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Heute um 20:30 Uhr läuft der Film Ultraslan“ auf dem 11mm-Fes­tival im Ber­liner Babylon-Kino. Der Regis­seur Ümit Uludag hat für seine Doku drei deut­sche Gala­ta­saray-Fans meh­rere Jahre lang begleitet. Lest hier zur Ein­stim­mung unsere Ultraslan-Repor­tage aus 11FREUNDE #136.

Die Reise endet in Istanbul unter der Fan­tri­büne der Türk Telekom Arena. In wenigen Minuten beginnt hier das Derby zwi­schen Gala­ta­saray und Bes­iktas, Erster gegen Zweiter. Die Ränge wackeln, junge Männer rennen die Gänge ent­lang, vorbei an den Köfte- und Börek-Buden, sie stopfen ihre Freunde in den Pegasus“-Stand, den Fan­block, drü­cken sich selbst hin­terher. Nur Oguz Altay steht ein­fach da, als ob nichts wäre, trinkt Tee, grüßt Männer in Anzügen, Jungs mit Schals, Küss­chen links, Küss­chen rechts. Er sieht aus wie eine Figur aus einem Al-Pacino-Film: Glatze, Drei­ta­ge­bart, klare, strenge Gesichts­züge. Er ist der Pate, 45 Jahre alt, Chef der größten Ultra­gruppe der Welt. Sie nennen sich UltrAslan“, die Löwen-Ultras, sie unter­stützen Gala­ta­saray SK.

Altay ist in Beglei­tung von fünf Män­nern mitt­leren Alters in schwarzen Män­teln, Män­nern mit prü­fenden Bli­cken. Als Altay nickt, sagt einer: Er hat nun Zeit.“ Der Hän­de­druck ist fest. Er fragt: Chai?“, und dann sagt er: Bitte schreiben Sie mit!“ Oguz Altay wünscht keine fak­ti­schen Fehler, wenn jemand über die tür­ki­sche Fan­kultur, Gala­ta­saray und vor allem über seine UltrAslan“ berichten möchte. Denn alleine die Struktur dieser Gruppe ist so kom­plex wie die eines inter­na­tio­nalen Groß­kon­zerns.

Chefs, Co-Chefs, Lenker, Koor­di­na­toren, Ver­treter

In Kurz­form liest sich das so: UltrAslan“ wurde wenige Monate nach Gala­ta­sa­rays UEFA-Cup-Gewinn im Jahr 2000 gegründet. Damals dis­ku­tierten 25 Leute über eine Bün­de­lung der Kräfte und eine inter­na­tio­nale Aus­rich­tung der Fan­szene. Heute ist UltrAslan“ alleine in der Türkei in 82 Städten ver­treten, geglie­dert in unter­schied­liche Gruppen. Sub­chapter gibt es in Sport­ver­einen und Schulen, es gibt die harten Jungs der Boys of Hell 34“, die gemä­ßigten Frak­tionen an den Uni­ver­si­täten oder die Cho­reo­leute und Alles­fahrer. UltrAslan“ hat Ver­treter in 60 Län­dern auf fünf Kon­ti­nenten, in London, in Oslo, in Buenos Aires, New York oder Abu Dhabi. In Deutsch­land gibt es sie in Berlin, Nord­rhein-West­falen, Ham­burg, Baden-Würt­tem­berg und Bayern. Überall sitzen Manager, Chefs, Co-Chefs, Lenker, Koor­di­na­toren, Ver­treter, überall gibt es Gre­mien und Aus­schüsse, alles ist strikt hier­ar­chisch struk­tu­riert.

Die jün­geren Fans hören gebannt zu, wäh­rend Oguz Altay dieses Impe­rium erklärt und Sätze sagt wie: Wenn jemand einen Fehler macht, wird er alles tun, um ihn zu beheben, denn er weiß, dass ich eines Tages vor­bei­kommen werde.“ Im Halb­kreis stehen sie um ihn herum, manche kennen ihn per­sön­lich, andere nur aus dem Fern­sehen. Altay ist das Gesicht der Bewe­gung, er kennt Trainer Fatih Terim und die Mit­glieder des Ver­eins­prä­si­diums. Wer mit Altay in Kon­takt treten will und mit den UltrAslan“ in der Kurve stehen möchte, braucht aller­dings einen Bürgen. Er muss von unten nach oben emp­fohlen werden. Und am Ende hebt Altay den Daumen – oder auch nicht.

Brauchst du ein Auto?“

Eine Woche vor dem Derby sitzen elf Männer im Café Suns­hine“ in Berlin-Kreuz­berg vor einem Flach­bild­fern­seher. Gala­ta­saray ver­liert an diesem Abend 1:2 gegen den kleinen Istan­buler Stadt­teil­verein Kasim­pasa. Die jungen Männer schimpfen ein wenig, die alten Männer füt­tern die Spiel­au­to­maten. Heute ist nicht viel los.

Das Suns­hine“ ist eines dieser typisch tür­ki­schen Kul­tur­cafés in Kreuz­berg, bei denen man nie so recht weiß, ob man will­kommen ist, wenn man die Tür öffnet. Der untere Teil der Fenster ist mit Folie zuge­klebt, von der Decke strahlt kaltes Licht auf spär­li­ches Holz­in­te­rieur. Es mag wie eine Geheim­loge wirken, doch eigent­lich ist es hier hei­melig. Die Männer an der Theke fragen freund­lich: Tee?“ oder Kaffee?“ oder Brauchst du ein Auto?“

Das Café ist das Klub­heim des Ber­liner Chap­ters der UltrAslan“. Ihr Chef Ozan Eser ist heute aller­dings nicht da, er muss arbeiten. Ihm gehört ein Geschäft für Maler­be­darf am Schle­si­schen Tor. Aber er kommt am Mitt­woch­abend gegen Spandau 04, sagen die Männer. Spandau 04? Was­ser­ball! Wir sind überall, wo Gala­ta­saray spielt.“