Der FC St. Pauli hat eine Broschüre gegen sexistische Werbung im Stadion herausgebracht. Was sich jetzt im Stadion ändern soll.
Christoph Pieper, Sie sind Pressesprecher beim FC St. Pauli, der diese Woche eine Broschüre herausgebracht hat, die zukünftig sexistische Werbung am Millerntor verhindern soll. Warum?
Es gab vor längerer Zeit bereits Gespräche mit Fans darüber, Regularien bei werblicher Kommunikation zu schaffen. Im letzten Jahr hatten wir im Heimspiel gegen Stuttgart eine Bande, die — aus welchen Gründen auch immer — die Aufschrift „Nix für Pussys“ trug. Das hat in unserem Umfeld verständlicherweise für Aufregung gesorgt. In der Stadionordnung haben wir den Kampf gegen Sexismus, Homophobie, Diskriminierung und Rechtsextremismus fest verankert.
Und dann haben Sie sich an „pinkstinks“, eine Kampagne gegen einengende Geschlechterrollen in den Medien, gewendet?
Ja, es gab einen persönlichen Kontakt unseres Marketingleiters zur Geschäftsführerin. Wir haben dann gemeinsam das Regelwerk erarbeitet und am Donnerstag veröffentlicht. In den Prozess waren auch unser „Fanladen“ — das Fanprojekt des FC St. Pauli — sowie das „Aktionsbündnis gegen Homophobie und Sexismus“ eingebunden.
Was ist denn das Problem an einer Bande mit der Aufschrift „Nix für Pussys“?
Die Aussage ist frauenfeindlich, weil sie Frauen in beleidigender Art und Weise bezeichnet und gleichzeitig von etwas ausschließt. Zudem ist „Pussy“ als Beleidigung für all die zu begreifen (gerade auch für Männer), die vermeintlich nicht hart genug für etwas sind.
Werden neben dieser Broschüre noch konkrete Regeln für Ihre Werbepartner festgelegt?
Die Broschüre ist bereits sehr konkret und unser Versuch, das klar und einfach zu halten. Sie beinhaltet drei Punkte: Keine Werbung, die Menschen als sexuelle Gebrauchsgegenstände darstellt; keine Werbung, die Menschen aufgrund ihres Geschlechts bestimmten Rollen zuordnet; und keine Werbung, die ein geschlechtsbezogenes Über- und Unterordnungsverhältnis darstellt. Anhand dieser Punkte kann ich mir eine Werbung angucken und die Regeln schnell anwenden. Und wenn wir uns mal nicht ganz sicher sind, werden wir wieder mit „pinkstinks“ in Kontakt treten.
Und nach diesen Richtlinien müssen sich dann zukünftig alle Sponsoren des FC St. Pauli verhalten?
Genau. Unsere Vermarktungsleitlinien werden nun um die neuen Regularien ergänzt.
Was passiert, wenn sich ein Sponsor nicht an die Abmachung hält?
Alles was im Stadion kommuniziert werden soll, liegt uns zunächst vor. Wenn etwas gegen unsere Regeln verstößt, sagen wir: „Das findet nicht statt, denkt euch bitte etwas anderes aus“. Es geht darum, unser Stadion frei von sexistischer Werbung zu halten. Dass wir damit nicht die generelle Markenkommunikation unserer Sponsoren verändern, ist völlig klar und ist auch nicht der Anspruch dieses Regelwerks. Aber perspektivisch wird man sich voraussichtlich überlegen, ob man mit einem Partner, bei dem sexistische Äußerungen an der Tagesordnung sind, zusammenarbeiten würde. Wir wissen, dass wir uns bei möglichen Fehlern aufgrund dieses Engagements besonders angreifbar machen. Aber das sehen wir als Ansporn.
Das Risiko, Sponsoren zu verprellen, nehmen Sie in Kauf?
Wir haben ja bereits jetzt Vermarktungsleitlinien und es sind auch schon in der Vergangenheit Sponsorings nicht zustande gekommen, weil wir gesagt haben, dass der potentielle Partner nicht zum Verein passt. Am Ende muss man sich entscheiden. Wir stehen für unsere Haltung und unsere Werte und wenn das nach sich zieht, dass wir mit einem möglichen Sponsor nicht zusammenkommen, dann ist das eben so.
St. Pauli gilt ohnehin als Vorreiter in Sachen Antisexismus im Fußball. Gibt es gerade hier die Notwendigkeit für solche Maßnahmen?
Wir sind auch nicht vor homophoben oder sexistischen Beleidigungen gefeit. Auch unter den 30.000 Zuschauern in unserem Stadion ruft einer mal „Schwuchtel“ oder ähnliches. Uns ist es deshalb wichtig, uns selber auch permanent zu überprüfen und das Bewusstsein für den Kampf gegen Homophobie und Sexismus wachzuhalten.
Geht es nicht vor allem auch um die Symbolwirkung?
Es geht bei dem Regelwerk im ersten Schritt um die Kommunikation im Stadion, um klare Regeln für Partner und Sponsoren. Es geht also um Konkretes und um mehr als nur die Symbolwirkung. Zum anderen geht es aber auch um die Besucher und Besucherinnen im Stadion. Die Werberegeln sind natürlich nicht einfach auf diese umzumünzen, nichtsdestotrotz hoffen wir auf eine weitere, intensive Auseinandersetzung mit dem Thema, auch wenn wir den Kampf gegen Sexismus seit Jahrzehnten in unserer Stadionordnung verankert haben. Wenn das einen Vorbildeffekt für andere Vereine hat, ist das toll. Wir machen das aber nicht, um unser Image zu verbessern, sondern weil wir davon überzeugt sind.