Zwei Vereine sehen sich als legitime Nachfolger von UD Salamanca. Der eine gehört einem
Unternehmer, der andere den Fans. Besonders pikant: Ihre Stadien liegen direkt nebeneinander.
„Unión solo hubo una“, heißt das Vereinsmotto von Unionistas: „Es gab nur eine Unión.“ Man definiert sich als neuer Klub, der ihr Andenken ehrt. „Nunca nos fuimos“, hält UDS dagegen: „Wir waren nie weg“. Sie versteht sich offensiv als Nachfolgeverein. Beide Vereine spielen in Schwarz-Weiß, den alten Trikotfarben der Unión Deportiva.
Jesús Hernández de la Torre – genannt „Piojo“, der Floh – hat den Tag nicht vergessen, als der alte Verein mit 23 Millionen Euro Schulden von der Bildfläche verschwand. Der kleine Außenbahnspieler war damals 23 Jahre alt, seit der B‑Jugend im Verein und hatte sich endlich in der ersten Mannschaft etabliert. „Ich sollte einen neuen Vertrag unterschreiben. Drei weitere Jahre im Team meiner Stadt, mit meinen Leuten, in meinem Stadion. Es war der härteste Schlag meiner Karriere.“ Piojo musste weg, um Fußballer bleiben zu können: Huesca, Tarragona, Murcia. Noch im selben Jahr, 2013, war er aber auch Mitglied bei Unionistas geworden. Und nach dem Aufstieg in die vierte Liga rief ihn der Trainer an. Piojo sagte sofort zu. Heute ist er nicht nur weiter zahlendes Mitglied bei Unionistas, sondern auch Kapitän. „Mein letztes Jahr im Helmántico habe ich unglaublich genossen. Aber, und die Unión muss mir das verzeihen: Wie ich es genieße, für Unionistas zu spielen, das kann man gar nicht in Worte fassen. Ich glaube, wir in Salamanca sind uns klargeworden, was wir damals verloren haben, und werden dieselben Fehler nicht mehr begehen.“
„Piojo verrecke“
Bei Unionistas gelten klare Richtlinien. Die gewählte Führungsriege arbeitet ehrenamtlich und haftet mit ihrem Privatvermögen. Jeden Cent, den sie über den Saisonetat von derzeit einer Million Euro ausgibt, muss sie selbst zahlen. Das Ergebnis sind zum Beispiel pünktlich überwiesene Spielergehälter. In Spaniens „Segunda B“, der viergleisigen dritten Liga, ist das eher die Ausnahme.
Doch nicht alle in der Stadt verstanden Piojos Entscheidung – und nicht alle teilen seine Überzeugungen. Bei Derbys im Helmántico wird er als Verräter gebrandmarkt. „Piojo muerete“, hieß es teils von den Rängen: „Piojo verrecke.“
40 Minuten vor Spielbeginn, die Ultras von UDS ziehen in der Nordkurve der Pistas ein, wo schon viele normale Fans stehen. Unter den Neuankömmlingen sind unangenehme Gestalten. Mehrfach haben sie die Unionistas-Geschäftsstelle mit Hakenkreuzen und Nazi-sprüchen beschmiert. Jetzt kommen sie nicht nur mit Trommeln, Megafon und Spanienflaggen, sondern auch mit Mundschutz. Man kann sich dieser Tage vorstellen, worauf das anspielt.
Das Wort „Ultra“ hat in Spanien einen negativen Touch. Es steht für politische Radikalität und Gewalt. Zu Unionistas gehört daher auch der Satz: „Wir haben keine Ultras.“ Carlos, der das sagt, arbeitet am Eingang und erzählt, dass zu gemeinsamen Zeiten der UD seine Gruppe bei Auswärtsreisen etwa ins Baskenland zusammen mit den Einheimischen feierte, während die anderen mit „Viva España“ auf Provokation setzten. „Für uns“, sagt Carlos, „ist der Fußball eine Fiesta.“ Auch Ruba trägt eines der roten Leibchen der Freiwilligen. Sie sammelt Anmeldungen für die nächste Auswärtsfahrt, fünfeinhalb Stunden nach Navarra. „Zwölf Verrückte sind es schon“, sie lacht und schaut die Tribüne hoch. Normalerweise kommen die Leute in Spanien erst kurz vor Anpfiff. Bei Unionistas ist es schon voll, weil es keine nummerierten Plätze gibt und die meisten auf die Tribüne wollen. Singen, feiern. Die Regeln: kein Stress, keine Politik, keine Bengalos, keine Beleidigungen. „Auch wenn heute vielleicht mal was rausrutscht“, sagt Ruba. Das passiert bereits, als die UDS-Spieler nach dem Aufwärmen in die Kabine gehen. „Ab nach Hause, ohne Gehalt!“, spotten die Fans und skandieren: „Este escudo no lo merecéis.“ Dieses Wappen habt ihr nicht verdient.