Pal Dardai verlässt Hertha BSC nach 25 Jahren als Spieler und Trainer. Wir blicken zurück auf besondere Momente, gemeingefährliche Grätschen – und natürlich auch auf die schönsten Lachanfälle der ungarischen Stimmungskanone.
Am 01.01.1997 verpflichtet Hertha BSC, damals Zweitligist auf Aufstiegskurs, einen jungen ungarischen Mittelfeldspieler namens Pál Dárdai. Was sie in Berlin damals nicht ahnen: Dárdai kommt mit Pony!
Im Sommer 1997 steigt Hertha in die 1. Bundesliga auf, Dárdai mausert sich nach leichten Anlaufschwierigkeiten zum Stammspieler. Er überzeugt mit seiner Lauf- und Zweikampfstärke sogar die Bayern-Verantwortlichen, das Wechsel-Angebot des Rekordmeisters schlägt er allerdings aus. Vielleicht auch, weil Hertha rund um die Jahrtausendwende deutlich erfolgreicher ist als aktuell.
Und jetzt Halle! Dárdai mit perfekter Schusshaltung, Igor Pamic und Toni Micevski können nur staunen.
Tunnelte zur Not auch ohne Ball: Pál Dárdai.
Anfang der 2000er grätschte sich Dárdai quer durch die Bundesliga. Beweisstück A.
Beweisstück B. Beziehungsweise: ein absolutes Sa-No-Go!
Beweisstück C.
Beweisstück D. Oder wie Dárdai-Kumpel und Malermeister Zecke das Bild getauft hätte: Besser spät als Knie!
Auch alte Teamkollegen waren vor den Attacken des Sechsers nicht sicher. Beweisstück E.
In der Saison 1998/1999 wird Hertha Dritter und qualifiziert sich für die Champions League. Dort geht es unter anderem gegen den großen FC Barcelona. Für Dárdai selbst ändert sich nicht viel (siehe Beweisstück F).
Ungar Games: Die Tribute von Pál.
Ein international gefürchteter und bewunderter Mittelfeld-Beißer von einem Champions-League-Team. Und Gennaro Gattuso.
Ein Weltklasse-Antreiber, der später auch als Trainer begeistern wird. Und Didier Deschamps.
Insgesamt bestreitet Dárdai für Hertha 372 Pflichtspiele, 285 davon allein in der Bundesliga – Berliner Rekord. Schon als Spieler erreichte er so Legendenstatus in der Hauptstadt.
Immerhin 21 Tore schießt er in seinen fast 15 Jahren als Hertha-Profi. Am dollsten überrascht von den Treffern ist er in der Regel selbst.
Keiner freutwundert sich so schön über Tore wie Pál Dárdai.
Überhaupt ist Dárdai sehr oft sehr gut gelaunt. Mal freut er sich über einen Billy-Reina-Kopfball…
Mal über eine Abreibung für Kumpel Zecke Neuendorf…
Und mal über einen gelungenen Scherz. Hier das Exklusiv-Transkript der Szene.
Dárdai: „Rate, wer im Jahr 2021, nachdem der Verein für fast 200 Millionen Euro neue Spieler eingekauft hat, unser Rechtsverteidiger sein wird?“
Zecke: „Keine Ahnung“
Dárdai: „Peter Pekarik“
Zecke: „Hör mir auf!“
Mal Stimmungs‑, mal Gulaschkanone. Dárdai kennt sich mit beiden Themen bestens aus.
Würde bei Dárdai (Stichwort Gulasch) so heute nicht mehr funktionieren: das kontaktlose Fahnenstangen-Umkurven.
2012 ist Schluss als Fußballer, Dárdai hängt die Schuhe an den Nagel. Der Ungar legt sich allerdings nicht auf die faule Haut, sondern macht nahtlos als U17-Co-Trainer weiter.
2015, Dárdai hat inzwischen auch interimsweise die ungarische Nationalmannschaft betreut, befördert Michael Preetz seinen alten Mitspieler zum Cheftrainer der Hertha. Seine Aufgabe: der Klassenerhalt. Die Aufgabe der Journalisten, wenn Dárdai sie so anschaut: wegrennen. Ganz schnell wegrennen.
Dárdai erledigt seine Aufgabe bravourös. Und führt die damals äußerst klamme Hertha in den folgenden Jahren gleich zweimal und einigermaßen überraschend in den Europapokal (2016 scheitert Hertha allerdings in der Europa-League-Quali). Insgesamt sind es gemütliche und im Vergleich zu heute erfolgreiche Jahre im Berliner Westen.
Bis zum Sommer 2019 bleibt Dárdai im Amt. Dann will der Verein den nächsten Schritt gehen – und Michael Preetz entzieht dem Ungar sein Vertrauen.
Der Hertha bleibt Dárdai auch nach seiner Entmachtung treu. Auf dem Platz und am Spielfeldrand. Ein Novum im Profifußball: Der ehemalige Cheftrainer der Bundesliga-Mannschaft rückt wieder zurück ins zweite Glied, arbeitet wieder im Jugendbereich.
Allerdings nicht lange. Im Januar 2021, als Hertha nach diversen Skandälchen und Schlammschlachten und Misserfolgen endgültig im Chaos zu versinken droht, wird Dárdai wieder zum Cheftrainer befördert. Wie schon 2015 soll er eine völlig verunsicherte Mannschaft stabilisieren und zum Klassenerhalt führen.
Kein Problem für den Trainerfuchs! Nebenbei ist sogar noch Zeit, mit Mark van Bommel über die witzigsten Schiedsrichter-Beleidigungen zu sprechen.
Unvergessen: Die Nicht-Abstiegs-Zigarre in der Sportstudio-Liveschalte.
Im Sommer 2021 übernimmt Dárdais alter Mitspieler Fredi Bobic als Geschäftsführer Sport bei Hertha. Doch im Gegensatz zu früher ist das Verhältnis der beiden angespannt.
Im Herbst wirft Bobic Dárdai raus. Ein Schritt, den bei Hertha vor allem viele Fans nicht nachvollziehen können. Zumal es sportlich erst danach drunter und drüber geht. Wenige Monate später einigen sich die beiden Parteien auf eine Vertragsauflösung. Ab Juli 2022 wird Pál Dárdai also – anders als in den 25 Jahren zuvor – kein Hertha-Angestellter mehr sein.
Unsere absolute Lieblingsinformation über Pál Dárdai: Pál Dárdai ist der Sohn von Pál Dárdai!
Unser absolutes Lieblingszitat von Pál Dárdai: „Hertha ist mein Club, weil ich hab’ hier gelandet!“
Nicht traurig sein, die Dárdai-Ära ist bei Hertha trotzdem noch lange nicht vorbei. Denn selbst wenn Sohn Márton im Sommer den Verein ebenfalls verlassen sollte…
… gibt es ja noch den 16-jährigen Bence Dárdai! Der aktuell in der B‑Jugend-Bundesliga auf sich aufmerksam macht. Und wer weiß, wenn Hertha im Frühjahr 2023 mal wieder in akuter Abstiegsgefahr schwebt, dann dürfte es auch im Profibereich ziemlich sicher heißen: Better call Pál!