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Seite 2: „Alle hoffen, das große Los zu ziehen“

Dass Leon Goretzka ein fan­tas­ti­scher Fuß­baller ist, sieht jeder. Aber wie findet man eigent­lich einen guten Zweit­li­ga­spieler für Hol­stein Kiel?
Wie gesagt, wir sind gezwungen, genau hin­zu­schauen, prüfen bei einem Kan­di­daten – soweit das mög­lich ist – jedes Detail. Dabei geht es eben nicht nur um das aktu­elle Leis­tungs­bild, son­dern auch und gerade um das, was wir einem Akteur auf­grund seines Poten­zials und mit Blick auf die Gemenge­lage in Kiel zutrauen. Wäh­rend bei jungen Spie­lern immer Aus­schläge nach oben und unten zu sehen sind, bringt ein gestan­dener Profi in aller Regel ein ver­läss­li­ches Min­destmaß an Leis­tung. Aber im Nor­mal­fall kommen exakt diese Spieler eben nicht nach Kiel. Sie landen bei den Großen: Stutt­gart, HSV, Han­nover 96, Nürn­berg.

Warum?
Wir bewegen uns hier in einem harten Wett­be­werb um Gehälter und Prä­mien, den wir in der Liga­spitze öko­no­misch nicht bedienen können. Des­halb müssen wir alter­na­tive Wege finden. Wir müssen zuschlagen, wenn Ent­wick­lungen noch in ihrem Anfangs­sta­dium sind, unsere Erfah­rungen und Intui­tion mit ein­bringen. Und natür­lich ver­su­chen wir, unsere Per­so­nal­ent­schei­dungen auf ein breites Fun­da­ment zu stellen und betei­ligen an diesem Pro­zess sämt­liche Kom­pe­tenzen inner­halb unseres Ver­eins.

Wie schätzen Sie die Leis­tungs­dichte in der Liga ein?
Als sehr hoch. Das macht es mitt­ler­weile noch schwie­riger, die rich­tigen Spieler zu fil­tern. Wenn man jedoch fündig geworden ist, gestaltet sich der nächste Schritt – hin auf ein höheres Leis­tungs­ni­veau – ein­fa­cher. Das ist zum Bei­spiel beim SC Pader­born vor­treff­lich gelungen: Kai Pröger star­tete noch für Rot Weiss Essen in die Spiel­zeit, Sebas­tian Vasi­liadis kam vom VfR Aalen. Beide wurden den­noch geholt und spielen jetzt in der 1. Bun­des­liga – eine echte Meis­ter­leis­tung.

Also geht auch Ihr Blick in die unteren Ligen?
Es wird zum Knie-Schuss, einen gestan­denen Zweit­li­ga­profi mit großen Anstren­gungen zu uns zu holen, der am Ende nur noch seine Kar­riere ver­walten möchte. Die 3. Liga hat den höchsten Alters­schnitt, dort sind viele gute Spieler aktiv, die aber den Sprung nach ganz oben nicht gepackt haben. Statt­dessen suchen wir auch dort allein Spieler, die hoch moti­viert, hungrig und gierig sind, Erfolg zu haben. Viele Zweit­li­gisten schauen sich jetzt öfter in den Regio­nal­ligen um und holen dort junge, ambi­tio­nierte Spieler. Alle hoffen, das große Los zu ziehen.

Und anders­herum?
…ist die Schere zwi­schen 1. und 2. Bun­des­liga immer weiter aus­ein­an­der­ge­gangen. Nur um mal eine Vor­stel­lung zu erhalten: Wir haben vor nicht allzu langer Zeit Gespräche mit einem Reser­visten eines Erst­li­gisten geführt. Der hatte im ver­gan­genen Jahr nur ein ein­ziges Bun­des­li­ga­spiel gemacht. Ein Wechsel wäre also sinn­voll. Bei uns aller­dings hätte er nur ein Fünftel seines aktu­ellen Gehalts ver­dient.

Der Spieler könnte bei Ihnen zumin­dest spielen.
Für ein Fünftel seines bis­he­rigen Gehalts! So sehr ihn eine Ent­schei­dung für uns sport­lich adeln würde – in wirt­schaft­li­cher Hin­sicht müsste man das wohl eher als ver­rückt bezeichnen. Das sind doch – auf einem hohen Niveau natür­lich – exis­ten­zi­elle Fragen, denen sich ein Fuß­baller in einem sol­chen Moment stellen muss. In sol­chen Fällen bre­chen uns ein­fach die Argu­mente weg.

Unter Ihrer Regie sind beim VfL Wolfs­burg Spieler wie Julian Brandt oder Maxi­mi­lian Arnold zu Top­profis gereift. Sind Sie auf solche Ent­wick­lungen beson­ders stolz?
Ich emp­finde keinen Stolz. Ich freue mich natür­lich dar­über, dass sich junge Men­schen ent­wi­ckeln. Aber ich glaube, stolz können andere wie die Trainer oder die Päd­agogen sein. Die hatten einen viel inten­si­veren Kon­takt zu den Spie­lern.