Eigentlich wollte Kevin-Prince Boateng seine Karriere in der Nähe seiner Familie ausklingen lassen. Nun wechselt er zum FC Barcelona. Der verdiente Höhepunkt einer Karriere voller Aufs und Abs.
Am 19. Mai 2018 setzte sich der Prince die Krone auf. Mit dem Triumph im DFB-Pokal beendete Kevin-Prince Boateng nicht nur eine 30 Jahre währende Titel-Sehnsucht von Eintracht Frankfurt, sondern auch eine persönliche Fehde mit seiner Heimat. Seit diesem Abend in Berlin hat er endlich das Gefühl, angekommen zu sein in Deutschland. „2018 war das Jahr, in dem ich meinen Frieden mit Deutschland machte. Und ich hoffe, meine Heimat auch mit mir“, sagt Boateng im 11FREUNDE-Jahresrückblick. „Ich habe alles geschafft in meiner Karriere, jetzt schippere ich in ruhigere Fahrwasser. Und alles, was noch kommt, ist ein Extra oben drauf.“
Sassuolo sollte in diesem ruhigen Fahrwasser liegen, ein mittelmäßiger Serie-A-Klub, sportlich nicht mehr die größte Herausforderung. Die Nähe zur Familie in Mailand war ausschlaggebend für den Wechsel nach Italien. Dort wollte Boateng seine Karriere ausklingen lassen. Doch als hätte er es geahnt, schenkte der Fußballzirkus, dieses manchmal doch hoffnungslos kitschige Geschäft, ihm tatsächlich noch einmal ein Extra oben drauf. Und was für eins.
„Es ist traurig, Sassuolo zu verlassen, aber dies ist eine großartige Chance“, sagte Boateng gegenüber Sky Italia, bevor er das Flugzeug bestieg, das ihn endlich dorthin brachte, wovon er schon als kleiner Junge im Wedding immer geträumt hatte: Zum FC Barcelona. „Ich denke, für jedes Kind, das anfängt, Fußball zu spielen, ist es ein großer Traum, für einen Klub wie Barcelona zu spielen“, sagte Boateng dann auch im Vorstellungsvideo des Vereins. „Für mich wird ein großer Traum wahr.“
Doch der Wechsel zum FC Barcelona ist nicht nur die Geschichte des erfüllten Traums vom Bordstein zur Skyline. Es ist auch die Erfüllung einer Prophezeiung, ein endlich eingelöstes Versprechen. Schon in der Jugend bei Hertha BSC macht Boateng gemeinsam mit seinen Kumpels Ashkan Dejagah, Patrick Ebert und Chinedu Ede auf sich aufmerksam. Auf dem Weg zur Deutschen B‑Jugend-Meisterschaft überrollen sie ihre Gegner förmlich. Die ganze weite Fußballwelt scheint ihnen offenzustehen, die Zukunft bei den ganz großen Klubs nur eine Frage der Zeit.
Bis Boateng dort ankommt, dauert es jedoch einige Jahre und fast ebenso viele Skandale. Eine Ohrfeige gegen seinen damaligen Hertha-Mitspieler Pal Dardai, der Rauswurf aus der deutschen U21-Nationalmannschaft, abgetretene Autospiegel und sein Foul gegen Michael Ballack machen ihn in Deutschland endgültig zum Bad Boy. Doch nach der WM 2010, bei der er Ghana bis ins Viertelfinale führt, reift er beim AC Mailand zum Superstar. Nach der gewonnenen Meisterschaft begeistert er 70.000 Menschen im San Siro mit einer Michael-Jackson-Performance. Endlich scheint Boateng dort angekommen, wo ihn schon zu seiner Herthaner B‑Jugend-Zeit viele sahen.