Wolfsburg ist ein komisches Fleckchen Erde. Die Stadt wirkt seltsam deplatziert, ein bisschen so, als hätte ein verwöhntes Riesenbaby einen Haufen angegraute Bauklötze in das ehemalige Zonengrenzgebiet fallen gelassen. Und dann ist da das Vereinsgeländes des VfL: Glitzerndes Stadion, Hightech an allen Ecken und Enden, umgeben von einem künstliche See. Auch irgendwie deplatziert.
Es mag Zufall sein, dass sich der neue Cheftrainer der Wölfe, Pierre Littbarski, hier ebenfalls etwas deplatziert inszeniert. Wo andernorts nach Entlassungen und entsprechenden Neueinstellungen demonstrativ auf gute Laune gemacht wird, drückt er auf die Bremse. Man ist geneigt zu sagen: gerade er, der lustige Litti, der ist doch für jeden Spaß zu haben. Doch das war einmal. Denn Litti möchte jetzt Herr Littbarski genannt werden (Autorität) und grummelt auf der Pressekonferenz ins Mikro wie Ernst Happel in seinen schlecht gelauntesten Tagen (Distanz schaffen). Das Gesicht in tiefe Falten gelegt, die Haare grau wie die Wolken am Wolfsburger Nachtmittagshimmel, lauscht Littbarski den Fragen der fünf anwesenden Journalisten (Euphorie?). Die sind samtweich („Welche Spieler sind verletzt?“) bis bissig („Die Amtssprache im Kader ist englisch. Wie wollen Sie da gesiezt werden“). Aber Littbarski lässt sich nicht aufs Glatteis locken. Er kennt das Geschäft, die Phrasen und auch die Regeln. „Es ist unangebracht über ein langfristige Engagement zu sprechen, vor uns liegt ein wichtiges Spiel.“ Littbarski ahnt, er ist nur eine Zwischenlösung. Für ein Spiel, fünf Spiele, die komplette Ruckründe? Das gibt wenig Anlass zur Euphorie.
Icke und Er –Littis Weg in die Ernsthaftigkeit »
Auch am Trainingsplatz herrscht keine Aufbruchstimmung. Ein paar Kiebitze diskutieren über Roy Präger als Dieter Hoeneß-Ersatz, ansonsten ist es das, was man erwartet: Schulkinder, Familien, Männer in Anzügen. Alle tragen artig ein Tütchen aus dem angrenzenden Fanshop an der Hand. Vereinstreue 2.0. Ob Litti der Richtige ist, weiß hier niemand. Seine Meinung will auch niemand kundtun. Schließlich muss man morgen wieder zur Arbeit. Könnte Ärger geben. Nur einer raunt unter seiner Filzmütze hervor: „Wenn wir zwei Spiele verlieren, wünsch ich mir den Hans Meyer. Der kann uns helfen.“
Hans Meyer in Wolfsburg. Auch eine schöne Vorstellung, wie Meyer mit seinem Retrieverrüden Aldo um den künstlichen See spaziert. Schön, aber auch irgendwie deplatziert.
Wie mies die Stimmung in Wolfsburg gerade ist, seht ihr im Video: