Eigentlich wollte Kevin-Prince Boateng seine Karriere in der Nähe seiner Familie ausklingen lassen. Nun wechselt er zum FC Barcelona. Der verdiente Höhepunkt einer Karriere voller Aufs und Abs.
Doch ein paar Jahre später hat’s der Bad Boy wieder einmal verbockt. Zusammen mit Sidney Sam wird er bei Schalke als Sündenbock für eine verkorkste Saison suspendiert. Dementsprechend skeptisch reagiert die Öffentlichkeit, als Eintracht Frankfurt im Sommer 2017 die Verpflichtung von Kevin-Prince Boateng bekanntgibt. Doch Boateng will es noch einmal wissen. Will allen und vor allem auch sich selbst zeigen, dass er es auch in Deutschland schaffen kann: „Die Stimmen, die mich in schlechtem Licht sehen wollen, werden erst verstummen, wenn ich sie mit Erfolgen überzeuge.“
Der Plan geht auf. Mit starken Leistungen und als enger Vertrauter von Trainer Niko Kovac führt er Eintrachts Multi-Kulti-Truppe ins Pokalfinale und besiegt dort den schier übermächtig scheinenden FC Bayern. Einen Tag später baut er sich mit seinem „Bruder, schlag den Ball lang!“-Bonmot sein ganz eigenes Denkmal auf dem Frankfurter Römer. Dass Boateng all dies gelingt, liegt nicht allein an seinen zweifellos immer noch herausragenden fußballerischen Fähigkeiten: seiner feinen Technik, seinem wuchtigen Schuss und seiner robusten Spielweise. Boateng ist auch eine Antwort auf die Rufe der Fans nach eben jenen „Typen“, die im inszenierten Showgeschäft des modernen Fußballs nicht mehr vorgesehen scheinen. Dazu tragen nicht nur die vergangenen Skandale bei, sondern auch die klare Linie, mit der Boateng sein öffentliches Profil zeichnet. Wiederholt bezieht er eindeutig Position gegen Rassismus. Wenn ihm etwas nicht passt, dann sagt er es. Die Fans schätzen das. Zum zweiten Mal nach seiner Zeit in Mailand scheint Kevin-Prince Boateng endlich angekommen.
Vor diesem Hintergrund erscheint der Entschluss, seine Karriere in der Nähe seiner Familie fortzusetzen, nachvollziehbar. Und doch hält die Geschichte vom Jungen aus dem Wedding dann doch noch diese eine, ganz besondere Pointe bereit. Weil der FC Barcelona nach dem Abgang von Munir El Haddadi mit Luis Suarez nur noch über einen Mittelstürmer verfügt, ergibt sich für Boateng plötzlich die Chance, für einen der größten Klubs der Welt aufzulaufen. Er muss niemandem mehr etwas beweisen. Doch dass er nun an der Seite von Lionel Messi spielt, ist eine späte, aber verdiente Würdigung seiner höchst wechselhaften Karriere. Und die Einlösung eines Versprechens, das er einst mit seinen Leistungen in jungen Berliner Jahren gab.