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Franz, was ver­stehen Sie unter dem Begriff Ground­hop­ping“?
Franz*: Ground­hop­ping ist eine Sammel- und Rei­se­lei­den­schaft. Wenn man etwas sam­melt, will man etwas Neues sehen. Etwas Neues bedeutet: Immer einen Schritt weiter. Des­wegen ist dieses Hobby ja mit Reisen ver­bunden.

Ihre Samm­lung wird wahr­schein­lich nie kom­plett sein. Ein Makel?
Nein, eigent­lich nicht. Es gibt Sachen, die man kom­plett abhan­deln kann. Viele Leute wollen von den deut­schen Nach­bar­län­dern die ersten beiden Ligen kom­plett haben. Das ist was Greif­bares. Ich sage: Ich will alle Länder auf der Welt einmal gesehen haben. Das klingt nach viel. Aber bei 144 von 209 – und das in meinem Alter – könnte die Rech­nung auf­gehen. Wenn ich das erreicht habe, bleibe ich trotzdem nicht daheim. Dort wird ein neues Sta­dion gebaut, dann gründet sich ein Land neu. Man hat immer was zu tun.

Wie hat Ihre Lei­den­schaft begonnen?
Ange­fangen hat es beim FC Bayern. Mein Schlüs­sel­er­lebnis war ein Spiel im Februar 1996 gegen Karls­ruhe, das wir 4:1 ver­loren haben – vor 35.000 Zuschauern. Bayern war damals nicht so erfolg­reich. Da habe ich mir gesagt: Jetzt erst recht, da gehst du wieder hin!

Und dann?
Habe ich mir für das Olym­pia­sta­dion eine Jah­res­karte geholt. Die erste Aus­wärts­fahrt mit dem FC Bayern war dann im März 1998. Ein Sonn­tag­abend­spiel im Neckar­sta­dion gegen den VfB Stutt­gart. 3:0 gewonnen, wenn ich mich nicht irre. Aber das stand gar nicht im Mit­tel­punkt. Wichtig war, andere Sta­dien, andere Plätze zu sehen. Im Olym­pia­sta­dion war ja nicht viel geboten.

Haben Sie noch eine Dau­er­karte beim FC Bayern?
Um Gottes Willen, nein.

Warum nicht?
Ich geh viel­leicht ein, zwei Mal im Jahr hin, wenn ich lustig bin. Aber ich würde mich ärgern, wenn ich öfter hin­ginge. Das macht mir keinen Spaß. Ich gehe lieber zu den Ama­teuren oder zu den Senioren. Zu anderen Spielen auf andere Plätze, wo ich noch nicht war.

Was ist beim FC Bayern durch den Umzug in die Allianz Arena ver­loren gegangen?
Alles im Leben ent­wi­ckelt sich weiter. Als ich als zehn­jäh­riger Junge das erste Spiel im Sta­dion gesehen habe, habe ich mir schön eine Fahne kaufen lassen. Jetzt würde ich sagen: Das ist Kom­merz! Der FC Bayern hat über Jahre finan­ziell das Beste raus­ge­holt, was man machen kann. Aber Ver­eins­leben ist da gleich Null. Das wird den Leuten nur vor­ge­heu­chelt, die zum Applau­dieren hin gehen.

Machen die wenigen großen Klubs die vielen Kleinen kaputt?
Dass die Großen auf die Kleinen Rück­sicht nehmen, ist natür­lich nicht der Fall. Dann müssen halt die Kleinen schauen, wie sie sich besser ver­markten. Als in Deutsch­land bei der WM 2006 das Eröff­nungs­spiel in Mün­chen statt­fand, war zeit­gleich kein anderes Spiel in der Repu­blik. Am ganzen Tag nicht. Außer in Tirol, weil die sich gesagt haben: Warum sollen wir Deutsch­land gegen Costa Rica anschauen? Also fuhr ich mit Freunden nach Tirol. Welt­meis­ter­schaften sind nicht wirk­lich mein Fall.

Also zählt die EM in Frank­reich dieses Jahr nicht zu Ihren Zielen?
Sicher nicht. Weil bei Län­der­spielen das Publikum auf der ganzen Welt aus­tauschbar ist.Ich halte es so: Bevor ich mir die erste Liga Äthio­piens anschaue, schaue ich mir lieber die zweite an. Das ist authen­tisch.

*Unser Inter­view­partner bat darum, nicht seinen kom­pletten Namen zu ver­öf­fent­li­chen

Es gibt Leute, die die­selbe Lei­den­schaft mit Ihnen teilen. Die sagen: So ein Sport­platz muss gewisse Vor­aus­set­zungen erfüllen, damit ich mir den anschaue! Welche Kri­te­rien sind das bei Ihnen?
Eigent­lich keine. Aber das Früh­jahr mit seinen Rele­ga­ti­ons­spielen ist des­wegen die beste Jah­res­zeit. Wo sich sonst nur wenige hin ver­irren, sind plötz­lich tau­sende Zuschauer da. Schwaben und Nie­der­bayern sind Regionen, wo richtig was geboten wird.

Wie ver­ein­baren Sie das alles mit Ihrem Beruf?
Ich arbeite in der Schule schön gemüt­lich von Montag bis Freitag, habe nach­mit­tags frei, dazu die Ferien. Zeit ist das eine, die Lust das andere. Das wich­tigste ist aber, pas­sende Ter­mine zu finden. Spiel­ter­mine.

Wie meinen Sie das?
Es gibt genü­gend Anbieter für Match­ka­lender, aber ich komme immer wieder auf die Fuß­ball-Ver­bände zurück, weil die ein Monopol haben. Alle offi­zi­ellen Anset­zungen kommen vom Ver­band. Man muss sich da infor­mieren, wo die Schieds­richter das tun. Früher, vor den Inter­net­zeiten, bist du oft hin­ge­fahren und dann hat man dir gesagt: Das Spiel war ges­tern.“ Daher: Immer über den Verein eine Tele­fon­nummer raus­su­chen und vorher kurz anrufen. Wie viele Spiel­leiter, Green­keeper oder Spie­ler­mütter ich schon an der Strippe hatte – Sie machen sich keine Vor­stel­lung!

Wie viele Spiele haben Sie bis­lang besucht?
Früher habe ich eine Sta­tistik geführt, inzwi­schen bin ich etwas schlampig geworden. Ich schätze: 2100 müssten es in den ver­gan­genen 15 Jahren gewesen sein.

Bewahren Sie Ein­tritts­karten als Erin­ne­rung auf?
Ich habe unter meinem Bett Schuh­kar­tons voller Tickets stehen. Aber darum geht es mir nicht, weil es für die meisten unter­klas­sigen Begeg­nungen nicht mal welche gibt. Ich schieße vor­wie­gend Fotos. Wenn es eine nichts­sa­gende Anlage ist, kann ich theo­re­tisch ein Foto machen und das auf tau­send Ver­eine beziehen – kann ja keiner nach­prüfen. Daher halte ich oft ein Pro­gramm­heft mit ins Bild. Damit man ein­fach einen Beleg hat.

Was waren die prä­gendsten Ein­drücke?
Mit den Ama­teuren des FC Bayern gab es in der alten Regio­nal­liga schon ein paar Spiel­chen, wo man sich vor dem Abstieg gerettet hat, das bleibt einem im Kopf: Siege beim VfR Mann­heim, in Trier, wodurch Trier dann nicht in die Zweite Liga auf­ge­stiegen ist – das war nicht schlecht. Oder die ganzen DFB-Pokal­spiele mit den Ama­teuren, wo statt 300 Zuschauern in der Liga 3000 gegen Braun­schweig zum Pokal kamen. Inter­na­tional sind es gerade Sachen, wo man über­rascht wird, wo es authen­tisch ist. Bei 46 Grad ein Spiel in Turk­me­ni­stan, bei Sand­sturm in Mau­re­ta­nien auf einem Asche­platz. Oder in Indo­ne­sien in einem über­füllten Sta­dion, wo 20.000 Zuschauer mehr drin waren als erlaubt – und es trotzdem fried­lich blieb.

Ist in diesem Jahr noch eine Reise geplant?
Die Elfen­bein­küste und Ghana kucke ich mit meiner Freundin an Pfingsten an. Bhutan folgt im August. Dann haben wir schon eine Pau­schal­reise gebucht nach Nord­korea. Sport­lich ist Nord­korea nicht so schlecht, zudem mit dem größten Fuß­ball­sta­dion der Welt. Und dann fahren wir von da aus noch durch China und Japan. Da war ich zwar schon beim Fuß­ball, aber man kann es ja ein zweites Mal anschauen. Wenn man schon mal in der Gegend ist.