Franz, 32, war mal Bayern-Fan. Aber seiner alten Liebe hat er abgeschworen und reist stattdessen um die Welt. Sein Ziel: alle Länder des Planeten besuchen. Natürlich als Fußballfan.
Franz, was verstehen Sie unter dem Begriff „Groundhopping“?
Franz*: Groundhopping ist eine Sammel- und Reiseleidenschaft. Wenn man etwas sammelt, will man etwas Neues sehen. Etwas Neues bedeutet: Immer einen Schritt weiter. Deswegen ist dieses Hobby ja mit Reisen verbunden.
Ihre Sammlung wird wahrscheinlich nie komplett sein. Ein Makel?
Nein, eigentlich nicht. Es gibt Sachen, die man komplett abhandeln kann. Viele Leute wollen von den deutschen Nachbarländern die ersten beiden Ligen komplett haben. Das ist was Greifbares. Ich sage: Ich will alle Länder auf der Welt einmal gesehen haben. Das klingt nach viel. Aber bei 144 von 209 – und das in meinem Alter – könnte die Rechnung aufgehen. Wenn ich das erreicht habe, bleibe ich trotzdem nicht daheim. Dort wird ein neues Stadion gebaut, dann gründet sich ein Land neu. Man hat immer was zu tun.
Wie hat Ihre Leidenschaft begonnen?
Angefangen hat es beim FC Bayern. Mein Schlüsselerlebnis war ein Spiel im Februar 1996 gegen Karlsruhe, das wir 4:1 verloren haben – vor 35.000 Zuschauern. Bayern war damals nicht so erfolgreich. Da habe ich mir gesagt: Jetzt erst recht, da gehst du wieder hin!
Und dann?
Habe ich mir für das Olympiastadion eine Jahreskarte geholt. Die erste Auswärtsfahrt mit dem FC Bayern war dann im März 1998. Ein Sonntagabendspiel im Neckarstadion gegen den VfB Stuttgart. 3:0 gewonnen, wenn ich mich nicht irre. Aber das stand gar nicht im Mittelpunkt. Wichtig war, andere Stadien, andere Plätze zu sehen. Im Olympiastadion war ja nicht viel geboten.
Haben Sie noch eine Dauerkarte beim FC Bayern?
Um Gottes Willen, nein.
Warum nicht?
Ich geh vielleicht ein, zwei Mal im Jahr hin, wenn ich lustig bin. Aber ich würde mich ärgern, wenn ich öfter hinginge. Das macht mir keinen Spaß. Ich gehe lieber zu den Amateuren oder zu den Senioren. Zu anderen Spielen auf andere Plätze, wo ich noch nicht war.
Was ist beim FC Bayern durch den Umzug in die Allianz Arena verloren gegangen?
Alles im Leben entwickelt sich weiter. Als ich als zehnjähriger Junge das erste Spiel im Stadion gesehen habe, habe ich mir schön eine Fahne kaufen lassen. Jetzt würde ich sagen: Das ist Kommerz! Der FC Bayern hat über Jahre finanziell das Beste rausgeholt, was man machen kann. Aber Vereinsleben ist da gleich Null. Das wird den Leuten nur vorgeheuchelt, die zum Applaudieren hin gehen.
Machen die wenigen großen Klubs die vielen Kleinen kaputt?
Dass die Großen auf die Kleinen Rücksicht nehmen, ist natürlich nicht der Fall. Dann müssen halt die Kleinen schauen, wie sie sich besser vermarkten. Als in Deutschland bei der WM 2006 das Eröffnungsspiel in München stattfand, war zeitgleich kein anderes Spiel in der Republik. Am ganzen Tag nicht. Außer in Tirol, weil die sich gesagt haben: Warum sollen wir Deutschland gegen Costa Rica anschauen? Also fuhr ich mit Freunden nach Tirol. Weltmeisterschaften sind nicht wirklich mein Fall.
Also zählt die EM in Frankreich dieses Jahr nicht zu Ihren Zielen?
Sicher nicht. Weil bei Länderspielen das Publikum auf der ganzen Welt austauschbar ist.Ich halte es so: Bevor ich mir die erste Liga Äthiopiens anschaue, schaue ich mir lieber die zweite an. Das ist authentisch.
*Unser Interviewpartner bat darum, nicht seinen kompletten Namen zu veröffentlichen