Die Welt freut sich auf das Achtelfinal-Hinspiel zwischen Real Madrid und Manchester United. Zu Recht, wie die bisherigen Duelle der beiden Giganten bewiesen haben. Von Babes und Astrophysikern, von Bestie und Nobby, von Redondo und dem Magneten – ein Rückblick auf alle Spiele zwischen Real Madrid und Manchester United!
1956/57, Europapokal der Landesmeister, Halbfinale
Hinspiel, 11. April 1957, Real Madrid – Manchester United 3:1
Rückspiel, 25. April 1957, Manchester United – Real Madrid 2:2
Waren das Zeiten, als Sportjournalisten noch wie Astrophysiker hießen: Das „Sportmagazin“ schickte 1957 einen Mann namens „Dr. P. Schneeberger“ auf die Insel, um über das Halbfinal-Rückspiel zwischen Manchester United und Real Madrid zu berichten. Durch Tore von Héctor Rial, Alfredo di Stefano und Enrique Mateos hatten die Spanier das Hinspiel mit 3:1 gewonnen, United-Sturmtank Tommy Taylor war der einzige Treffer der Engländer gelungen. Und nun, nach 45 Minuten im proppenvollen Old Trafford, stand es erneut 2:0 für die Gäste aus Madrid. Zeit für Dr. P. Schneeberger, dem englischen Kollegen Trost zu spenden: „Meinem Freund Alf Clarke von der ›Manchester United-Chronicle‹ standen beim gemeinsamen Halbzeit-Tee die Tränen in den Augen. ›What a shame, what a shame‹, schüttelte er nach den ersten 45 Minuten den Kopf.“ Immerhin: Durch Tore von Taylor und einem 19-jährigen Debütanten namens Bobby Charlton, bewahrte sich United vor der ganz großen Schande. Niemand wollte anschließend bestreiten, dass die bessere Mannschaft dieses Halbfinale gewonnen hatte. Raymond Kopa, Mateos, Rial, Gento und allen voran der große Alfredo di Stefano (Dr. P. Schneeberger: „Der größte Fußballer, den ich je erlebt habe!“) zeigten den „Busby Babes“ um Manchester-Trainer Matt Busby die Grenzen auf. Im Finale musste dann der AC Florenz dran glauben (2:0). Das erste Duell zwischen Real und United war für Jahre auch zunächst das letzte – knapp ein Jahr nach den Halbfinalspielen beendete das „Munich Air Disaster“ auf tragische Weise die weitere Entwicklung der gefeierten „Babes“.
1967/68, Europapokal der Landesmeister, Halbfinale
Hinspiel, 24. April 1968, Manchester United – Real Madrid 1:0
Rückspiel, 15. Mai 1968, Real Madrid – Manchester United 3:3
„Before the fame, way before things changed, all i wanted to do was freestyle and get a name“, singt Wyclef Jean in „Low Income“ und hätte damit sicherlich auch den jungen George Best beschreiben können. Vor dem Alkohol, vor den Frauen, vor den schnellen Autos, war „Bestie“ nämlich der heißeste Scheiß in Fußball-Europa. Wie an diesem 24. April 1968 im Halbfinal-Hinspiel gegen den Favoriten aus Madrid. Es war der junge Kerl mit den dünnen Beinchen, der das Spiel für die Engländer gewann, nach 36 Minuten schoss er das einzige Tor des Abends und veredelte seinen Auftritt selbst. Doch, oh Schreck, im Rückspiel sorgten mehr als 100.000 ekstatische Real-Fans im Bernabeu dafür, dass sich das tapfere Manchester United beinahe einnässte vor Respekt. Einzig Nobby Stiles ließ sich nicht einschüchtern, allerdings sorgten seine Reaktionen auf die furios aufspielende Madrilenen – Brutalo-Grätschen und ein versteckter Schlag in die Magengrube gegen Amancio – nur für noch mehr Lautstärke von den Rängen. David Sadler, damals für United auf dem Rasen, erinnerte sich später für die „Daily Mail“: „Dass es nur 3:1 zur Pause stand, war eigentlich ein Witz. Wir hätten locker fünf Stück kassieren müssen, und unser einziges Tor – ein Eigentor – überraschte uns mehr als den Gegner.“ Es folgte: gelebter Europapokal-Wahnsinn. Statt seine Spieler zusammenzufalten (Sadler: „Wenn er wollte, konnte er uns die Ohren zu Brei schreien“), blieb Trainer Matt Busby ganz ruhig, das entspannte Schweigen beruhigte die verdatterten Fußballer. Letzte Worte kurz vor dem Wiederanpfiff: „Männer, das war eben nicht Manchester United da draußen. Wenn wir jetzt rausgehen, will ich eure Köpfe oben sehen!“ Und siehe da, der Zauber wirkte. Sadler und Abwehrmann Billy Foulkes – neben Bobby Charlton der einzige Spieler, der schon 1957 mit auf dem Platz gestanden hatte – sorgten für den Ausgleich und den Einzug ins Finale gegen Benfica Lissabon. Zehn Jahre nach dem tragischen Ende der „Busby Babes“ feierte Manchester United mit einem 4:1‑Sieg nach Verlängerung den größten Erfolg seiner Vereinsgeschichte.
1999/2000, Champions League, Viertelfinale
Hinspiel, 4. April 2000, Real Madrid – Manchester United 0:0
Rückspiel, 19. April 2000, Manchester United – Real Madrid 2:3
Armer Henning Berg. Der kantige Norweger wird auf ewig einen Platz in der Geschichte des Fußballs innehaben. Allerdings nicht als strahlender Held, sondern vielmehr als Opfer des vielleicht schönsten Dribblings in der Champions-League-Historie. 19. April 2000. Das Viertelfinal-Hinspiel zwischen Real Madrid und Manchester United war torlos beendet worden, im heimischen Old Trafford war deshalb der amtierende Champions-League-Sieger aus Manchester Favorit. Es folgte die spektakulärste Stunde der jüngeren Real-Madrid-Geschichte. Roy Keane per Eigentor (20.) und zweimal Raul (50. und 53.) besiegelten Reals Triumph. Vor allem das 3:0 durch Raul war eine Sensation: Auf der linken Seite bekam Madrids Redondo den Ball und lieferte sich ein Laufduell mit Henning Berg. Wenige Meter vor der Torauslinie spitzelte Redondo den Ball mit der Hacke an Berg vorbei, erreichte seine eigene Vorlage noch gerade so und spielte den mitgelaufenen Raul frei – Tor. Ein Geniestreich, der selbst einen erfahrenen Mann wie Alex Ferguson aus der Fassung brachte. „Was hat dieser Mann in den Schuhen?“, fragte er anschließend verdattert die Presse, „Einen Magneten?“ Real gewann mit 3:2, schaltete im Halbfinale den FC Bayern aus und geann auch das Finale gegen den FC Valencia mit 3:0. Redondo wurde anschließend zum besten Spieler der Champions-League-Saison 1999/2000 gewählt.
2002/03, Champions League, Viertelfinale
Hinspiel, 8. April 2003, Real Madrid – Manchester United 3:1
Rückspiel, 23. April 2003, Manchester United – Real Madrid 4:3
Lassen wir doch einfach zwei waschechte Experten zu Wort kommen. Ihre Meinungen zum 4:3 im Viertelfinal-Rückspiel, Alex Ferguson und Vicente del Bosque? „Ein fantastisches Spiel mit fantastischem Tempo zweier fantastischer Mannschaften vor einem fantastischem Publikum!“ (Real-Trainer del Bosque). „Unglaublich, dieses Spiel! Es war eine Nacht für den Fußball. Meine Mannschaft hat Tolles geleistet, aber Ronaldo war nicht zu bändigen.“ (United-Trainer Ferguson) In der Tat, das 4:3 im Rückspiel dürfte es locker unter die Top 5 der spektakulärsten Champions-League-Spiele der Geschichte schaffen. So viel Klasse, so viel Rasse, so viel Tempo und so viel Ronaldo hatten selbst die erfolgsverwöhnten Fans aus Madrid und Manchester selten gesehen. Drei Tore des Brasilianers machten noch den letzten Hinterwäldlern deutlich, warum man dem Mann mit den Hasenzähnen „das Phänomen“ rief. Als Ronaldo nach gut einer Stunde ausgewechselt wurde, stand das komplette Stadion und spendete Beifall. Manchester schied aus, Real scheiterte im Halbfinale an Juventus Turin. Die Champions League sicherte sich der AC Mailand.