Selbstanzeigen, TV-Boykott und Schweigeprotest – der 14. Spieltag hatte alles zu bieten, was man von einer englischen Woche verlangen kann. Zwar ohne „Fish and chips“ und Sonnenbrand, dafür aber mit Ihrer Majestät: der 11FREUNDE-„Elf des Spieltags“.
Lars Stindl
Der Hannoveraner hat sich selbst angezeigt. Dabei ging es allerdings nicht um Steuerbetrug, sondern um eine fünfte Gelbe Karte, die der Schiedsrichter im Spielberichtsbogen wohl vergessen hatte. So setzte Stindl im Spiel gegen Greuther Fürth freiwillig aus. Hut ab, Herr Stindl, so viel Selbstkasteiung erfährt man derzeit sonst nur von Martin Semmelrogge.
Wolf Werner
Aggressives Forechecking, Abblocken und enge Manndeckung – Fortunas Manager zeigt die taktischen Finessen und führte sie nach dem Spiel am lebenden Exempel vor. Seinen Spieler „Lumpi“ Lambertz rettete der Pate vor dem Bruch des Schweigegelübdes gegen den Bezahlsender „Sky“. Die „Omerta“ hält an.
Jiri Nemec
Was uns zum nächsten Schweigeprotest führt. Alle Fußballfans in Deutschland huldigen derzeit dem Mann, der in seiner ganzen Karriere kein Interview gegeben hat und sich so den Spitznamen „der Schweiger“ verdiente: Jiri Nemec. Dass die Fans allerdings nach zwölf Minuten und zwölf Sekunden ihr Schweigen brechen, kann dem Meister der Stille nicht gefallen. Sein Kommentar: „Ich bin müde.“ Bezeichnend.
Sami Hyypiä (und Sascha Lewandowski)
Bayer Leverkusen hat sich unter dem Trainergespann auf Platz zwei vorgearbeitet – und Scooter singt: „Hyypiä, Hyypiä.“ Der Werksclub, der sich „Vizekusen“ hat patentieren lassen, katapultiert sich wieder in die Vergangenheit. Bis einer weint – am letzten Spieltag in Unterhaching. „Maksuton“, ruft Hyypiä. Und wer will da schon widersprechen?
Ja-Cheol Koo
Ein Name wie Dynamit – und dann jagt der Augsburger noch trocken einen Ball aus mehreren Kilometer Entfernung in den Winkel. Was könnte der FCA mit diesem Typen Eindruck machen: Koo and the Gang, Koo Savas, „Die drei Tage des Koo-ndor“. Stattdessen ist das Ganze eher eine Melo-Komödien-Drama nach Till Schweiger: „Koo-Koo-Wäh“. Jetzt reicht es aber.
Tim Wiese
Auf Tim Wiese einzudreschen, ist einfach, oft unfair und passiert viel zu häufig. Deshalb hier ganz ironiefrei: Wenn es tatsächlich einen Gewinner bei den blutleeren Hoffenheimern geben sollte, dann ist das tatsächlich Wiese. Am vergangenen Wochenende noch von Trainer Babbel, nun von Manager Müller demontiert, konnte sich Wiese entspannt zurücklehnen und dabei zusehen, wie sein Konkurrent Koen Casteels ebenfalls die Hütte vollbekam. Das Problem der Kraichgauer Schießbude scheint also nicht auf der Position des Torwarts zu liegen. Müller sagte zum Torwartwechsel übrigens, das sei „eine blöde Situation“. Finden wir auch.
Christian Streich
„Es ischt alles in Ordnung, alles in Ordnung“, blökte Freiburgs Trainer in Richtung „Sky“-Reporter und warf dabei den Kopf hin und her wie ein hospitalisierendes Zootier. Ein klares Zeichen dafür, dass eben nicht alles in Ordnung ist. Was Streich dann doch noch irgendwie zugab. Kryptisch und mit wütend aufgerissenen Augen murmelte Streich, man wolle seinen SC Freiburg nicht in der Liga haben. Freiburg sei schließlich klein. Freiburg werde aber nicht absteigen, das wolle man ja mal sehen. Bunt blühten an diesem Abend die Verschwörungstheorien im Breisgau. Wer genau den SC Freiburg nicht mehr in der Liga haben will, verriet Streich aber leider nicht. Die CIA? Die Illuminaten? Uli Hoeneß? Wir können nur mutmaßen…
Hier gibt es übrigens mehr vom liebenswürdigen Trainer.
Frank Ribéry
Wahrscheinlich ist Bayerns französischem Edeltechniker ein Video mit den Highlights der Saison 94/95 in die Hände gefallen. Denn sein Solo-Versuch gegen die Hintermannschaft des SC Freiburg erinnerte doch stark an Jay-Jay Okochas Jahrhunderttor gegen Oliver Kahns KSC Mitte der Neunziger. Ein Haken, noch ein Haken, klar, noch ein Haken, gefolgt von einem weiteren Haken, dann wieder ein Haken nach innen, einer nach außen und, oh, Ball weg. Etwas für die Geschichtsbücher, wenn es klappt. Etwas für die Pannenvideo-Sendungen auf den niederen Fernsehsendern, wenn es nicht klappt.
Shawn Parker
So kann man natürlich auch sein Profidebüt feiern: Als absoluter No-Name stand Parker in der Mainzer Anfangsformation und durfte gegen den großen Nachbarn aus Frankfurt zeigen, was er kann. Dass das nicht eben wenig ist, war spätestens nach den ersten 45 Minuten klar. Das 1:0 vorbereitet, das 2:0 selber gemacht: Hallo, Parker mein Name, hier ist meine Visitenkarte. Mit einem Namen wie ein US-amerikanischer Rapper bringt er auch abseits des Fußballs eine neue Note in die Mainzer Coface(ehemals Bruchweg)-Boyband. Bleibt zu hoffen, dass das niemandem auffällt und der uncoolste Torjubel der Bundesligageschichte, der Boyband-Jubel an der Eckfahne, nicht neu aufgelegt wird. Bitte, bitte, bitte nicht, liebe Mainzer.
Gonzalo Castro
Wir leben ja in einer zu weiten Teilen aufgeklärten Gesellschaft und es ist schön, wenn sich Menschen nach jahrelangem Versteckspiel endlich so zeigen können, wie sie wirklich sind. So auch im Falle Gonzalo Castros. Jahrelang versteckte sich Castro auf der Rechtsverteidigerposition und spielte einen soliden, aber unauffälligen Ball, bis irgendwem in Leverkusen in dieser Saison aufging, dass Castro eigentlich Offensivspieler ist. Gegen Bremen netzte Castro so selbstverständlich ein, dass man den Eindruck hatte, er habe noch nie etwas anderes getan. Ein Stürmer, jahrelang gefangen im Körper eines Verteidigers: dramatisch! Umso schöner, dass Castro sich jetzt im Angriff so richtig auslebt.
Juan Arango
In der 11FREUNDE-Redaktion hat Juan Arango einen neuen Spitznamen: Juan „Mmmmhhhhh“ Arango. Weil „Mmmmhhhh“ Arango Tore schießt, die uns in den dunklen, kalten Tagen des Fußballs, an denen die Bayern herrisch die Liga dominieren, an denen man Spiele verfolgen muss wie Hoffenheim-Augsburg und einem der emotionale Nieselregen konstant in den Nacken weht, daran erinnern, warum wir diesen Sport so lieben. So geschehen wieder am gestrigen Abend, als „Mmmmhhhh“ einen 50-Meter-Pass von der Strafraumkante ins Eck jagte. Arangos Tore sind wie ein heißer Tee, eine warme Decke und ein paar herzliche Worte des Willkommens nach einer langen Reise durch eine kalte Winternacht. „Mmmmhhhhh“, möchte man sagen. „Mmmmmhhhhh“ Arango.