Wenn Aston Villa spielt, ziehen hunderte Bewohner des südghanaischen Juaben singend durch die Straßen. Wie konnte es soweit kommen?
Die meisten Informationen über den sportlichen Werdegang des Aston Villa Football Club wurden damals noch in Form von Zeitungsausschnitten oder (fern)mündlich nach Afrika überliefert und trafen manchmal erst mit mehrtägiger Verspätung in Juaben ein. Dort vermischten sich die Berichte mit allerlei Gerüchten und Mythen: „Mein Großvater erzählte den Menschen hier immer viele Geschichten und auch Dinge aus der Historie von Aston Villa. In den 1980er- und 1990er-Jahren berichtete er ihnen, dass es in England einen Fußballgott namens Paul McGrath gab.“
Der dunkelhäutige irische Nationalspieler, der von 1989 bis 1996 bei Villa unter Vertrag stand und 1993 zu Englands „Fußballer des Jahres“ gekürt wurde, erfuhr in Juaben eine fast schon kultische Verehrung. Wenngleich McGrath selbst kaum etwas davon gewusst haben dürfte. Später rückten andere Profis wie der deutsche England-Legionär Thomas Hitzlsperger alias „Hitz the Hammer“ an seine Stelle. Oder Stilijan Petrov, Emile Heskey und Gabriel Agbonlahor.
Die Idole der Menschen in Juaben wechselten und irgendwann auch die Ligazugehörigkeit von Aston Villa: Zwischen 2016 und 2019 verbrachte der siebenmalige englische Meister und siebenmalige FA-Cupsieger drei quälend lange Jahre in der Zweitklassigkeit. Doch die Leidenschaft in der afrikanischen Diaspora blieb und wurde nur noch stärker: „Wenn Aston Villa heutzutage um 14 Uhr spielt, treffen wir uns hier schon um 5 Uhr am Morgen und joggen laut singend durch die Straßen, fast alle in Villa-Trikots“, schwärmt Owusu Boakye Amando. Und das ist nicht einmal übertrieben.
Als Aston Villa Ende der vergangenen Saison mit Ach und Krach den Klassenerhalt schaffte, jubilierte ganz Juaben auf der Straße – selbst die örtlichen United- und Liverpool-Fans feierten bis tief in die Nacht hinein: „Jeder, wirklich jeder in der Stadt war richtig, richtig happy“, erinnert sich Amando, der sein Gesicht damals mit Puder weiß färbte: „Das symbolisiert bei uns: Sieg! Es war absolut herrlich, einer der schönsten Tage in unserem Leben.“
Für die zweite Premier-League-Saison nach Aston Villas Wiederaufstieg befürchtet Amando keinen nervenzerreißenden Abstiegskampf mehr: „Wir werden voraussichtlich auf Platz sieben oder acht landen“, sagt er im Brustton der Überzeugung – und schielt bereits auf noch höhere Ziele: „Wir verdienen es einfach mal wieder, international zu spielen. So wie 1982, als wir ganz Europa erobert haben.“