Weil Superstar Hao Haidong das chinesische Regime kritisierte, wird sein Name aus allen Verzeichnissen getilgt. Doch die Sache ist komplizierter.
Der Gegner ist chancenlos. Am 12. März 2003 befindet sich Hao Haidong in Topform. Und dass das hier nur ein altes Stadion in Dalian ist, irgendwo in der Mandschurei, das ist dem Stürmer ganz egal. Denn er trifft aus allen Lagen. Erst aus der Drehung, dann rennt er drei Verteidigern weg, in der zweiten Halbzeit vernascht er mit einem Übersteiger den Abwehrspieler und zieht aus 16 Metern ab. Drei Tage später kommt der nächste Gegner und Hao macht einfach weiter.
Es ist die vielleicht beste Saison, die Hao Haidong spielt. Sein Verein, Dalian Shide, scheidet erst im Champions-League-Halbfinale gegen Al Ain Club aus. Hao wird vom asiatischen Verband zum Spieler der Saison gekürt. Unter einem Video, das seine Tore in jener Saison zeigt, schreibt ein Fan: „Good old days never come back.”
Dass sich niemand mehr an die Tage von Hao Haidong erinnern soll, daran setzt die chinesische Regierung im Moment alles. Denn der chinesische Rekordspieler (107 Spiele), der beste Torjäger (41 Tore), den dieses Land je hatte, der Mann, der seine Mannschaft zur WM 2002 führte, hat sich gegen die Regierung gestellt. Und ist damit inmitten eines internationalen Konflikts gelandet.
Wer sich heute in China befindet und den Namen Hao Haidong im Internet sucht, würde nichts finden. Gar nichts. Es scheint, als habe es den berühmten Fußballer nie gegeben. Wer außerhalb des Landes lebt und sucht, stößt recht schnell auf ein Video vom vergangenen Donnerstag, dem 31. Jahrestag des Tianmen-Massakers.
In dem einstündigen Video ist Hao mit seiner Ehefrau zu sehen, er wird interviewt, während er auf dem Sofa in seinem Haus sitzt. Das Paar soll mittlerweile in Spanien leben, schaut skeptisch in die Kamera. Und während des Interviews äußert sich Hao kritisch zum Regime. Über den Umgang mit Hongkong, Tibet, mit dem Coronavirus und der verbotenen Demonstrationen zur Erinnerung an das Massaker. Er spricht, wie er früher geschossen hat: jeder Treffer sitzt. Hao sagt: „Das chinesische Volk sollte von der Kommunistischen Partei Chinas nicht mehr mit Füßen getreten werden. Die kommunistische Partei sollte aus der Gesellschaft gekickt werden. Zu diesem Schluss bin ich nach 50 Jahren meines Lebens gekommen.”