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Seite 3: „Plötzlich stehen drei Barca-Spieler: Rexach, Asensi und Migueli“

Können Sie sich diese Hal­tung erklären?
Ich glaube, mein Jugend­trainer Ludwig Paula war Schuld daran. Mein Vater ist nach den Spielen mit dem SV Ham­mer­schmiede Augs­burg gern in die Kneipe gegangen und hat es kra­chen lassen. Aber der Paula hat mein Talent erkannt und sehr darauf geachtet, dass ich nicht mit anderen Jugend­li­chen durch die Gegend schleu­dere. In unserer Augs­burger Dis­ko­thek hat der sogar mit beim Besitzer ein Haus­verbot für mich erwirkt.

Wie das denn?
Ich war dort mit Freunden Bil­lard spielen, habe mein Spezi getrunken und wollte anschlie­ßend nach Hause und wie jeden Samstag Sport-Studio“ gucken. Aber kaum hatte ich den Queue ange­setzt, merke ich, dass hinter mir einer das Ding fest­hält. Als ich mich umdrehte, stand da der Besitzer und sagte: Sorry, Bernd, aber Du musst raus. Der Paula hat’s ange­ordnet!“ Der war eine Vater­figur für mich, der hat sogar den Ver­trag beim FC ver­han­delt.

Selbst nach dem EM-Titel konnten Sie nicht los­lassen, obwohl Sie nach der langen Saison end­lich Urlaub hatten?
Nach dem Finale flog ich das erste Mal in meinem Leben in den Urlaub: nach Mar­bella. Meine Frau hatte dort einen Bekannten, dem das Hotel Puente Romano“ gehörte, wo Björn Borg seine Hoch­zeit mit der Ten­nis­spie­lerin Mariana Simio­nescu fei­erte. Da waren wir ein­ge­laden, tolle Sache. Und wissen Sie, was pas­siert, als ich da am Pool liege?

Nein.
Plötz­lich stehen drei Spieler vom FC Bar­ce­lona neben mir: Charly“ Rexach, Asensi und Migueli.

Die zen­trale Achse bei Barça in jenen Jahren.
Die machten dort auch Urlaub und wollten mir nach­träg­lich zum Titel gra­tu­lieren – und nur drei Monate später waren wir Team­kol­legen.

Weil Sie sich in Köln mit dem neuen Trainer Karl-Heinz Hed­der­gott über­warfen, der Ihrer Mei­nung nach keine Ahnung von Fuß­ball hatte. Sie nannten ihn: Du Fla­sche.“
Ama­teur“ oder sowas. Aber es war ja auch Wahn­sinn, so einen Coach nach Hennes Weis­weiler zu holen.

Das Zusam­men­treffen mit den drei Barça‑Spieler war also ein Zei­chen.
Fast wie Vor­se­hung. Sowas ist mir öfter im Leben pas­siert. Als ich gerade beim FC Profi wurde, habe ich bei­spiels­weise geträumt, wie ich einen Pokal in den Nacht­himmel stemme. Hin­terher wusste ich: Das war die Pro­phe­zeiung unseres Titel­ge­winns bei der EM.

Die Natio­nalelf war meine große Liebe“

Wer Sie reden hört, würde meinen, dass Sie sich im Kreise der Natio­nalelf sehr wohl gefühlt haben.
1980 hatten wir einen sehr engen Zusam­men­halt im Team – was auch daran lag, dass uns nie­mand etwas zutraute. Eine gute Mischung von guten Jungs. Als ich nach Spa­nien ging, wurde die Natio­nalelf sogar ein Stück Heimat für mich. Denn in Kata­lo­nien hatte ich anfangs furcht­bares Heimweh und war froh, wenn ich zum DFB kam. Aber je länger ich weg aus Deutsch­land war, desto größer wurde die Distanz.

Im Mai 1981 wurden Sie nach einem Freund­schafts­spiel gegen Bra­si­lien vom DFB sus­pen­diert. 
Die Natio­nalelf war meine große Liebe, aber da habe ich mich vom DFB sehr miss­achtet gefühlt.

Wie meinen Sie das?
Der FC Bar­ce­lona wollte mich für das Spiel nicht frei­geben, weil wir tags drauf in der Copa del Rey gegen Rayo Valle­cano antreten mussten. Also bin ich auf eigene Faust zum Län­der­spiel nach Stutt­gart geflogen, um wenigs­tens eine Halb­zeit gegen Stars wie Socrates, Cerezo und Zico zu spielen.

Nach dem Spiel gab Hansi Müller bei sich in Feu­er­bach eine Kel­ler­party, zu der das Team ein­ge­laden war.
Sie können sich vor­stellen, dass es ziem­li­cher Stress für mich war, auch weil spa­ni­sche Jour­na­listen mir auf den Fersen waren. Dann fuhr der Mann­schaftsbus aber nach Spie­lende direkt zu Hansi nach Hause, was mich ziem­lich schockte. Also sagte ich vor der Woh­nungstür zu Toni (Schu­ma­cher, d.Red.): Sei mir nicht böse, ich kann da nicht mit. Sag dem Trainer, dass ich ins Bett muss.“ Und bin mit dem Taxi ins Hotel. Aber was dann vor­ge­fallen ist, war der Wahn­sinn.

Später sagten Sie, dass wohl auch der Alkohol eine Rolle gespielt habe.
Auf der Feier haben wohl einige Spieler auf den Trainer ein­ge­redet. Jeden­falls rief Der­wall in den frühen Mor­gen­stunden bei mir auf dem Zimmer an. Meine Frau hob ab und teilte ihr mit, dass ich zum WM-Quali-Spiel gegen Finn­land fünf Tage später gar nicht mehr anreisen müsse.

Ein Raus­schmiss per Telefon. 
Es hat ihn wohl gekränkt, dass ich ihm nicht per­sön­lich gesagt hatte, was bei mir anliegt. Den­noch hat mich seine Reak­tion schwer ent­täuscht. Ich hatte doch alles getan, um mich in den Dienst der Mann­schaft zu stellen. Warum hat er mir nicht den Rücken gestärkt?

Paul Breitner war beim Test­spiel gegen Bra­si­lien in die Natio­nalelf zurück­ge­kehrt. Rum­me­nigge bil­dete beim FC Bayern mit ihm ein kon­ge­niales Duo. Schon nach dem EM-Erfolg 1980 sagte er zur Situa­tion in der Natio­nalelf: Paul fehlt mir schon.“
Ich glaube, Paul und ich hätten sehr gut har­mo­nieren können. Gute Fuß­baller ver­stehen sich – wenn nicht abseits des Rasens, dann zumin­dest beim Spielen. Aber Paul war einer, der gern den Ton angab. Als er zur Natio­nalelf zurückkam, rief er Felix (Magath), Hansi und mich zusammen und erklärte uns mit Streich­höl­zern, wie wir spielen sollten. Das kam nicht nur bei mir komisch an, das ging auch den anderen so.

Wegen des Eklats in Stutt­gart ver­passten Sie die WM in Spa­nien, kehrten aber im Herbst 1982 nochmal in die Natio­nalelf zurück.
Doch das Ver­hältnis hatte sich ver­än­dert. Es gab dann wieder Ärger, als ich ein Län­der­spiel absagte, weil mein Sohn auf die Welt kam. Heute ist es völlig normal, aber damals fehlte den DFB-Leuten jeg­li­ches Ver­ständnis. Ich glaube, mein Pech war, dass ich zu früh dran war. In der Ära Becken­bauer wäre ich besser zurecht­ge­kommen.