Seit 28 Jahren ist Rainer Wulff Stadionsprecher beim FC St. Pauli. Jetzt hat der 71-Jährige ein Hörbuch veröffentlicht. Ein herrliches Sammelsurium über Dramen und ganz große Emotionen am Millerntor.
Sie vergleichen in einer Erzählung ihre beiden Leidenschaften – die Oper und den Fußball – und kommen zu dem Schluss, dass beides Dramen sind. Was war bisher der schönste Akt beim FC St. Pauli?
Die Aufstiege waren schon etwas Besonderes. Vier habe ich insgesamt erlebt und in Kombination mit den anschließenden Feiern auf der Reeperbahn waren das die Highlights. Aber wie es sich für echte Dramen gehört, habe ich auch bittere Zeiten erlebt, wie die in der Regionalliga. Emotional habe ich dem Verein eine Menge zu verdanken und das wollte ich unter anderem durch das Hörbuch, als Unterstützung für das Museum, zurückgeben.
Was wird in dem St. Pauli-Museum zu entdecken sein?
Unter anderem ein detailgetreues Modellstadion, in dem wie am Millerntor exakt 29.063 Plätze vorhanden sind. Die Fans haben schon jetzt die Möglichkeit, ein Foto von sich einzuschicken und dann auf einem der Plätze als Figur verewigt zu werden. Vielleicht werde ich als Stadionsprecher auch irgendwann mal für das Museum einbalsamiert (lacht).
Als eine Legende des FC St. Pauli fiel die Entscheidung, auch eine Geschichte über den Hamburger SV für das Hörbuch zu schreiben, sicher nicht allzu schwer, oder?
Diese Rivalität gehört einfach dazu. Ich schrieb die Geschichte, die den Nachbarn auf die Schippe nimmt, vor einem Jahr. Angesichts der Dauerkrise ist das Kuriose, dass ich sie nur ab und an geringfügig aktualisieren musste. Klaus-Michael Kühne (Investor beim HSV, d. Red.) treibt dort ja immer noch sein Unwesen.
Sie spielen als einziger Stadionsprecher in Deutschland immer die Hymne der Gäste. Würden Sie in der nächsten Saison gern wieder die des Hamburger SV anspielen?
Dafür wäre ein Treffen in Liga Zwei wohl das realistischste Szenario derzeit. Über einen Aufstieg sollten wir derzeit wahrlich nicht nachdenken. Aber klar, Derbys sind immer schön. Viele habe ich bereits erlebt und hoffe, dass einige noch dazukommen.
Welche Gast-Hymne mögen Sie am meisten?
Umso scheußlicher die Hymne, desto besser. Beim Pokalspiel gegen Borussia Dortmund spielte ich auf Wunsch das Lied „Leuchte auf, mein Stern, Borussia.“ Das klingt wie ein Weihnachtslied. Ich kommentierte das mit der Vermutung, dass die Dortmunder nun auch zum Papst fahren dürfen, wie der FC Bayern neulich (lacht). Normalerweise verkneife ich mir Seitenhiebe gegen unsere Gäste, aber das war ja ganz harmlos.
Werden wir Ihnen denn weiterhin auch abseits des Platzes zuhören können?
Ich schreibe regelmäßig und könnte vom Output her schon das zweite Hörbuch produzieren, bevor mein erstes überhaupt rausgekommen ist. Nein, erstmal abwarten, wie der Verkauf jetzt läuft. Wer mich hören will, findet mich sonst ja auch weiterhin am Millerntor.