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Peter Stöger, können Sie uns als Öster­rei­cher die Bedeu­tung des Trai­ners Ernst Happel erklären?
Er war der erfolg­reichste Coach, den wir je hatten. Er war ein Welt­klas­se­spieler und obwohl er eine sehr eigene Per­sön­lich­keit war, hat es seinem Erfolg nicht geschadet. Er war in jeder Hin­sicht beson­ders.

Sie waren Spieler unter ihm, als er am Ende seines Lebens das Natio­nal­team trai­nierte.
Für uns Spieler war es eine große Ehre, dass er nach so langen Jahren im Aus­land nach Hause kam, um den öster­rei­chi­schen Fuß­ball voran zu bringen. Wir Spieler waren stolz, von ihm aus­ge­wählt und auf­ge­stellt zu werden.

Was konnten Sie von ihm lernen? 
Er war in jeder Hin­sicht abso­luter Fuß­ball­fach­mann. Gerade im tak­ti­schen Bereich hat er uns Dinge mit­ge­geben, deren Bedeu­tung ich erst nach und nach ver­stand. Und er brauchte dazu nur wenig Worte.

Seine Spieler beim HSV hatten mit­unter Pro­bleme ihn zu ver­stehen.
Das ging uns nicht anders. Er sprach eine Misch­form aus deutsch, nie­der­län­disch, eng­lisch und wie­ne­risch. Dieses Ver­schmol­zene hat ihn aber auch aus­ge­macht.

Wie meinen Sie das?
Diese Melange aus den vielen Erfah­rungen, die er im Aus­land gemacht hatte. Und die jeweils posi­tiven Ele­mente dieser Ein­flüsse spie­gelten sich in dem Fuß­ball wieder, den er spielen ließ. Bei ihm lernten wir Spieler, von einer Posi­tion auf die andere zu wech­seln, ohne das ein Platz unbe­setzt blieb. Er nannte das schlicht swit­chen“ – und wir wussten Bescheid. 

Was haben Sie für Ihre Arbeit als Trainer von ihm mit­ge­nommen?
Dass es wichtig ist, sich immer treu zu bleiben. Der Happel hat sich seinen Wiener Charme erhalten, aber er hat sich auch mit all den Aus­lands­sta­tionen so stark iden­ti­fi­ziert, dass er überall etwas mit­nehmen konnte. Und: Große Namen haben ihm nie etwas bedeutet, er hat die Mann­schaften stets so auf­ge­stellt, wie er wollte und ist trotzdem erfolg­reich gewesen.

Die Spieler in Ham­burg schwärmen davon, dass Happel ihnen stets große Frei­heiten ein­räumte.
Er erkannte intuitiv, welche Qua­li­täten eine Mann­schaft besaß und was er seinen Spie­lern zumuten kann. Er wusste, wann er sie in ihrer Kom­pakt­heit und Sta­bi­lität ein­fach spielen lassen konnte. Uns bei der Natio­nalelf war das natür­lich in dem Maße nicht gegeben wie dem HSV 1983. Uns musste er auch auf die Nerven gehen. Er konnte ganz genau sehen, wer Input braucht und wer sein Ding allein durch­zieht. Und so musste er dem Stöger eben mehr erzählen, als dem Magath in Ham­burg.

Sie hatten mit der Natio­nalelf 0:6 in Schweden ver­loren, als er 1991 das Amt über­nahm. Hat er Ihnen trotzdem ver­sucht, sein offen­sives Spiel zu implan­tieren?
Er hat es ver­sucht, aber es war nicht so ein­fach wie bei anderen Teams. Natür­lich hatte er einen Plan. Unter ihm spielten wir fle­xi­bler, waren schwerer aus­zu­rechnen. Die Stürmer sollten die Innen­ver­tei­diger schon in der eigenen Hälfte angreifen. Aber ich muss zugeben, unser Kader war damals nicht so weit, um wirk­lich erfolg­reich zu sein.

Hatten Sie als zen­traler Spieler einen spe­zi­ellen Zugang zu ihm?
Nein, er war ein echter Grantler. Gefühlt eher nicht gut gelaunt, aber am Ende immer mit einem lus­tigen Spruch auf den Lippen. Ich habe ihn eigent­lich stets als herz­lich emp­funden, auch wenn er in bestimmten Dingen sehr stur sein konnte. In Sachen Pünkt­lich­keit und Kon­se­quenz gab es bei ihm keine Kom­pro­misse.

Und wenn jemand zu spät kam…
…war der Bus halt abge­fahren. Er war schon strikt in der Zusam­men­ar­beit, es musste so funk­tio­nieren, wie er es wollte. In der Hin­sicht wäre es für ihn heute sicher eine schwie­rige Situa­tion.

Warum?
Heute wird Kritik oder ein lautes Wort von Spie­lern schnell als per­sön­li­cher Angriff gedeutet.

Das heißt, Ernst Happel wäre heute als Trainer nicht mehr denkbar?
Heute ist das ganze Kon­strukt dünn­häu­tiger. Aber Happel war ein hoch­in­tel­li­genter Mensch, er hätte so etwas erkannt und auf andere Weise die Stell­schrauben nach­ge­dreht. Ich bin über­zeugt, wer vor 40 Jahren in der Lage war, sich auf Men­schen ein­zu­stellen, würde auch heute die rich­tigen Ent­schei­dungen treffen.