Am Dienstag besuchte Viktor Orban Unions ungarischen Nationalspieler Andras Schäfer im Stadion. Ein „privates“ Treffen, sagt der Verein, doch das öffentliche Bild ist ein anderes.
Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Kooperation mit dem Tagesspiegel.
Die Aufregung wäre vermutlich deutlich kleiner oder nicht existent gewesen, wenn Norwegens Regierungschef Jonas Gahr Støre am Dienstagmittag am Stadion des 1. FC Union vorgefahren wäre, um seine Landsmänner Julian Ryerson und Morten Thorsby bei ihrem Arbeitgeber zu besuchen. Doch es war kein norwegischer Sozialdemokrat, der den Glanz des Fußballs für seine eigenen Zwecke zu nutzen versuchte, sondern Viktor Orban.
Der ungarische Autokrat, der seit Jahren systematisch Menschenrechte und Pressefreiheit einschränkt, Minderheiten diskriminiert und mit rechtsnational nur unzutreffend kategorisiert ist, setzte sich in einer Loge des Stadions An der Alten Försterei mit Unions Nationalspieler Andras Schäfer zusammen. Auf seinen Social-Media-Kanälen waren später Fotos und Videos des Besuchs zu sehen.
Der Tabellenführer der Fußball-Bundesliga sprach von einem „privaten“ Treffen, schließlich hat der 1. FC Union oft genug betont, dass Politik schon laut Satzung bei ihm im Stadion nichts zu suchen hat. Doch einmal abgesehen von der Frage, ob es nicht selbstverständlich sein sollte, einen Autokraten wie Orban abzulehnen, der sehr viele Werte unserer Gesellschaft mit Füßen tritt, und diesem keine Bühne zu geben, ist Unions Haltung in diesem Fall inkonsequent und die Argumentation naiv.
Dass die handelnden Personen bei Union mit ziemlicher Sicherheit keine sonderlichen Sympathien für Orbans Politik haben, dürfte angesichts der vielen Aktionen von Verein sowie Stiftung für ein soziales und vielfältiges Miteinander außer Frage stehen. Dass es sich nicht um einen offiziellen Empfang für Orban handelte, ist ebenfalls richtig.
Doch „privat“ war das Treffen definitiv nicht. Das wird schon beim Blick auf die Fotos deutlich. Mit Schäfer und Orban im Raum sitzen auch Unions Geschäftsführer Kommunikation Christian Arbeit und der Technische Direktor der Profiabteilung, Michael Parensen. Am Ende unterschreibt Schäfer ein Union-Trikot für Orban. Das ist nicht verboten und als ungarischer Fußballer steht der Mittelfeldspieler unter enormem Druck. Nicht jeder traut es sich zu, die Politik des Ministerpräsidenten zu kritisieren wie Leipzigs Torwart Peter Gulacsi.
Von Union hätte man allerdings mehr Mut erwarten dürfen. Denn wenn Politik im Stadion nichts zu suchen hat, dann gilt das auch für Promobesuche von Politikern. Das wäre übrigens im Fall von Norwegens Jonas Gahr Støre nicht anders gewesen.
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