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Yaya Touré, Sie gehören der Gol­denen Gene­ra­tion“ des ivo­ri­schen Fuß­balls an, die ihr Land 2006 erst­mals zu einer WM brachte und in Bra­si­lien zum dritten Mal dabei ist. Warum sind grö­ßere Erfolge bis­lang aus­ge­blieben?
Das ist die Frage, auf die jeder in der Elfen­bein­küste eine Ant­wort sucht. Ein frü­herer Coach von mir hat mal gesagt: Um große Titel zu gewinnen, gehört ein biss­chen mehr dazu, als elf gute Spieler zu haben, näm­lich Cha­rakter, Glück und das gewisse Etwas, mit dem man sich von den anderen abhebt.“ Ange­sichts unserer Qua­lität ist auch mir unbe­greif­lich, warum wir weder bei Afrika- noch bei Welt­meis­ter­schaften einen Titel gewonnen haben. Es kommen selten so viele Top­spieler in einer Natio­nal­mann­schaft zusammen, die alle bei Top­ver­einen spielen: Didier Drogba, Salomon Kalou, Wil­fried Bony, Ger­vinho, Didier Zokora oder Arouna Koné. Wir sind uns einig, dass wir end­lich unser volles Poten­tial abrufen müssen, und zwar mög­lichst bald, denn für einige von uns ist die WM eine der letzten Chancen auf einen Titel.

Wird die WM Ihr letztes großes Tur­nier sein?
Ich habe immer gesagt, dass ich auf­hören werde, sobald ich einen großen Titel gewonnen habe, aber viel­leicht habe ich der Mann­schaft damit Pech gebracht. Ich möchte zum rich­tigen Zeit­punkt zurück­treten, damit mein Name in Ehren gehalten wird. Ande­rer­seits hatte ich auch schon erwogen, aus der Natio­nal­mann­schaft zurück­zu­treten, um meinem
Klub wegen der Afri­ka­meis­ter­schaften zu einem wich­tigen Zeit­punkt der Saison nicht zu fehlen. Aber dann haben wir beim Afrika-Cup zwei End­spiele ver­loren, und so wollte ich mich nicht ver­ab­schieden. Jetzt warte ich mal ab, was bei der WM pas­siert.

Wäh­rend der ivo­ri­sche Fuß­ball inter­na­tional hohes Ansehen genießt, ist die poli­ti­sche Lage im Land ange­spannt, es herr­schen bür­ger­kriegs­ähn­liche Zustände, Wahlen werden von Aus­schrei­tungen über­schattet. Welche Aus­wir­kungen hat das auf die Mann­schaft?
Der Fuß­ball spielt im Leben der Ivorer eine große Rolle, und des­halb raten wir den Leuten: Freut euch über unseren Fuß­ball und denkt nicht an den Krieg.“ Unser wich­tigstes Anliegen war immer, die Men­schen der Elfen­bein­küste glück­lich zu machen. Denn das Leben im Krieg war für alle schwierig, und im Land herrschten schlimme Zustände. In so einer Situa­tion ist es umso wich­tiger, dass die Leute auf etwas stolz sein können. Manchmal habe ich den Ein­druck, dass der Fuß­ball die ein­zige Mög­lich­keit ist, den Leuten über­haupt ein wenig Freude zu bereiten. Das macht einen zwar stolz, bedeutet aber großen Druck. Auch des­wegen tat es uns so leid, dass wir bei großen Tur­nieren nicht unsere besten Leis­tungen gezeigt haben.

Sie und Ihr Bruder Kolo stammen aus dem Norden des Landes, der von der Gewalt der letzten Jahre am stärksten betroffen ist. Was bedeu­tete das für Sie?
Meine Familie musste eine Menge durch­ma­chen, denn in unserem Hei­matort Bouaké gab es einige der hef­tigsten Kämpfe. Zum Glück hat sich die Lage inzwi­schen beru­higt und wir können etwas opti­mis­ti­scher in die Zukunft schauen.

Als Sie Ende letzten Jahres in Moskau beim Spiel von Man­chester City gegen ZSKA ras­sis­tisch beschimpft wurden, regten Sie wegen der wie­der­holten Zwi­schen­fälle in Russ­land, dem Gast­ge­ber­land des über­nächsten Tur­niers, einen Boy­kott der afri­ka­ni­schen Länder bei der WM 2018 an. Wie sehen Sie das inzwi­schen?
Was geschehen ist, hat mir weh getan, denn ich möchte nicht belei­digt werden. Die WM in Russ­land bereitet mir Sorgen, denn das Ver­halten der Fans dort ist gene­rell nicht gut. Kurz nach meinem Erlebnis las ich über wei­tere Vor­fälle bei einem anderen Spiel, bei dem schwarze Spieler mit Gegen­ständen beworfen wurden. So darf es nicht wei­ter­gehen! Was die Sache noch schlimmer machte, war das Ver­halten von ZSKA. Wie konnten sie behaupten, das alles sei gar nicht pas­siert? Ich hoffe, dass die Platz­sperre für den Klub nun Wir­kung zeigt. Denn Ras­sismus in der Cham­pions League oder bei einer WM sorgt auf der ganzen Welt für Schlag­zeilen, und wollen wir das wirk­lich?
Viele Men­schen in Afrika sind ver­är­gert und haben mich gebeten, etwas zu unter­nehmen. Die Andro­hung eines Boy­kotts war eine Reak­tion darauf. Ich wurde auch ras­sis­tisch belei­digt, als ich in der Ukraine spielte oder in Bar­ce­lona, denn Ras­sismus ist auch in Spa­nien ein Pro­blem. Der rus­si­sche Ver­band hat inzwi­schen ver­spro­chen, etwas zu unter­nehmen, denn noch ist Zeit, den Leuten klar­zu­ma­chen, dass ras­sis­ti­sche Über­griffe nicht hin­ge­nommen werden. Ich hoffe und glaube, dass die Russen das Pro­blem in den Griff kriegen. Aber wir werden im Auge behalten, wie sie sich dazu ver­halten. Das ist wichtig, denn Leute aus der ganzen Welt werden zur WM anreisen. Russ­land muss auch die Gäste aus Afrika und Asien mit Respekt behan­deln und das Pro­blem lösen.