Dumm gelaufen: Noch vor Ende der Partie trat Trainer Nestor Rolando Clausen in Bolivien wütend zurück – und verpasste anschließend eine bemerkenswerte Aufholjagd seiner Kicker.
Irgendwie war schon die ganze Saison daneben. Und es sollte nicht besser werden für Trainer Nestor Rolando Clausen (55). In der richtungweisenden Partie am achten Spieltag der bolivianischen Liga zwischen den Tabellennachbarn Oriente Petrolero und den „Destroyers“ – beide aus Santa Cruz – strampelten sich die von Clausen betreuten Gastgeber von Oriente ab, doch nach Toren von Angel Cuellar und Jefferson da Silva lagen die „Zerstörer“ mit 2:1 vorne. Auch der Platzverweis gegen Gäste-Kicker Arnaldo Andres Vera sollte den Spielverlauf nicht wirklich für die Hausherren beeinflussen. Im Gegenteil: In der 74. Minute traf Jefferson da Silva zum zweiten Mal für die „Destroyers“, zum 3:1, die Lage schien aussichtslos.
Nun warf der argentinische Coach der Gastgeber das Handtuch, stampfte noch während des Spiels wütend von dannen, nicht aber ohne sich vorher höflich korrekt von seinem verdutzten Trainerstab per Handschlag zu verabschieden. Clausen drehte dem Spielfeld den Rücken zu, marschierte in Minute 77. zum Ausgang und war nie mehr gesehen. Bilder des bolivianischen Fernsehens zeigen den Moment wie der argentinische Weltmeister von 1986 und Weltpokalsieger von 1984 mit CA Independiente die Hände seiner Mitarbeiter schüttelt. So viel Anstand muss sein.
Er sagte nur „Auf Wiedersehen“
Doch Clausen hatte die Rechnung ohne seine Kicker gemacht. Kaum war der Argentinier außerhalb der Sichtweite des Stadions „Ramon Aguilera Costas“, startete seine Ex-Mannschaft eine bemerkenswerte Aufholjagd. Vier Minuten nach dem Rücktritt traf erst Jorge Rodrigo Paredes zum 2:3 (78.), dann egalisierte in der 85. Minute Jose Meza per Elfmeter den Spielstand sogar zum 3:3. Die Suche nach dem verschollenen Trainer endete in der Zwischenzeit ergebnislos. Clausen war nicht mehr aufzutreiben. Vielleicht weil er ahnte, dass das noch nicht das Ende des spektakulären Spiels gewesen war. Victor Abrego brachte nämlich die „Destroyer“ in der letzten Minute nochmals mit 4:3 in Führung, doch wieder hatten das trainerlose Oriente eine Antwort. Noch in der gleichen Spielminute gelang durch Jose Meza der erneute 4:4‑Ausgleich. So hatte Trainer Clausen in den letzten zwölf Minuten der Partie drei Treffer seiner verlassenen Schützlinge verpasst.
Eigentlich war Clausen gekommen, um die Erdölmannschaft zu einem Spitzenteam zu formen. Zum zweiten Mal in seiner Trainerkarriere, bereits von 2002 bis 2003 hatte er das Team trainiert. Doch die Mannschaft krebste nach den vorangegangenen sieben Spieltagen im Tabellenmittelfeld herum. Das war es wohl, was den spontanen Abgang des Trainers auslöste.
Laut Tageszeitung „La Nacion“ war es aber nicht das erste Mal, dass Clausen während eines Spiels seiner Mannschaft Adios sagte und seinen scheinbar angeborenen Fluchtreflex offenbarte. Vor über zehn Jahren gab es beim FC Sion in der Schweiz ein ähnliches Szenario, damals soll Clausen seiner überraschten Mannschaft in der Halbzeit eines Pokalspiels in La Chaux-de-Fonds „Auf Wiedersehen“ gesagt haben. Die Zeitung „20 Minuten“ berichtete: „In der zweiten Halbzeit blieb er regungslos auf der Bank, ehe er mit dem Auto seines Sohnes davonbrauste und im Wallis nicht mehr wieder auf den Platz zurückkehrte. Schuld daran war angeblich der allmächtige Präsident Constantin.“