Anekdoten zu Tuchel, Prioritäten im Hause Lineker und Neues aus Entenhausen: Unser Newsletter „11FREUNDE am Morgen“.
ist unser neuer Newsletter. Pünktlich um 7 Uhr morgens versorgt euch Chefredakteur Philipp Köster an jedem Werktag mit den wichtigsten Nachrichten des Fußballtages. Hier könnt ihr abonnieren.
Auf dem Gipfel. Drei Wochen vor dem Champions-League-Finale wurde ich vom „Stern“ gebeten, ein Portrait von Thomas Tuchel zu schreiben. Und weil der Coach natürlich nicht allzu viel Zeit für lange Kamingespräche hatte, wühlte ich auch in den Erinnerungen. Zu allererst fiel mir unsere tollkühne Verkleidungsaktion zu Mainzer Zeiten ein. Wir hatten Tuchel gefragt, ob er sich nicht mal für uns als John McEnroe verkleiden wolle, um so seinen Jähzorn auf die Schippe zu nehmen. Solche Anfragen werden gestellt, um umgehend eine Absage zu kassieren. Nicht so im Falle Tuchels. Der lief tatsächlich ein paar Tage später für unseren Fotografen mit Langhaarperücke, Stirnband und weißen Klamotten über einen Mainzer Tennisplatz. Was gut illustriert, dass Tuchel schon damals weitaus mehr über sich selber lachen konnte, als es das öffentliche Klischee vermuten ließ. Mindestens eben so gut in Erinnerung war mir sein Gastspiel bei einem unserer Saisonrückblicke. Da erzählte er unter anderem, wie er die Mainzer Mannschaft auf ein Spiel gegen den 1. FC Köln vorbereitete, indem er die Kölner mit den Hauptdarstellern aus dem Film „Hilfe, die Körperfresser kommen“ verglich. Ich dachte schon damals, dass der als Taktiknerd verschriene Tuchel offenbar ein ziemlich guter Pädagoge ist. In den Jahren seither ist vieles dazugekommen, an Finesse, Können und Souveränität, sonst hätte er am Samstagabend nicht im Endspiel in Porto über Guardiolas Manchester City triumphiert. Was aber immer schon da war, war seine schier unstillbare Begeisterung für den Fußball – und zugleich die selbstironische Spiegelung des eigenen Wahnsinns. Das ist oft übersehen worden, wenn er wieder mal als verbissener, humorloser Disziplinfanatiker beschrieben wurde. Und so stand es dann auch als Vorspann unter dem Stern-Porträt: „Es ist Zeit, das Bild zu korrigieren, das wir vom Trainer Thomas Tuchel haben!“
„Ich muss jetzt Dinge tun, die ich mir selber versprochen habe. Beispielsweise mit meinen Söhnen Leicester durch Europa zu folgen. Wann werde ich schon jemals wieder die Gelegenheit dazu haben?“
Der FC Venedig ist zurück in der Serie A. 19 Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Als der FC Venedig 2002 aus der ersten italienischen Liga abstieg, war das der Beginn einer fast zwei Jahrzehnte dauernden Irrfahrt durch die Ligen. Zwischendurch kickte der Club sogar nur viertklassig, ging dreimal Bankrott und schien den Anschluss an den modernen Fußball verloren zu haben. Nun jubelt die Lagunenstadt über die Rückkehr und freut sich auf die Duelle gegen die großen Clubs aus Turin, Mailand und Neapel. Aber wie so häufig mischt sich in all die Freude ein bisschen Wehmut, nämlich durch den baldigen Verlust des wunderbar atmosphärischen Stadio Pierluigi Penzo, dem zweitältesten, noch existierenden Stadion Italiens. Weil es nur 7400 Sitzplätze hat, entsteht gerade etwas außerhalb der Stadt ein schicker Neubau mit integrierter Shopping Mall und Vier-Sterne-Hotel. Bis zur Fertigstellung lohnt sich der Besuch des alten Areals, das natürlich vorwiegend nur übers Wasser zu erreichen ist.
Aber bitte mit Schorsch Sahne. Fußball war ja schon des Öfteren Thema bei den Ducks. Unvergesslich etwa das „Lustige Taschenbuch“ zur WM 1982 in Spanien mit der Geschichte des Franz Dribbelbauer, der durch Elektroden, die ihm sein größenwahnsinniger Bruder eingepflanzt hat, zum Superstar wird. Der Plot der Fußballstory, die im aktuellen Micky-Maus-Heft zu finden ist, wirkt ein wenig spröder. Der Superstar Schorsch Sahne zickt rum und muss von Tick, Trick und Track, den Jung-Redakteuren der Zeitschrift „18 Freunde“, zur Raison gebracht werden. Spoiler: klappt. Aber die Einstiegsszene ist wirklich nah an unserem Alltag. Seien es die Klagen über die Leser („Die letzte Ausgabe hat sich mies verkauft – nur acht von 20 Exemplaren“) oder die Hoffnung, durch ein schonungslos einfühlsames Interview mit Manuel Neuer die Leser an die Kioske zu locken („Wir brauchen eine Sensation für die nächste Ausgabe“).
Nur ein Gruppenbild von vier Müttern? Nein, viel mehr als das – nämlich ein Zeichen, dass es zumindest im US-amerikanischen Fußball voran geht mit der Vereinbarkeit von Profifußball und Mutterschaft. Vor allem beim Frauenfußballklub Orlando Pride, der vier Mütter im Kader hat und sich viele Gedanken über die Unterstützung der Spielerinnen gemacht hat. „Jede Elternschaft ist unterschiedlich“, sagte Managerin Emma Nunan zu „Orlando Sentinel“. Ein großes Problem sei etwa der fehlende Schlaf im ersten Jahr. In Orlando können deshalb Mütter nach durchwachten Nächten ausschlafen und das Training später nachholen. Mindestens ebenso wichtig: die Spielerinnen können ihre Kinder mit zu den Auswärtsspielen bringen, wo sich Babysitter während der Spiele um sie kümmern. Ein Vorbild auch für den deutschen Profifußball.
Nächste Runde! Wir suchen einen Übungsleiter aus dem Profifußball, der in den letzten Jahren in „Deutschlands total durchgedrehter Partyhauptstadt“ (Johannes Degenhardt) gearbeitet hat. In einer Megacity, die niemals schläft. Und bei einem Klub, dessen Stadion nicht zufällig von den auswärtigen Teams als brodelnder Hexenkessel gefürchtet ist. Lösungen wie immer an philipp@11freunde.de. Die Gewinner der letzten Woche wurden bereits benachrichtigt. Zu ergattern gab es übrigens zweimal das 11Freunde-Jubiläumsbuch, und um keinen Neid zu schüren, veröffentlichen wir die Namen Ingo Krüger (Elmshorn) und Konrad Pahlke (Hamburg) hier nicht. PS: Am Freitag suchten wir natürlich den Held von Sevilla, Helmuth Duckadam. Zu dem schrieb Quiz-Teilnehmer Florian Launus: „Ein Freund von mir, Historiker und Osteuropa-Kenner, hat eine schöne Anekdote: Die Steaua-Fans im armen kommunistischen Rumänien sollen mit würdevoller Selbstironie skandiert haben: „Wir haben kein Brot, wir haben keine Wurst, aber wir haben Duckadam!“ Wenn das keine Stadionpoesie ist!
Selten so gelacht. Als wir unseren schottischen Kollegen Harry Pearson baten, für unsere EM-Sonderausgabe über die überschaubaren schottischen Erfolge bei Europameisterschaften zu schreiben, konnten wir nicht ahnen, dass Pearson einen der humorvollsten Texte der 11Freunde-Geschichte verfassen würde. Mit liebevollem Zynismus erzählt Pearson von betrunkenen Auswahlspielern, einem molligen Nationaltrainer „mit dem Charme eines pensionierten Sparkassenleiters, der sich gerade einen Aufsitzrasenmäher gekauft hat“ und Gummimessern in den Highlands. Das solltet ihr nicht verpassen. Das Heft gibt´s hier zu kaufen.
Wer ist wer? Auch egal. Zwei rote Mannschaften feiern kurz vorm Blauwerden, wahlweise den Ligaverbleib oder den Aufstieg. Der 1. FC Köln trotzte den apokalyptischen Prognosen und gewann locker und lässig gegen eine entkräftet wirkende Truppe von Holstein Kiel, derweil Ingolstadt sein letztjährig erworbenes Relegationstrauma überwand. Denn diesmal warf sich kein Michael Wiesinger im viel zu engen Hemd in eine Nürnberger Jubeltraube, sondern verlor Ingolstadt ausreichend knapp in Osnabrück, um die Rückkehr zu sichern. Glückwunsch an beide Teams.
Jetzt ist endlich Sommerpause. Jedenfalls für die, die kein Interesse an Länderfußball haben. Alle anderen folgen seit Tagen schon gespannt den Wasserstandsmeldungen aus Seefeld in Tirol, wo sich die deutsche Nationalelf auf die EM vorbereitet. Bislang ist es dort ja leider allzu ruhig, was schon daran zu erkennen ist, dass Spiegel-Kollege Peter Ahrens abends mehrere Vintage-Folgen des ARD-Tatorts („Mord auf Langeoog“) wegzieht, anstatt mit anderen Korrespondenten an der Hotelbar die letzten Gerüchte aus dem Quartier durchzuhecheln. Keine Eskapaden, keine amourösen Abenteuer, kein rausgemobbter Kapitän wie 2010 – aber das kann ja noch kommen.
Einen guten Wochenstart wünscht euch