Bei der Mitgliederversammlung von Eintracht Frankfurt prallen Befürworter und Gegner des neuen Nachwuchsleiters Andreas Möller heftig aufeinander. Doch der Konflikt zeigt auch, wie ausgeprägt das Demokratieverständnis bei der Eintracht ist.
Entsprechend kernig fiel die Replik des Anhangs aus. Ein Sprecher der aktive Fanszene verkündete Möller Anwesenheit sein „ein Schlag ins Gesicht“ für die Fans: „Er hat die Eintracht-Familie mehrfach verraten.“ Es waren markige Worte aus beiden Lagern und doch drängte sich der Eindruck auf, die Versammlung habe ihren ureigenen Zweck in dieser höchst sensiblen Frage erfüllt: Menschen, die sich in Unfrieden gegenüber stehen, zusammen und ins Gespräch zu bringen.
Schließlich geht es in dieser moralischen Diskussion vor allem um die Frage: Was ist gerecht? Nach dem Grundgesetz verjährt bis auf Mord jede Straftat irgendwann. Im Profifußball aber kann eine vorsätzliche Unwahrheit – das beweist der Fall Möller – eine lebenslängliche Buße nach sich ziehen. Die wirklich schwerwiegenden Vergehen des Andreas Möller liegen mehr als ein Vierteljahrhundert zurück. Peter Fischer hat daran erinnert, dass jeder Mensch das Recht auf einen neuen Anfang hat. Die Chance verdient, zu beweisen, dass er sich ändern kann.
Stellen wir uns vor, Andy Möller hätte die Zeit seit er das letzte Mal der Eintracht Treue heuchelte, im Gefängnis verbracht. Wer würde ihm nicht glauben, dass er in der Überzeugung vor die Knasttür tritt, von nun an ein rechtschaffenes Leben zu führen? Dass viele Fans Zweifel daran haben, ist nur verständlich und nachvollziehbar. Dass aber die Entscheider sich dieses Konflikts und damit der Gefahren eines Rückfalls bewusst sind und sie dennoch aus Überzeugung für die Personalie eintreten, verdient ebenfalls Respekt.
Denn unzweifelhaft ist: Möllers Leistungen als Nachwuchschef werden wie unter dem Brennglas analysiert. Bleiben die erhofften Erfolge aus, wird sich die Kritik nicht allein auf ihn kaprizieren, sondern auch auf die, die für seine Anstellung verantwortlich zeichnen. Dass beide Lager nun nochmals unmissverständlich ihre Positionen deutlich gemacht haben, beweist, wie ausgeprägt das Demokratieverständnis bei Eintracht Frankfurt ist. Dass hier Meinungsvielfalt auch im direkten Dialog – so kontrovers dieser sein mag – gelebt wird.
Peter Fischer sagt: „Wir grenzen niemanden aus.“ Ein pathetischer Satz, aber gerade in heutigen Zeiten ein hehres Anliegen. Und dass der Präsident sich mit diesen Worten ausgerechnet an Andreas Möller richtet, zeugt zu allererst von großer Toleranz und Menschlichkeit.