Wenn der DFB in diesen Tagen das 50-jährige Jubiläum des deutschen Frauenfußballs feiert, entbehrt das nicht einer gewissen Ironie. War es doch gerade der Verband, der verhindert hat, dass dessen offizielle Geschichte bereits früher beginnt. Wir stellen drei Pionierinnen vor, die schon vor 1970 den Kampf gegen Windmühlen aufnahmen.
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Sie wollten nur spielen, auf der Seehofwiese in Sachsenhausen – die Frauen vom „1. Deutschen Damen-Fußball-Club“. Doch das kam überhaupt nicht gut an, Passanten motzten oder schmissen gar Steine nach den Spielerinnen.
Lotte Specht war gerade 19 Jahre alt, als sie 1930 diesen Pionierverein für den deutschen Frauenfußball gründete. Mit einem Aufruf in den „Frankfurter Nachrichten“ hatte sie nach Mitstreiterinnen fürs gemeinsame Bolzen gesucht. Nachher sagte sie über die Pionierjahre: „Wir waren keine Revoluzzerinnen, sondern hatten einfach Spaß am Fußball.“
Viele allerdings sahen das anders und betrachteten die Frauen als Unruhestifterinnen. „Sie haben uns veräppelt und haben uns Suffragetten genannt und schwule Weiber.“ Schon nach anderthalb Jahren löste sich der Klub wieder auf. Zu groß war der Druck im vom aufkommenden Nationalsozialismus geprägten gesellschaftlichen Klima. In der Metzgerei von Vater Specht echauffierten sich wütende Kunden über das unziemliche Verhalten der Tochter.
Doch Lotte Specht blieb umtriebig, ging auf die Schauspielschule, schrieb ein Buch und trat als Alleinunterhalterin auf. 2002 starb sie in Frankfurt, seit 2017 wird für besondere Leistungen im Frauen- und Mädchenfußball der Lotte-Specht-Preis verliehen.
Gekickt hatte sie schon zuhause mit den Jungs auf der Straße in Dortmund-Hörde – und war dabei – Qualität vor Geschlecht – meist eine der ersten, die gewählt wurden. Leider hatte Christa Kleinhans sich eine schlechte Zeit ausgesucht, um ihre (vom 1954er WM-Triumph der deutschen Männer noch befeuerte Passion) offiziell auszuleben, denn dem DFB war die Sache mit der vielerorts aufkommenden weiblichen Fußballleidenschaft so sehr zuwider, dass er Frauenfußball unter seinem Dach kurzerhand untersagte.
Was blieb, war die Flucht in die Quasi-Illegalität. Guerillaklubs und Guerillaverbände. Der Verein, dem sich die begnadete Knipserin Kleinhans anschloss, hieß Fortuna Dortmund, und das Leben als fußballspielende Frau war nicht leicht. „Ständig wurde ich mit meinen Kolleginnen von den Trainingsplätzen vertrieben“, erinnerte sie sich später, „und wir mussten auf irgendwelche Wiesen oder in größere Privatgärten ausweichen, wo wir vorher noch die Maulwurfshügel plattmachen mussten.“ Oder es wurden heimlich Plätze okkupiert, wo dann am Abend die Partner der Spielerinnen mit ihren Autoscheinwerfern die Szenerie ausleuchteten.
Den Lauf der Dinge konnten aber auch Verbote und Drohungen nicht aufhalten, und so gab es bald eine erste inoffizielle deutsche Nationalmannschaft. Bei deren zweitem Spiel im März 1957 gegen eine Auswahl aus Holland war auch Christa Kleinhans erstmals dabei. Mehr als 15.000 Zuschauer waren ins Münchner Dantestadion gekommen und als vor dem Anpfiff die Hymne gespielt wurde, da fühlte es sich für die Stürmerin aus Dortmund an, als sei ein Traum wahrgeworden.