Heute trifft Manchester United auf den FC Liverpool – das nächste Kapitel einer der hitzigsten Rivalitäten des englischen Fußballs. Unter anderem wegen: Steven Gerrard, Luis Suarez, Patrice Evra, Sir Alex Ferguson, Eric Cantona, und, und, und…
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Schäbige Gesänge sind zwischen den Fanlagern beider Klubs übrigens Usus. Nicht selten geht es dabei grabestief unter die Gürtellinie, wenn etwa die Hillsborough-Opfer bzw. die Opfer des Munich Air Desaster verspottet werden. Weit vorne im Niveau-Limbo ist auch der Gesang „zu Ehren“ Harold Shipmans. Shipman, wenig schmeichelhaft aber durchaus treffend „Dr. Death“ bespitznamt, war ein englischer Arzt, der zwischen 1970 und 1998 an die 250 Menschen tötete. Dass er dies im Großraum Manchester tat, gereichte den Liverpool-Anhängern in der Vergangenheit zum ein oder anderen „There’s only one Harold Shipman“-Chant.
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Auch unschön: Als sich Uniteds Alan Smith 2006 im Spiel gegen Liverpool das Bein brach, verhöhnte ihn der legendäre Kop mit Geräuschen einer Rettungssirene. Und weil das alleine noch nicht schäbig genug war, wurde schließlich auch noch der Krankenwagen, der Smith in die Klinik bringen wollte, vor dem Stadion attackiert. Das alles quasi als Sahnehäubchen auf einem ohnehin schon schaurig aufgeheiztem Spiel, in dem Münzen, Essensreste und – na klar – Exkremente von den Rängen flogen. Wenigstens Gary Neville ließ sich die Laune nicht verderben und witzelte später im Interview: „Ich habe mit Beschimpfungen gerechnet. Aber ich habe auch einen Hamburger bekommen, und 4,50 Pfund Kleingeld.“ Als Folge dieses Spiels herrscht übrigens seither Alkoholverbot bei Spielen der beiden Klubs.
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Was eine richtige Klubikone sein will, muss natürlich auch in Spielen gegen den Erzrivalen stets klare Kante zeigen. Vorhang auf also für Steven Gerrard. Liverpools Legende sah nicht nur die schnellste Rote Karte seiner Karriere gegen Manchester, nach nur 38 Sekunden, er gab auch in einen TV-Interview Aufschluss über seine Abneigung. Die Rivalität, so Gerrard, sei ganz einfach von Vater Gerrard an den kleinen Stevie weitergegeben worden: „Ein Freund hatte ein Trikot von Uniteds Kapitän Bryan Robson und als wir kickten, fragte ich ihn, ob ich es auch mal tragen könne. Mein Vater sah mich darin und rastete völlig aus. Er wollte nicht, dass ich den Namen Gerrard auf diese Weise durch den Dreck ziehe. Ich dachte wirklich, ich müsse ausziehen.“ Gerrard hat im Laufe seiner Karriere zahllose Trikots getauscht, ein United-Jersey ist nicht darunter. Der Hass funktioniert aber natürlich auch andersherum: Uniteds Ex-Spieler Gary Neville ließ sich einst sogar derart in einem Interview über Liverpool aus („Ich kann Liverpool nicht leiden, ich kann Leute aus Liverpool nicht leiden, ich kann überhaupt nichts leiden, was mit Liverpool zu tun hat“), dass sein Vater, die Cricketlegende mit dem schönen Namen Neville Neville, der im Interview neben ihm stand, kurzerhand das Mikrofon des Journalisten ausschaltete. Der Legende nach sagte Gary Neville darauf ganz verzweifelt: „Aber versteh doch, Papa. Ich hasse sie wirklich.“
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Tiefpunkt der Rivalität zwischen Spielern der beiden Klubs dürfte der Vorfall zwischen Luis Suarez und Patrice Evra 2011 sein. Nach einem Derby 2011 erhob Evra schwere Anschuldigungen: Suarez habe ihn mehrmals als „Negro“ beleidigt und unter anderem gesagt, er habe ihn getreten, weil er schwarz sei. Suarez bestritt die Anschuldigungen, wurde jedoch für acht Spiele gesperrt. Beim nächsten Aufeinandertreffen der beiden verweigerte Suarez Evra dann den Handschlag, Evra hingegen feierte den 2:1‑Sieg Uniteds auffällig euphorisch in Suarez Nähe. Schön auch, wie das United-Fanzine „Red Issue“ vor dem Spiel auf die Kontroverse reagierte: Dem Magazin lag ein Poster bei, das Suarez im Ku-Klux-Klan-Outfit zeigte, darunter der Schriftzug: „Suarez ist unschuldig“. Die Polizei konfiszierte tausende Ausgaben des Magazins.
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Kleines Schmankerl zum Abschluss: Zehn Minuten Derby-Hass, Tretereien, Grätschen, Ellbogenschläge, Rudelbildungen und was sonst noch so das Herz des Derbyliebhabers höherschlagen lässt. Aber bitte Helm aufsetzen und anschnallen, sonst springt Rio Ferdinand aus dem Player und senst euch um.