Während sich das ganze Land fragt, ob Manuel Neuer nach seiner langen Verletzungspause gleich wieder ganz der Alte sein wird, hat sich das Trainerteam längst auf ihn festgelegt. Denn: Auch 2014 reiste Neuer angeschlagen zur WM.
Kurz bevor es losging, rieb Manuel Neuer noch einmal seine behandschuhten Handinnenflächen gegeneinander. So wie man das macht, wenn man von einer gewissen Vorfreude übermannt wird. Vermutlich war das auch so, als der Torhüter der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach einem kurzen Plausch mit dem Bundestrainer seinen Platz einnahm – den Platz zwischen den Pfosten.
Es war am Montagabend um kurz nach sechs, als für Neuer nach seinem Mittelfußbruch eine mehr als achtmonatige Wartezeit zu Ende ging. Mitte September hatte er für seinen Verein, den FC Bayern München, zuletzt ein Fußballspiel bestritten. Am Montag feierte er auf dem Hauptplatz der Sportzone Rungg in Eppan eine Art Comeback.
„Er hat einen sehr fitten Eindruck gemacht“
Zur Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Russland bestritt die A‑Nationalmannschaft einen internen Test gegen die U20 des DFB. Gespielt wurde nicht nach den offiziellen Regeln des Weltverbands FIFA, sondern nach den Vorgaben von Bundestrainer Joachim Löw. Das Spiel dauerte 60 Minuten, und nach der Hälfte der Zeit tauschte Löw einmal seine komplette Besetzung aus. Das war der Zeitpunkt, als Manuel Neuer ins Spiel kam. Zurück ins Spiel.
„Manuel braucht diese Spiele“, sagt Andreas Köpke, der Bundestorwarttrainer. „Sie helfen ihm, um seine Sicherheit wiederzubekommen.“ Deshalb wird er auch heute, in diesen Minutenm, ein weiteres Mal für eine Halbzeit gegen die U20 zum Einsatz kommen. Natürlich waren die Nachwuchsspieler am Montag nur bedingt in der Lage, die A‑Nationalmannschaft und deren Torhüter zu fordern. „Das kam jetzt nicht so oft vor“, berichtete Marco Richter vom FC Augsburg. „Aber angelaufen sind wir ihn ab und zu. Er hat einen sehr fitten Eindruck gemacht.“
In diesen Testspielen geht es weniger darum, dass Neuer richtig fliegt und Bälle hält – das hat er auch nach der langen Pause noch intus. Es geht um das Gefühl für Raum und Zeit, das gerade für seine offensive Interpretation des Torwartspiels wichtig ist.
„Ich habe keine Bedenken“
Das Gegentor beim 7:1‑Erfolg gegen die U20 kassierte nicht Neuer, sondern sein Stellvertreter Marc- André ter Stegen. Dessen Qualität ist unbestritten. Trotzdem ist in den vergangenen Wochen durch die Endlos-Diskussion um Neuer der Eindruck entstanden, dass der 26 Jahre alte Torhüter vom FC Barcelona nur als Platzhalter fungiert. Genau das aber dürfe nicht passieren, sagt Köpke.
Er und der Bundestrainer haben deshalb mit ter Stegen noch einmal explizit über die Konstellation gesprochen. „Er weiß auch, dass es eine besondere Situation ist. Er kann da ganz gut mit umgehen“, sagt Köpke. „Wir hätten absolut überhaupt keine Bedenken, mit Marc als Nummer eins in die WM zu gehen. Er hat sich seit dem Confed-Cup super entwickelt und beim FC Barcelona eine fantastische Saison gespielt. Das macht die Sache natürlich nicht einfacher.“
Aber es ist nun mal so, dass Köpke im Trainingslager in Südtirol einen durch und durch positiven Eindruck von Manuel Neuer gewonnen hat. „Ich habe keine Bedenken“, sagt der Bundestorwarttrainer. „Dass es keine einfache Situation ist, das war uns von vornherein bewusst, aber ich habe im Moment ein sehr gutes Gefühl.“ Weil Neuer schon zuvor bei den Bayern zwei Wochen lang ganz normal und mit voller Belastung trainiert hatte, konnte er in Eppan vom ersten Tag an das normale Programm absolvieren – ohne jede Einschränkung. Vor dem Trainingslager ist er in Bozen noch einmal eingehend untersucht worden. „Der Fuß ist vollkommen ausgeheilt“, berichtet Köpke.