Das Spiel gegen Inter Mailand könnte für Borussia Mönchengladbach zum Höhepunkt der jüngeren Vereinsgeschichte werden. Ein Lehrstück in Geduld und guter Arbeit.
Mit einem Sieg wäre die Sache geritzt, vielleicht sogar mit einem Remis, und selbst bei einer Niederlage gegen Inter Mailand wäre der größte internationale Erfolg von Borussia Mönchengladbach seit über 30 Jahren noch möglich. Damals erreichte Gladbach das Halbfinale im Uefa Cup, nun könnte es das Achtelfinale der Champions League sein. Und es ist wieder einmal besonders traurig, dass dieser mögliche große Moment derzeit ohne Publikum stattfinden wird. Denn für viele Fans würde es ein ganz besonderer Tag sein, und es braucht solch besonderer Tage, um sich klar darüber zu werden, was eigentlich in den letzten Jahren passiert ist.
Als sie 1987 das Endspiel im Uefa-Cup knapp gegen Dundee United verpasste, war die Borussia noch ein regelmäßiger Teilnehmer im Europapokal. Doch schon damals begann der schleichende Niedergang eines Vereins, der mehrere Modernisierungsschritte des deutschen Fußballs verpasst hatte. Zwei Neubauwellen deutscher Stadien, zur WM 1974 und zur EM 1988, hatten die Konkurrenz gestärkt. Der Bökelberg gehörte zwar atmosphärisch bis zum Schluss zu den besten deutschen Stadien, aber wirtschaftlich konnte der Klub auch seinetwegen nicht mehr mithalten. 1997 gab es für anderthalb Jahrzehnte das letzte internationale Spiel. Zwei Jahre später stieg Gladbach erstmals ab und stabilsierte sich auch nach dem Umzug 2004 in den neuen Borussia Park nicht sofort.
Es gab, bevor es so weit war, eine denkwürdige Einladung von Borussia Mönchengladbach für Journalisten zum neuen Jahr 2001. Wie für den zutiefst bürgerlichen Klub üblich, war der Rahmen gediegen, das Essen gut und der damalige Vizepräsident Rolf Königs, hielt eine Ansprache. Sie stand unter dem Titel „Borussia auf dem Weg in neue Dimensionen“, und Königs annoncierte, dass „wir ab 2005 das Erreichen eines internationalen Wettbewerbs anstreben“. Er schmückte auch sonst aus, wie golden die Zukunft des Vereins im neuen Stadion würde, und im damaligen Trainer Hans Meyer begann es zu arbeiten. Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her, begann zu schwitzen, das passte ihm alles gar nicht. „Wenn wir in der Rückrunde weiter solche Verletzungsprobleme haben, steigen wir ab“, teilte er dann gereizt mit, um die Blütenträume mal gleich abzuwürgen.
Letztlich aber hatten beide Recht. Mit dem neuen Stadion stimmten die Rahmenbedingungen zwar, aber zunächst einmal galt es, viele verlorene Jahre wieder aufzuholen. 2007 ging es daher zum zweiten Mal in die Zweite Liga. Aus dem, was dann passierte, lernt man aber auch, wie langwierig Entwicklungen im angeblich so schnelllebigen Fußball sind. Auf jeden Fall gerät man schneller in den Schlamassel als wieder hinaus. Und wenn man wieder hinaus will, auch das zeigt die Geschichte der Gladbacher, ist Kontinuität von überwältigendem Wert.