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Am ver­gan­genen Mitt­woch­abend, um etwa 23:00 Uhr, ist Ahmed Hus­sein-Suale auf dem Heimweg. Alleine fährt er in seinem BMW durch Madina, einem Vorort von Accra, der Haupt­stadt Ghanas. Nicht weit von seinem Zuhause ent­fernt, in der Nähe einer katho­li­schen Kirche, fahren zwei Unbe­kannte auf einem Motorrad die Straße ent­lang. Dann stoppen sie neben seinem Auto und schießen dreimal. Wenig später ist Hus­sein-Suale tot. Am Freitag wurde Ahmed Hus­sein-Suale beer­digt, mit 34 Jahren. Die Gescheh­nisse lassen sich aus den bis­he­rigen Aus­sagen der Polizei, Zeugen, und des Anwalts Kissi Agy­e­beng rekon­stru­ieren.

Der arbei­tetet für die Tiger Eye Pri­vate Inves­ti­ga­tions“, eine pri­vate Ermitt­lungs­firma, zu der auch Hus­sein-Suale gehörte. Sie seien durch die heim­tü­cki­sche Tat furchtbar am Boden zer­stört“, heißt es in einer Pres­se­mel­dung. Den­noch wollen sie uner­schüt­tert“ wei­ter­ma­chen. Diese Gruppe, die es sich zur ulti­ma­tiven Mis­sion“ gemacht hat, Wahr­heiten auf­zu­de­cken, wird von Anas Are­meyaw Anas, einem der bekann­testen Jour­na­listen Afrikas, ange­führt. In der Öffent­lich­keit ver­steckt Anas sein Gesicht hinter einem Per­len­schleier, auf dem Kopf trägt er ent­weder Fischerhut oder Kapuze. Zusammen mit Hus­sein-Suale deckte er im ver­gan­genen Jahr einen Kor­rup­ti­ons­skandal im west­afri­ka­ni­schen Fuß­ball auf.

Sturz des Ver­bands­prä­si­denten

Unter fal­scher Iden­tität besta­chen sie Schieds­richter und Offi­zi­elle. Die Jour­na­listen saßen in Hotel­zim­mern, ver­teilten Dollar in weißen Umschlägen und machten heim­lich Video­auf­nahmen. Einer, der das Geld ein­steckte, war Marwa Range, ein kenia­ni­scher FIFA-Schieds­richter, der zur WM nach Russ­land sollte. Danke für dass Geschenk, aber das wich­tigste ist unsere Freund­schaft“, sagte Range, als er das Geld eines Mannes annahm, den er zuvor nie gesehen hatte. Die FIFA sperrte ihn für die Welt­meis­ter­schaft. Ins­ge­samt wurden etwa 50 Schieds- und Lini­en­richter sus­pen­diert, sieben von ihnen lebens­lang, alle wegen Kor­rup­ti­ons­ver­dachts. Es waren klei­nere Beträge, die den Schieds­rich­tern die Kar­rieren kos­tete, meist drei­stellig.

Dann wurde Kwesi Nyan­takyi, der Prä­si­dent des Gha­nai­schen Fuß­ball­ver­bandes GFA, Mit­glied des FIFA Coun­cils und zweit­wich­tigster Mann im afri­ka­ni­schen Fuß­ball, von den Jour­na­listen ent­larvt. Auch er saß in einem Hotel­zimmer, irgendwo im Nahen Osten, traf sich dort mit Inves­toren, die in Wirk­lich­keit keine waren. Shop­ping for now“, sagten die ver­deckten Jour­na­listen, als sie die Geld­bündel sta­pelten. Thank you very much“, sagte Nyan­takyi, als er 65.000 Dollar in einen schwarzen, glän­zenden Plas­tik­beutel stopfte. Die Doku­men­ta­tion Number 12“, die bei der BBC unter Betraying the Game“ lief, machte die Auf­nahmen publik.

Die Gha­nai­sche Regie­rung reagierte, löste den Ver­band auf, sus­pen­dierte Offi­zi­elle und über­trug Ex-Profi Abédi Pelé samt Gre­mium die Ver­ant­wor­tung für die Orga­ni­sa­tion des Spiel­be­triebs. Auch Nyan­takyi, der Prä­si­dent, musste gehen, wurde erst sus­pen­diert, dann lebens­lang gesperrt. Seine Strafe liegt bei 438.000 Euro, ange­setzt von der FIFA. Und das alles durch die Recher­chen von Anas, seinem Team und Hus­sein-Suale. 

Nach dessen Tod pos­tete Anas zwei Sätze auf Twitter: Trau­rige Neu­ig­keiten, aber wir werden uns nicht zum Schweigen bringen lassen. Ruhe in Frieden.“ Über dem Text: Ein Video, das Ken­nedy Agya­pong zeigt, einen Abge­ord­neter des gha­nai­schen Par­la­ments. Es ist eine Fern­seh­auf­nahme, man sieht den kahl­köp­figen Mann mit weiß­li­chem Bart, er ist aggressiv in Ton und Gestik. Wenn ihr ihn seht, brecht ihm die Ohren“, sagt er mit lauter Stimme. Fotos werden ein­ge­blendet, sie zeigen Ahmed Hus­sein-Suale. Ahmed, das ist er“, sagt der Mann, und weiter: Wenn er hierher kommt, schlagt ihn.“ Agya­pong, der Par­la­men­ta­rier, ruft im Fern­sehen zum Angriff auf einen Jour­na­listen auf. Er nennt selbst die Stadt, in der Hus­sein-Suale lebt.

Nach dem Tod von Hus­sein-Suale ist Agya­pong, der Mit­glied der regie­renden New Patriotic Party ist, ins Blick­feld gerückt. Eine direkte Ver­bin­dung zu dem Mord ist eine Mut­ma­ßung, er ver­neint sie. Dieser Junge ist für mein Leben irrele­vant“, sagte er dem Radio­sender Neat FM“. Er hat mich sowieso nicht belei­digt. Sie sollten nach denen suchen, die hinter dieser abscheu­li­chen Tat stehen. Das ist nur bil­lige Pro­pa­ganda.“ Agya­pong ver­sucht den Ver­dacht auf Anas zu lenken, dieser habe das Video nur zur Ablen­kung der Polizei gepostet, er sei daher ein Haupt­ver­däch­tiger. Noch vor wenigen Monaten hatte der Abge­ord­nete Agya­pong den Jour­na­listen Anas verbal bedroht. Man solle Anas hängen, sagte er damals.

Nachdem Agya­pong Hus­sein-Suale im Fern­sehen ent­tarnt hatte, ging dieser zur Polizei, fürch­tete um sein Leben. Aber Kon­se­quenzen blieben aus. Seitdem mein Bild ver­öf­fent­licht wurde und [die] Öffent­lich­keit gegen mich auf­ge­hetzt wurde, […] haben viele Leute ver­sucht, [mich] anzu­greifen“, sagte er über WhatsApp dem Com­mittee to Pro­tect Jour­na­lists (CPJ), einer Non­profit-Orga­ni­sa­tion. Diese Kri­mi­nellen sind Men­schen, […] die mit Mächten in Ghana in Ver­bin­dung stehen und alles können und damit davon­kommen.“

Ghana, ein Mus­ter­staat der Pres­se­frei­heit

Das CPJ ver­langt eine umfas­sende Unter­su­chung zur Tat, genauso wie die UN, wie Ghanas Prä­si­dent Akufo-Addo, und wie Reporter ohne Grenzen. Das ist Ghana nicht würdig, weil es ein Land ist, in dem wir übli­cher­weise nicht solche Pro­bleme erleben“, sagt Arnaud Froger, Leiter des Afrika Desks von Reporter ohne Grenzen in Paris. Ghana ist Afrikas Mus­ter­staat, was die Pres­se­frei­heit angeht. Eigent­lich. Das Land belegt Platz 23 in der Rang­liste der Pres­se­frei­heit, den besten Platz eines afri­ka­ni­schen Landes. Seit 1992 hat das CPJ nur einen wei­teren Mord an einem Jour­na­listen ver­zeichnet.

Wenn ein poli­ti­scher Amts­träger solche Dinge im Live-TV sagen kann und nichts pas­siert, gibt das eine Lizenz zum Töten“, sagt Froger, und: Die Bedro­hungen waren ernst, sie kamen von einem Par­la­ments­ab­ge­ord­neten, von der Regie­rungs­partei – und nichts pas­sierte.“ Das ist es, wofür er die Ver­ant­wort­li­chen maß­geb­lich kri­ti­siert, weil sie trotz der Warn­zei­chen, die es gab, nicht reagierten und einen Poli­tiker mit seinen Dro­hungen gewähren ließen. Dafür wurde nun eine Unter­su­chung ein­ge­leitet, die Polizei hat bereits eine Ein­heit gebildet, Agya­pong schon kon­tak­tiert, aber die Täter sind noch frei. Auch Anas mel­dete sich in einem Video der BBC zu Wort. Ver­steckt hinter dem Per­len­schleier sagt er: Dieser ganze Kampf ist gegen den Jour­na­lismus – nicht gegen Per­sön­lich­keiten oder Orga­ni­sa­tionen.“