Heute starten die Deutschen bei Olympia gegen einen Goldkandidaten. Der Nachwuchs der Mexikaner zählt seit Jahren zur Weltspitze. Warum profitiert davon nicht der A‑Kader?
Auffallend ist, dass nur wenige der Spieler, die 2005 bzw. 2011 den U17-Titel holten, heute im Profibereich eine prominente Rolle spielen. Die Durchlässigkeit von Talenten in die Nationalmannschaft ist gering, meist, weil die Nachwuchsspieler in den letzten Jahren bei ihren Vereinen in Mexikos Liga MX nur wenige Einsatzmöglichkeiten bekamen.
Die Verantwortlichen haben immerhin das Problem erkannt – und reagiert. Die Liga führte 2009 eine U17- und eine U20-Klasse ein, in der sich der Nachwuchs der Erstligisten duelliert. So konnten sich die Talente auf Wettkampfebene zeigen und entwickeln, wodurch die Besten leichter in den Profikader aufrücken konnten.
Manchester und Leverkusen locken
Der aktuelle Olympiakader zeigt die Veränderungen. 17 der 18 Spieler stehen in der heimischen Liga MX unter Vertrag, einzig Stürmer Erick Torres verdient sein Geld im Ausland, bei Houston Dynamo in der MLS. Ein Zustand, der vermutlich nicht von Dauer sein wird; in Brasilien werden sich wieder viele Talentscouts aus Europa auf der Tribüne drängeln.
Der vielleicht hoffnungsvollste Aspirant für höhere Aufgaben ist Linksaußen Hirving Lozano, 21, vom CF Pachuca. Der Klubpräsident bestätigte Gespräche mit Manchester United, eine Einigung mit dem Mourinho-Verein steht aber noch aus. Auch wenn Lozano vor einigen Wochen von einer möglichen Offerte aus England noch nichts gewusst haben wollte, der Sprung nach Europa scheint für den torgefährlichen Sprinter nur eine Frage der Zeit.
Ebenfalls begehrt ist Carlos Salcedo, dem zugetraut wird, in die großen Fußstapfen von Rafael Márquez in der Nationalmannschaft zu treten. In den letzten Monaten soll sein Verein Deportivo Guadalajara bereits mehrere Anfragen für den Innenverteidiger erhalten haben, darunter auch von Bayer Leverkusen und Ajax Amsterdam. Nun bildet er aber zunächst mit dem 19-jährigen, ähnlich umworbenen César Montes das Abwehrzentrum von El Tri.
Eine Regel untergräbt alle Fortschritte
Nachwuchsligen, gesteigerte Spielzeiten, Auslandsofferten – es scheint, als habe der mexikanische Fußball aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Oder doch nicht? Im Mai beschloss die Liga MX die 10/8-Regel: Ab kommender Saison dürfen an jedem Spieltag maximal zehn Ausländer im Kader stehen, acht Spieler auf dem Meldebogen müssen aus Mexiko stammen. Bislang lag die Grenze bei fünf Spielern ohne mexikanischen Pass. Viele Trainer und Ex-Spieler kritisierten die Regelung scharf, doch die Liga blieb hart. Sie strebt vermutlich höhere Vermarktungserlöse durch ausländische Stars an. Für den mexikanischen Nachwuchs bedeutet dies, sich erneut hintanzustellen. Am ersten Spieltag 2016/17 standen nur noch 20 U23-Spieler in den Startformationen der 18 Erstligisten, also knapp einer pro Team. Ob das so gewollt ist?
Keine Spielzeit heißt keine Entwicklung heißt keine Perspektive. Der mexikanische Fußball scheint sich einmal mehr selbst im Weg zu stehen. Auch eine olympische Goldmedaille könnte darüber nicht hinwegtäuschen.