Nach über 40 Jahren im Profifußball beendet Rudi Völler nun auch seine Funktionärs-Karriere. Ein tiefer Tiefpunkt! Wir weinen traurig in unsere angeklebten Oberlippenbärte und stoßen mit drei Weizenbier an. Auf einen der ganz, ganz Großen des deutschen Fußballs.
Alle einsteigen, wir zünden gleich den Turbo – und rasen durch über 40 Jahre Profifußball mit Rudolf „Rudi“ Völler. Ready?
Oder sollen wir doch lieber das Rad nehmen?
Wie auch immer. Am 13.04.1960 kommt Rudi Völler in Hanau zur Welt. Seine Mutter arbeitet als Näherin und Putzfrau, sein Vater ist Dreher. Die Locken-Mob-Frisur vom Junior? Nur folgerichtig. Hier sieht man ihn Ende der Siebiziger auf einem Mannschaftsfoto der Kickers Offenbach. Nicht alle Spieler schafften es so souverän aufs Bild wie er.
Mit Offenbach spielt er in der 2. Bundesliga Süd, in 78 Spielen trifft er 21-mal. Trotzdem lernt er nebenher Bürokaufmann – sicher ist sicher. 1980 wechselt er für 700.000 Mark zu 1860 in die Bundesliga.
Dort wird er – auch dank harter Arbeit – immer besser. Trotzdem steigt 1860 in die 2. Liga ab, ein erster tiefer Tiefpunkt. Doch es ist nicht alles schlecht. In der 2. Liga gelingen Völler in der Saison 81/82 sagenhafte 37 Tore. Danach wird er als einziger Zweitligaspieler in den vorläufigen Kader für die WM berufen.
Wo hört der Dackel auf, wo fängt der Völler an?
Beziehungsweise: Wo hört der Töpperwien auf, wo fängt der Völler an?
Weil 1860 wegen finanzieller Probleme in die Bayernliga zwangsabsteigt, zieht es Völler endgültig hinaus in die große, weite Fußballwelt. Also fast. Er wechselt zu Werder. Von seinem ersten Gehalt kauft er sich? Logisch: alle erhältlichen Spiderman-Comics. Das muss gefeiert werden!
Bei Werder trifft er nicht nur auf Trainer Otto Rehhagel, sondern auch auf andere Kapitäne wie Dietmar Jakobs…
… auf einen schlecht gelaunten Karlheinz Förster…
…auf einen extrem schlecht gelaunten Karlheinz Förster …
… und auf einen gut gelaunten Karlheinz Förster.
Gleich in seiner ersten Werder-Saison wird er Torschützenkönig, insgesamt kommt er auf 119 Treffer in 174 Spielen für Bremen. Bloß: Meister wird Völler nie.
Nebenher etabliert er sich ohne Anpassungsprobleme in der coolsten Fußball-Nationalmannschaft Deutschlands.
Sein erstes Turnier ist die ingesamt enttäuschend verlaufende EM 1984. Dort tritt ihm gleich im ersten Spiel irgendein portugiesischer Fiesling volle Möhre auf den Fuß! Völler rächt sich mit zwei Toren im Spiel gegen Rumänien – doch nach einer Niederlage gegen Spanien ist am Ende der Vorrunde trotzdem Schluss. Ein tieferer Tiefpunkt?
Ach, es geht schon. Wesentlich besser läuft es auf jeden Fall zwei Jahre später bei der WM in Mexiko. Völler trifft, …
…, Völler provoziert auf allerhöchstem Niveau, …
…, Völler trifft im Halbfinale gegen Frankreich, …
…, Völler erzielt im WM-Finale kurz vor Schluss das 2:2. Doch nur wenige Minuten später trifft Argentinien nochmal – und Völler steht mal wieder mit leeren Händen da.
Aber muss man deswegen denn immer stinkig sein? Natürlich nicht!
1987 wechselt Völler zur AS Rom. Und schuftet. Nach leichten Startproblemen wird er auch in Italien zum Publikumsliebling, in knapp 200 Spielen trifft er 68-mal.
Hat jemals ein Mensch überzeugender für Barilla geworben?
EM 1988 in Deutschland: Völler trifft in der Vorrunde gegen Spanien doppelt. Doch im Halbfinale gegen Holland ist der Traum aus, Deutschland scheidet aus. Ob es je für den großen Wurf reichen wird?
Vielleicht ja in Italien. Hier stimmen sich die Nationalspieler gemeinsam auf die WM 1990 ein.
Tatsache: Das Turnier läuft super. Also für Liebhaber von gefährlicher Körperverletzung und kolumbianischen Jahrhundert-Frisuren.
Im Achtelfinale kommt es wie 1988 im Halbfinale zum Hass-Duell mit Holland. Und zur vielleicht berühmtesten Szene Völlers Karriere. Nach einem Zweikampf spuckt Frank Rijkaard ihm in die Locken – obwohl diese das nun wirklich nicht verdient haben. Beide fliegen vom Platz.
Nach seiner Sperre ist Völler aber auf den Punkt wieder fit und holt im Finale gegen Argentinien den entscheidenden Elfmeter raus. Deutschland wird Weltmeister.
Kurios: Rudi Völler ist damit die weltweit erste Tante, die Weltmeister im Herrenfußball wird! Glückwunsch.
So können nur Männer posieren, die die Spitze erklommen haben. Völler im Sommer 1992, nach seinem Wechsel zu Olympique Marseille.
Plötzlich läuft es bei ihm. Gleich im ersten Jahr gewinnt er mit OM die zum ersten Mal überhaupt stattfindende Champions League.
Die WM 1994 dagegen geht wie das EM-Finale 1992 in die Hose. Bei seinem letzten großen Turnier scheidet Völler mit der eigentlich doch unschlagbaren deutschen Mannschaft völlig überraschend im Viertelfinale gegen Bulgarien aus.
Es ist sein letztes Länderspiel. Damit endet auch die Ära Klinsmann/Völler.
Dehnen, so wichtig!
Mitte der Neunziger kehrt Völler nach Deutschland zurück, mit Leverkusen spielt er zum Ende der Karriere noch zwei Jahre in der Bundesliga. In seinem letzten Profieinsatz überhaupt gelingt der Nichtabstieg. Doch statt zu feiern, muss er seinen Kumpel Andreas Brehme live im Studio trösten.
Nach der Karriere wechselt Völler nahtlos in die Chefetage von Bayer 04. Und an den größten Schreibtisch der Welt.
Doch weil der eigentlich für den Job vorgesehene Christoph Daum beim Koksen erwischt wird, übernimmt Völler kurz nach der Jahrtausendwende die Nationalmannschaft als Teamchef. Und wird 2002 sensationell Vize-Weltmeister. Mit Spielern wie Didi Hamann, Jens Jeremies, Thomas Linke und Carsten Ramelow. Danach kennt der Völler-Hype logischerweise keine Grenzen mehr.
Doch auch der Teamchef kann den allgemeinen Niedergang des deutschen Fußballs nicht stoppen. Eine frustrierende Erfahrung. Ein noch tieferer Tiefpunkt.
2004 scheidet Deutschland bei der EM hochverdient in der Vorrunde aus. Völler tritt zurück und heuert wieder in Leverkusen an.
Wo er an diesem Samstag ein letztes Mal als Geschäftsführer Sport die Strippen zieht.
Widmen wir uns zum Abschluss den schönen Dingen des Lebens, zum Beispiel den Völler-Grimassen. Wie dieser hier.
Oder der hier.
Oder der hier.
Oder dieser da.
Oder dieser! Was wir damit eigentlich sagen wollen: Alles Gute, lieber Rudi Völler. Und egal, was andere uns weismachen wollen, wir wissen genau: Es gibt Sie nur ein einziges Mal!