Warum Pierre-Michel Lasogga so erfolgreich, Carlos Zambrano ein Weltwunder und Tobias Werner viel zu unbekannt ist.
Pierre-Michel Lasogga
Im Nordderby vor Wochenfrist noch so beweglich wie eine Nordmanntanne, gab Pierre-Michel Lasogga gegen Augsburg die Axt. Zerlegte die Abwehr zu Streichhölzern, und spaltete an ihr seine und Hamburgs dringlichsten Sorgen zu Brennholz. Beim 2:0 stand er in der Luft wie Air Pierre und köpfte wuchtig in die Maschen wie Uns Michel. Zwischendurch kaltzte er butterweich auf den Schädel von Ilicevic. Nur um schließlich doch selbst zum Vollstreckungsbeamten der Hoffnung zu werden. Den 3:2‑Siegtreffer nagelte er in den Winkel, als wäre sein rechter Fuß ein lasergesteuerter Raketenwerfer. Nach dem Spiel stellte sich Hamburgs Testosteron-Tankstelle noch dem Interview. Und gewann. Denn was steckt hinter seinem Erfolg? „Ne‘ Art Arbeit.“ Word.
Pierre-Emerick Aubameyang
Wie buchstabiert man in Dortmund Hoffnung? Aubameyang. Denn die Hoffnung auf ein versöhnliches Saisonende in schwarz-gelb trägt nicht etwa den Namen Reus, Sahin oder Hummels, sondern den des Gabuners. Gegen Frankfurt bewies er einmal mehr, warum. Holte zum 1:0 den Panenka aus dem Bat-Gürtel, legte das 2:0 durch Kagawa so mustergültig vor, wie Peter Parker seinen Ausweis vom Tierschutzbund und beschäftigte die Eintracht-Abwehr auch ansonsten, als litt sie an ADHS. An 20 von 40 Dortmunder Saisontoren war Aubameyang nun direkt beteiligt. Die Bayern sollten also gewarnt sein. Zumal Aubameyangs Pokalquote noch beeindruckender ist: vier Torbeteiligungen in zwei Spielen. Wenn euch also nächsten Mittwoch in München jemand fragt, wie man Albtraum schreibt, sagt nicht, ihr hättet von nichts gewusst.
Carlos Augusto Zambrano Ochandarte
Weltwunder der Moderne: Das Kolosseum, die Chinesische Mauer, Carlos Zambrano. Der gehörte am Wochenende zwar ebenso zu den Opfern von Aubameyang, bewies aber trotzdem, weshalb er völlig zu Recht einen Ruf wie Donnerhall genießt. Mehrfach langte der Peruaner bei den Dortmundern hin, dass die Mutter in uns ein besorgtes „Aufhören“ jaulte. Ob als Knochenbrecher am Boden oder einem Chiropraktiker gleich mit Griffen zum Hals — keiner zählt im kleinen Einmaleins des Foulspiels schneller bis hundert als Zambrano. Und trotzdem hat der eigentlich so talentierte Abwehrmann in seiner Profi-Karriere noch keine einzige, direkte rote Karte gesehen. Und wie bei den anderen Weltwundern der Moderne gilt auch für Zambrano: Wir wissen nicht, wie er es macht, aber wir ziehen ehrfürchtig unseren Hut.
Mitchell-Elijah Weiser
Los Wochos bei den Bayern: Unter der Woche Gala-Auftritt in der Champions League, am Wochenende Pflichttanz durch die Bundesliga. Und während gegen Porto noch das Fleisch gewordene Festgeldkonto auflief, durfte sich gegen Hertha wieder das „Ersatzbank-Kommando“ versuchen. Gaudino, Rode und Co. dachten sich nichts dabei und tüteten — „auch mia-san-mia“ — den Heimsieg sein, dass dem Selbstverständnis die Hose platzte. Bezeichnend, dass es ausgerechnet Mitchell Weiser war, der dem einzigen Tor des Tages eine Vorarbeit einschrieb, die gemalt nicht schöner hätte sein können. Nahm den Ball aus der Luft, als wäre er eine Wolke. Vernaschte im Wimpernschlag eines Augenblicks vier Herthaner, als wären sie Zuckerwatte. Flankte abschließend in den Strafraum, als wäre er Dozent für Vermessungstechnik. Kauft schon bald die DVD zur Vorlage: „So verlängert man doch noch seinen Vertrag.“
Bastian Schweinsteiger
Die Vorlage verwandelt hat einer, dessen Name noch nach Stammspieler klingt, dessen Zeit beim FC Dauermeister aber vielleicht schneller endet, als die von Vorlagengeber Weiser. Denn die Gerüchte um Bastian Schweinsteigers Abschied zum Saisonende nehmen zu, wie seine grauen Haare. An seinen Fähigkeiten wird es nicht liegen. Dass er es noch drauf hat, bewies er am Samstag eindrucksvoll. Schweinsteiger glänzte nicht nur als Vollstrecker, sondern auch als Taktgeber, Platzanweiser und Solokünstler. Allein 15 nationale Titel hat er so inzwischen mitgewonnen, niemand hat mehr. Ganz abgesehen von einem Titel, den man außerhalb des Bayern-Universums nur ungern an Bayern-Spieler vergibt: Schweini ist ein guter Typ. Es wäre schade, wenn er geht.
Der Fußballteufel
Der Gag vorweg: Norweger Finne trifft. Zum Sport: Köln holt überraschenden Heimpunkt gegen Leverkusen. Das war angesichts der eher schmalen Heimbilanz des „Eff-Zeh“ (16. und punktgleich mit dem HSV; in Worten: oha), und der zuletzt so formstarken Bayer-Elf nicht gerade zu erwarten. Und ging auch nicht ohne höhere Kräfte einher. Denn wann erzielte Julian Brandt den Führungstreffer? Sechs Minuten nach seiner Einwechslung. Wann erzielte der Norweger Finne den Ausgleichstreffer? Sechs Minuten nach seiner Einwechslung. Und wie lange war da noch zu spielen? Sechs Minuten. Beim Bard des Propheten, das nennen wir teuflisch.
Stefan Bell
Liebe Zahlenfetischisten und Statistikfans, ölt den Taschenrechner, lehnt euch zurück und genießt. Hier kommen die Fakten zu Stefan Bells Doppelpack gegen den FC Schalke 04: Sein erstes Tor war nicht nur sein zweites Saisontor, sondern zugleich auch das 400. Bundesligator in der Geschichte von Mainz 05. Sein zweites Tor war dementsprechend nicht nur das 401. Bundesligator in der Geschichte von Mainz 05, sondern zugleich auch der erste Doppelpack, den ein Mainzer Abwehrspieler in der nunmehr 401 Bundesligatore langen Geschichte geschnürt hat. Fun Fact am Rande: Subtrahiert man das 400. vom 401. Tor, erhält man die Wahrscheinlichkeit in Prozent, dass Stefan Bell je wieder einen Doppelpack erzielt.
Christian Streich
„In der ersten Halbzeit habe ich ganz viele Dinge falsch gemacht. Wir haben furchtbar gespielt, dafür gibt es nur einen Verantwortlichen. Nämlich: Mich.“ Sagte nicht etwa einer der Freiburger Spieler, die am Samstag gegen den VfB Stuttgart in der Startelf herum stolperten, sondern ihr Trainer, Christian Streich. Wie kommt er nur darauf? „Offensichtlich habe ich es nicht verstanden, der Mannschaft Ruhe und Souveränität zu geben.“ Aha. Zur Halbzeit brachte er dann aber doch lieber Höfler und Darida, statt Ruhe und Souveränität. Am Ende stand ein nach 45 Minuten kaum für möglich gehaltener Punktgewinn. Und ein Trainer vor seiner Mannschaft. Wäre Christian Streich nicht schon Träger des „Markgräfler Gutedelpreises“, man müsste ihn nominieren.
Nils Petersen
Stell dir vor du triffst auf einen Ex-Trainer, er dich zum Schluss immer weniger hat spielen lassen. Was gibt es Schöneres, als gegen genau diesen Ex-Trainer einen Doppelpack zu erzielen? Einen ziemlich hässlichen Doppelpack erzielen. Wie das geht, hat Nils Petersen am Wochenende eindrucksvoll bewiesen. Bei Werder von Damals-Trainer-Dutt nur noch sporadisch ein- und oft auf den Flügel strafversetzt, zeigte Petersen für Freiburg, was er kann, wenn man ihn nur lässt. Verwandelte einen Elfmeter der Marke „Hauptsache drin“ und stellte sein Füsschen in das 2:2, dass das Wort Abstauber überlegt, Klage auf Rufmord einzureichen. „Das Schicksal nimmt nichts, dass es nicht gegeben hat“, heißt es schon bei Seneca. Und jetzt auch für Robin Dutt und Nils Petersen.
Max Kruse
Er hatte seit sechs Monaten nicht mehr aus dem Spiel heraus getroffen. Und auch gegen Wolfsburg schien Max Kruse zunächst vom Glück verlassen. Er lief ohne Unterlass, gab Vorlagen zu besten Chancen und hatte selbst zwei dicke Möglichkeiten. Doch das Tor wollte einfach nicht fallen. Bis in die 90. Minute hinein. In der machte Kruse die Bude, sicherte Gladbach mindestens Platz vier und Bayern die Endgültig-Meisterschaft. Und trotzdem war er nach dem Schlusspfiff so cool, als wäre auch das Herz tarnfarben wie sein Maserati. „Musst halt auch mal den Punch setzen in der letzten Minute“, schnodderte er in die Mikrofone und ging von dannen. Eiswürfel nachtanken.
Tobias Werner
„Der Werner, das ist ein Guter!“ — „Timo Werner von Stuttgart?“ — „Nein.“ — „Mike Werner?“ — „Nein. Tobias Werner!“ — „Werner wer?“ Tobias Werner! Einer der vielleicht unterschätztesten Profis der Bundesligageschichte. Dabei ist er schnell, technisch stark und vermutlich selbst noch beim Eins gegen Eins mit sich selbst mannschaftsdienlich. Allein in dieser Saison hat Werner übrigens schon wieder mehr Scorerpunkte auf dem Konto als Hakan Calhanoglu, Kevin Volland oder Mario Götze. Und auch am Wochenende gab er zunächst eine Vorlage, ehe er das zwischenzeitliche 2:2 gleich selbst besorgte. Ein Tor, typisch Werner. Startet in die Gasse, täuscht eine schlechte Ballannahme an, nur um so den entscheidenden Raum zu erhalten, und eiskalt zu vollstrecken. Der Werner, das ist ein Guter! Wollten wir nur mal gesagt haben.