Die Angst vor dem Terror könnte den Fußball verändern. An diesem Spieltag, vor allem aber auf lange Sicht.
Es geht jetzt auch um Psychologie. „Die Menschen haben jetzt diese Bilder aus Paris im Kopf“, sagt Helmut Spahn, Verantwortlicher für die Sicherheit bei der WM 2006 in Deutschland. „Die Gefühlswelt ist eine andere, obwohl die Bedrohungslage in Deutschland nicht wesentlich anders ist als vor zwei Wochen.“ Das erhöhte Polizeiaufgebot sei auch eine Botschaft, um das Sicherheitsgefühl zu steigern, dürfe jedoch auf Dauer nicht übertrieben werden. „Die Mentalität ist eine andere als etwa in England, wo die Menschen es gewöhnt sind, dass Soldaten Sportveranstaltungen sichern.“ Hierzulande könnte der Anblick zu vieler Uniformierter zusätzlich verunsichern.
Dabei könnte es aber nicht bleiben. Der Aufsichtsratschef von Schalke 04, Clemens Tönnies, forderte via „Bild“ Körperscanner am Einlass, „am besten zwei pro Eingang“. Wolfgang Holzhäuser, ehemaliger Geschäftsführer von Bayer Leverkusen, unterstützt diesen Vorschlag. Bisher ein Horrorszenario für die meisten Fans. Und nun?
„Die Kontrollen sind leider oftmals mangelhaft“
Wenn man sich durch die Internet-Foren der 18 Bundesligisten liest, dann bekunden viele Fans ihre Absicht, ins Stadion zu gehen, einige ohne Angst, andere mit mulmigem Gefühl, andere wollen diesmal wegbleiben. Doch wird auch eine neue Sehnsucht nach Sicherheit spürbar: Im Forum von Eintracht Frankfurt nennt User „Brosch“ die Kontrollen an Spieltagen „leider oftmals mangelhaft. So lustlos wie man zum Teil abgetastet wird, hätte man sich das auch sparen können“. Bei Schalke 04 fordert User „Blauhai“ sogar: „Erster Schritt: personalisierte Eintrittkarten, von mir aus auch mit Fingerabdruck, wem das nicht passt, soll mit dem Arsch zu Hause bleiben.“ Einzelmeinungen, sicherlich, aber auch neue Töne unter Fans, die sich in der Vergangenheit gegen mehr Kontrolle gewehrt hatten. Etwa bei den „12:12“-Protesten vor zwei Jahren, als bundesweit zwölf Minuten in allen Stadien geschwiegen und die Fankultur symbolisch zu Grabe getragen wurde. Inzwischen ist die Bedrohung eine ganz andere.
„Ich hätte gar nichts gegen personalisierte Tickets, wenn es nur der Terrorabwehr diente“, sagt Sig Zelt, Sprecher der Fanvereinigung ProFans. „Aber so ein Mittel würde, wenn es einmal da ist, für alles Mögliche genutzt.“ Die Hoffnung vieler Fans: Wenn es nun zwei, drei Spieltage keine Vorfälle gäbe, werde die Debatte abkühlen und die Forderung drastischer Maßnahmen verstummen. Es herrscht die Sorge, Polizei, Innenministerien und Klubs könnten die Angst missbrauchen, um unliebsame, lange geplante Maßnahmen durchzudrücken. Auch Fan-Anwalt René Lau warnt vor Aktionismus: „Sonst müssten die Fans das in einem Jahr, wenn vielleicht niemand mehr über Terror spricht, ausbaden.“ Lau glaubt auch, dass Anhänger von Pyrotechnik weiterhin Argumente haben. „In der Pyro-Debatte ging es ja nie um Böller, die lehnen alle ab.“ Neben Komplizen und Trittbrettfahrern der Paris-Attentäter und nicht ernst gemeinten Drohungen ist eine Massenpanik nach einem Knall die größte Gefahr derzeit im Stadion.