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Was für eine Fuß­ball-Demons­tra­tion! Das Olym­pia­sta­dion leuchte Rot-Gelb, die Zuschau­er­schaft sang Viva España!, Cam­peones! und A por ellos!, auf sie! Kiew bot einen ange­mes­senen Rahmen für den neuen Euro­pa­meister, der schon der alte war und zwi­schen­durch auch Welt­meister. Spa­niens Natio­nalelf siegte im EM-Finale mit zuvor kaum erwar­teter Sou­ve­rä­nität und durch Tore von David Silva, Jordi Alba, Fer­nando Torres und Juan Mata 4:0 (2:0) über Ita­lien.

Ich bin stolz auf meine Spieler. Die ganze Mann­schaft hat gut zusam­men­ge­halten. Wir hatten viel Ball­be­sitz, das ist unser Spiel, das haben wir bis zur Per­fek­tion gebracht, sagte Spa­niens Trainer Vicente del Bosque über sein Team.

Zahlen für die His­torie

Es war der höchste Sieg in der Geschichte aller EM- und WM-Finals, eine Demü­ti­gung für den stolzen Besieger der deut­schen Mann­schaft und die Begrün­dung einer Dynastie, wie sie im Fuß­ball ihres­glei­chen sucht. Drei Final­siege in vier Jahren spre­chen für die Domi­nanz dieser kata­la­nisch-kas­ti­li­schen Sel­eccion, die in der Vor­runde schwä­chelte und dann im wich­tigsten Spiel des Tur­niers ihre beste Leis­tung zeigte.

Spa­nien spielte über weite Stre­cken fast so furios auf wie 2008 in Öster­reich und der Schweiz. Wer will es nach der Macht­de­mons­tra­tion von Kiew noch wagen, den spa­ni­schen Stil als lang­wellig zu kri­ti­sieren? Wenn die Kon­kur­renz nicht mit­halten kann mit den Cam­peones, so ist das nicht deren Pro­blem.

Erdrü­ckende Domi­nanz und: Xavi

Gera­dezu sym­bo­lisch war es Xavi Her­nandez, Spa­niens im Halb­fi­nale gegen Por­tugal noch so ent­täu­schender Zere­mo­nien­meister, der in den ent­schei­denden Momenten den Fuß im Spiel hatte. Der Xavi vom Sonntag war der wahre Xavi, wie auch die Spa­nier diesmal die wahren Spa­nier waren. Nahezu unge­stört zogen sie ihr Spiel auf, und es geschah, was irgend­wann immer bei der erdrü­ckenden Domi­nanz dieser Mann­schaft geschieht. Es fiel ein Tor, diesmal sogar ein sehr frühes. Wieder nahm die Kom­bi­na­tion ihren Anfang bei Xavi, doch den ent­schei­denden Pass in die Tiefe spielte sein bei diesem Tur­nier über­ra­gender Adju­tant Andres Iniesta, per­fekt in den Lauf von Cesc Fab­regas. Der Ita­liener Giorgio Chiel­lini rückte ihm denkbar nah auf den Leib, doch Fab­regas hob den Ball in die Mitte, vorbei am aus seinem Tor stür­zenden Gian­luigi Buffon direkt auf den Kopf von David Silva. Der kleine Dribbler von Man­chester City kommt nicht allzu oft in den Genuss eines Kopf­ball­tores, aber in diesem Fall machte er vor dem län­geren Andrea Bar­zagli mit Geschick und Technik alle kör­per­li­chen Nach­teile wett.

Auf der Tri­büne applau­dierten Carles Puyol und David Villa, die beiden Ver­letzten vom FC Bar­ce­lona, Innen­ver­tei­diger der eine und Stürmer der andere. Beide hätten sie dem spa­ni­schen Spiel noch mehr Tiefe und, wich­tiger noch, Tor­ge­fähr­lich­keit ver­liehen. Gegen Ita­lien durfte sich nach dem miss­ra­tenen Halb­final-Expe­ri­ment mit Alvaro Negredo wieder der Mit­tel­feld­spieler Fab­regas als ein­ziger Angreifer ver­su­chen. Das ist kei­nes­wegs optimal, aber mit seiner Vor­ar­beit zum 1:0 hatte der Bar­ce­lo­nese seine Schul­dig­keit schon getan.

Die Ita­liener taten ihr Mög­lichstes, aber sie hatten ihren emo­tio­nalen Höhe­punkt schon drei Tage zuvor beim 2:1 über Deutsch­land erlebt. Solche Kraft­akte lassen sich auf höchstem Niveau nicht beliebig wie­der­holen. Es liegt den Ita­lie­nern auch nicht, mit Phan­tasie und Physis ein Spiel nach einem Rück­stand zu drehen. Dafür sind sie in vor­derster Linie ein­fach nicht gut genug besetzt. Der eine Stürmer, Antonio Cassano, blieb wie wäh­rend des gesamten Tur­niers weit­ge­hend blass. Und der andere, Mario Balotelli, erfuhr nach seinen zwei Toren im Halb­fi­nale auf schmerz­hafte Weise, dass Sergio Ramos in der Innen­ver­tei­di­gung ein anderes Kaliber ist als Holger Bad­s­tuber. Ita­liens Trainer Cesare Pran­delli zollte seiner Mann­schaft trotz der hohen Nie­der­lage Respekt: Wir waren zwar immer mit Leib und Seele dabei, aber wir haben nicht mit­halten können. Wir haben trotzdem Fan­tas­ti­sches geleistet. Wir werden weiter wachsen. Kapitän Gian­luigi Buffon pflich­tete ihm bei: Wir haben unser Bestes gegeben. Manchmal muss man auch hin­nehmen, dass es eine Mann­schaft gibt, die besser ist. Spa­niens Spieler haben mehr Erfah­rung bei so wich­tigen Spielen.

Spa­ni­sches Schau­laufen

Das Spiel war schnell, es war intensiv und auch nach dem 1:0 erst einmal nicht von so ein­sei­tiger Domi­nanz, wie spa­ni­sche Spiele für gewöhn­lich ver­laufen. Und doch war es denkbar früh ent­schieden, näm­lich schon kurz vor Ende der ersten Halb­zeit. Erneut fand alles seinen Anfang bei Xavi, und dieses Mal glänzte er als direkter Vor­la­gen­geber. Sein Pass fand Jordi Alba, der sich in der kom­menden Saison unter Xavis Regie in Bar­ce­lona ver­su­chen wird. Der Ver­tei­diger lief noch ein paar Meter und schon den Ball vorbei an Buffon zum 2:0 ins Tor. Es war ein fan­tas­ti­sches Tur­nier, so wie wir es erwartet hatten. Wir sind sehr glück­lich, sagte der Tor­schütze nach dem Spiel.

Das war, natür­lich, die Ent­schei­dung. Ita­liens Trainer Cesare Pran­delli brachte Antonio die Natale für den ent­täu­schenden Cassano, und kurz darauf auch noch Thiago Motta für Ricardo Mon­to­livo. Nur vier Minuten später hum­pelte der aber mit einer Mus­kel­ver­let­zung wieder vom Platz, Ita­lien musste das Spiel in Unter­zahl beenden. Der Rest war fast zwangs­läufig spa­ni­sches Schau­laufen mit ita­lie­ni­scher Betei­li­gung, kein wirk­li­cher Wett­kampf mehr, aber was störte das die Fans im rot-gelben Olym­pia­sta­dion, deren Glück nach späten Toren der ein­ge­wech­selten Torres und Mata unwirk­liche Dimen­sionen annahm.
Viva, España, und wie!