht dösig und träge. Kurzum: Fuß­ball schauen ist der Kino­be­such von heute. Nie war der Fan weiter weg von seinen Idolen.

In Liver­pool geht man nun neue Wege, damit Fans das Erlebnis Pro­fi­fuß­ball noch inten­siver erleben können. Anstatt Mil­lio­nen­bud­gets in wir­kungs­lose Hoch­glanz­kam­pa­gnen zu pumpen, greift man an der Anfield Road zu ein­fa­cheren Mit­teln. So sorgte am Wochen­ende etwa ein defekter Rasen­sprenger dafür, dass ein kom­pletter Fan­block der Reds in der Halb­zeit­pause so richtig schön nass wurde. Wacht end­lich auf“, schien der Green­keeper den trägen Zuschauern mit dieser Aktion zurufen zu wollen. Schließ­lich trot­teten auch die Profis auf dem Rasen mit trie­fenden Tri­kots über den Rasen.

Wir ahnen es: Was wie ein Unfall aussah, war natür­lich nur Teil eine großen Geheim­kam­pagne, die die Pre­mier League zukünftig wieder in die Königs­klasse des Fan­seins kata­pul­tieren soll. Jahr­zehn­te­lang galt die Fan­kultur von der Insel als das Non­plus­ultra in Europa. Sup­port aus Liver­pool, London, New­castle und Man­chester, das hieß lange: laute Gesänge, spon­taner Humor, 90 Minuten Vollgas. Doch mit Einzug des Geldes wurde es ruhiger in Eng­lands Sta­dien. Manche sagen: Es wurde toten­still. Wir warten daher bereits auf die nächsten Gue­rilla-Aktionen von Ver­einen und Ver­bänden, die den Rängen bri­ti­scher Sta­dien etwas mehr Leben ein­hau­chen könnten. Wir prä­sen­tieren inspi­rie­rende Ideen, die auch hier­zu­lande Schule machen sollten:

1. Rudel­bil­dung auf den Rängen
Der Verein heuert für kom­mende Heim­spiele ein paar maro­die­rende Rocker­banden an, die sich mit spe­ckigen Kutten und reich­lich Ket­ten­fett auf der Haut unter die Zuschauer mischen. Ihre Auf­gabe: Wäh­rend des Spiels über­tragen sie sämt­liche Fouls im Spiel eins zu eins auf die Ränge. Da werden Ell­bo­gen­checks an den Neben­mann ver­teilt, miese Grät­schen auf Knie­keh­len­höhe ange­setzt und Kopf­nüsse ange­deutet. Rudel­bil­dung garan­tiert. So wird das Spiel im Hand­um­drehen zum vier­di­men­sio­nalen Erlebnis, eine Art Voll­kon­takt-Unter­hal­tungs­kino. Sicher ein ein­ma­liges Erlebnis für jeden Fan. Wir sehen jetzt schon die leuch­tenden Augen der Anhänger, die sich mit blu­tiger Nase auf den Heimweg machen und ihren Frauen, Kin­dern und Eltern die Fas­zi­na­tion Fuß­ball erklären.

2. Kabi­nen­pre­digt
Von wegen schnell noch mal aufs Klo, Wurst und Bier holen und der Freundin eine heuch­le­ri­sche SMS schreiben („Ver­miss Dich, Mau­si­hase“), bevor man mit den Kol­legen in der Halb­zeit­pause frei erfun­dene Sauf­ge­schichten aus­tauscht. Nach dem Halb­zeit­pfiff ruft zukünftig ein zustän­diger Ord­nungs­hüter die ganze Kurve zur Kabi­nen­pre­digt zusammen. Was folgt sind klare Ansagen („Warum hast Du in der 14. Minute nicht mit­ge­klatscht, Marc?“ / Wir müssen viel enger stehen. Teil­weise kommen noch Leute durch die Durch­gänge. Da sind die Abstände viel zu groß.“ / Wer in der zweiten Hälfte nicht alles gibt, fegt Montag die Tri­büne.“) Kur­zer­hand wird der erdige Capo aus­ge­wech­selt und durch einen hoff­nungs­vollen Streber vom städ­ti­schen Internat ersetzt. Tja, liebe Fans, will­kommen in der Leis­tungs­ge­sell­schaft.

3. Immer in Bewe­gung
Ver­gesst Stufen! Die Kurve wird fortan mit einer über­di­men­sio­nalen Roll­treppe aus­ge­stattet. Immer in Bewe­gung bleiben“, heißt jetzt die Devise auf den Rängen. Denn wenn der hoch­be­zahlte Kicker da unten seine 14 Kilo­meter pro Spiel run­ter­reißt, kann auch der Fan seinen Teil zur Gesamt­ki­lo­me­ter­leis­tung bei­tragen. Schöner Neben­ef­fekt: Das oft unan­sehn­liche Bild von Fans mit Wasch­bär­bauch und Hüh­ner­brust wird bald Geschichte sein. Die Kurve besteht fortan aus ker­nigen Mara­thon­läu­fern, die sich auf­grund ihrer drah­tigen Ober­körper vor Ange­boten welt­weit ope­rie­render Model­agen­turen nicht mehr retten können. End­lich gewinnt der Fuß­ball an Attrak­ti­vität!

4. Flying Head­butts
Warum zieht er denn den Kopf weg?“ Wie oft hat man diese Frage schon im Block gehört, wenn ein ver­ängs­tigter Jung­profi hastig sein Haupt aus der Flug­bahn eines brett­harten Voll­spann­schusses zieht und so schlimms­ten­falls auch noch ein Tor ver­schuldet. Um dem Fan dieses kurze Gefühl der Panik näher zu bringen, werden zukünftig per Flan­ken­ma­schine wahllos und ohne Vor­ankün­di­gung Bälle mit über 120 km/​h aus allen Win­keln des Sta­dions auf die Ränge geschossen. Diese kol­lek­tive Nah­tod­erfah­rung erdet den mot­zenden Zuschau­ermob sicher ein wenig und sorgt für Kon­zen­tra­tion auf das Wesent­liche: den Konsum im Fan­ar­tikel-Shop!

5. Mixed Zone
Sie sind der Lacher auf jeder Steh­party: die ver­un­glückten Bon­mots von Fuß­ball­profis, die nach Spie­lende adre­na­lin­ge­schwän­gert in der Mixed Zone hoch­kom­plexe Fragen („Wie fühlen sie sich?“ / Wie viel Angst macht Ihnen das Atom­pro­gramm des Iran?“) beant­worten müssen. Also werden ab sofort auch die Fans unmit­telbar nach Abpfiff befragt, die Inter­views direkt live über den Äther geschickt. Nur so merkt der Zuschauer, wie schwer es tat­säch­lich ist, Sub­jekt, Prä­dikat und Objekt in die rich­tige Rei­hen­folge zu bringen, wäh­rend man in die leeren Augen eines namen­losen Fieldre­por­ters blickt. Doch damit nicht genug: Im Anschluss an den Medi­en­ma­ra­thon geht es natür­lich zur Doping­probe. Bei Ver­stoß gegen die Auf­lagen droht Sta­di­on­verbot von bis zu 25 Jahren. Pech gehabt!