Mindestens eine Halbzeit lang war Borussia Dortmund die stärkere Mannschaft von Wembley. Warum es dann noch nicht reichte? Schwer zu sagen. Zumindest lest ihr hier die Einzelkritik.
Roman Weidenfeller
Man nehme einen Turm in der Schlacht, einen Felsen in der Brandung, verkleide ihn mit Torwarttrikot, Schmalzfrisur und Sonnenbankgesicht – und Roman Weidenfeller ist gebaut. Im Finale bestätigte der BVB-Schlussmann seine außergewöhnliche Form in der Champions League und parierte zur Not auch mit dem Unterkiefer. Gegen die Tore von Mandzukic und Robben war er dann machtlos. Wie ein Felsen in der Brandung, der vom Tsunami überrascht wird.
Lukasz Piszczek
Eine Stunde lang war das, was der Pole mit seinem Landsmann Kuba auf der rechten Dortmunder Außenbahn leistete, war schlichtweg überragend. Kein anderes Duo hat in dieser Saison dem Doppel Alaba/Ribery so sehr den Schneid abgekauft, wie die beiden Polen. Und trotzdem spielte Piszczek in diesem Finale am Ende eine tragische Rolle: Beim entscheidenden Zweikampf gegen Arjen Robben grätschte der Rechtsverteidiger ins Leere.
Neven Subotic
Wenn in 100 Jahren unsere Nachfahren davon überzeugt werden müssen, warum man im Jahr 2013 auch als Innenverteidiger einen Heidenspaß haben konnte, werden sie vielleicht die Grätsche des Serben gegen Arjen Robben präsentieren. Das war fast so schön wie ein Volleyschuss in den Winkel, wie der Dortmunder den Pass von Thomas Müller im letzten Moment aus der Gefahrenzone grätschte. Half am Ende zwar auch nicht weiter, war aber das Tüpfelchen auf dem i einer ganz starken Vorstellung von Subotic.
Mats Hummels
„Ist Mats Hummels derzeit der beste Innenverteidiger der Welt?“, wurde „Sky“-Experte Christoph Metzelder (auch er ja ein gelernter Innenverteidiger) vor dem Spiel gefragt. „Ja“, antwortete Metzelder. „Nein“, glauben wir. Wer sich diesen Titel aufs Briefpapier schreiben möchte, hätte in diesem Finale der absolute Ruhepol seiner Mannschaft sein müssen. Das war Hummels nur teilweise. Zu viele verlorene Zweikämpfe, zu viele Fehlpässe, zu viel unergiebige Vorstöße – Mats Hummels wird in seiner Karriere bestimmt noch bessere Endspiele bestreiten.
Marcel Schmelzer
Ein eher unauffälliges Spiel von Marcel Schmelzer, der mit seinem Widerpart Arjen Robben deutlich mehr Probleme hatte, als Lukasz Piszczek auf der anderen Seite mit Franck Ribery. Immer wieder offenbarte der Linksverteidiger seine Schwächen im Stellungsspiel, immer wieder fragen wir uns allerdings, wie zum Teufel man auch 90 Minuten lang erfolgreich gegen einen Fußballer wie Arjen Robben verteidigen soll.
Sven Bender
90 Minuten Vollgas, echte Gefühle – Sven Bender machte im Finale wieder einmal sein Fleißbüchlein in Rekordzeit voll. Keiner ackert hingebungsvoller beim BVB als der schmale Bender, keiner wird am Ende des Tages mehr blaue Flecken verteilt und mehr blaue Flecken kassiert haben. Was Bender noch fehlt, um in so einem Spiel die entscheidende Rolle zu übernehmen: drei oder vier herausragende Pässe in die Spitze. Aber: der Mann ist erst 24 Jahre alt, sprechen wir uns doch noch mal in sechs Jahren wieder.
Ilkay Gündogan
Der Mann pisst Eiswürfel. Während seinem Gegenüber Bastian Schweinsteiger – jedenfalls nach Meinung des Autors dieses Artikels – die Nerven flatterten wie lange Haare im Fahrtwind, spielte Gündogan seinen Stiefel so unbeeindruckt runter, als sei das hier nicht das größte Spiel seiner Karriere, sondern ein Vorbereitungsspiel auf Norderney. Klar, dass er sich nach 68 Minuten auch den Ball schnappte und souverän den fälligen Elfmeter verwandelte.
Jakub Blaszczykowski
Der Mann sieht nicht nur aus wie „Wolverine“, er spiet auch so: Aggressiv, bissig, immer brandgefährlich. Gemeinsam mit seinem bereits erwähnten Landsmann hielt Kuba seine rechte Seite zeitweise unter Kontrolle wie ein Diktator. Vielleicht hätte man sich von ihm noch die ein oder andere erfolgreiche offensive Aktion gewünscht, aber der Gegner war ja nun mal nicht irgendwer.
Marco Reus
An diese Frisur werden wir uns im Leben nicht gewöhnen, an die Art und Weise wie Marco Reus Fußball spielt allerdings schon. Etwas allein gelassen wirkte Reus ohne seinen kongenialen Partner Mario Götze, dafür reichte das kreative Potenzial von Ersatzmann Kevin Großkreutz einfach nicht aus. Und trotzdem hatte Reus seine Aktionen, sogar seine Chancen. Es reichte in diesem Spiel nicht. Vielleicht lag es doch an der Frisur.
Kevin Großkreutz
Durch den Ausfall von Mario Götze in die Startelf gerückt, machte Kevin Großkreutz genau das, was ihm sein Trainer als Auftrag mit auf den Weg gegeben hatte: Malochen wie einst die Dortmunder Kumpel unter Tage und dabei das vor allem zu Beginn unglaublich aggressive Pressing der Dortmunder anführen. Fazit: Wenn wir mal in den Krieg ziehen müssen, dann nur mit dem Kevin an unserer Seite.
Robert Lewandowski
Früher hatten Stürmer immer noch einen Kollegen, der ihnen dabei half, des Gegners Abwehr zu knacken. Heute reicht ein Robert Lewandowski, um die zu Recht ein Jahr lang gefeierte Bayern-Defensive beinahe zum Einstürzen zu bringen. Aber eben nur beinahe: Lewandowski blieb trotz einiger Chancen ohne Tor in seinem vielleicht letzten Spiel für Borussia Dortmund.