11 Freunde
Magazin für Fußballkultur
  • Aktuelles
  • Interviews
  • Reportagen
  • Humor
  • Videos
  • Fotostrecken
  • Liveticker
  • 3. Liga Präsentiert von Magenta sport
  • DFB Pokal Präsentiert von Volkswagen
  • 11FREUNDE Club
  • 11FREUNDE Shop
  • Abo
  • Gewinnspiele
  • Events
  • Über uns
  • Kontakt
  • Jobs
  • Facebook
  • YouTube
  • Twitter
  • Instagram

Und die werden in Ham­burg geehrt!

  Meis­ter­feier 2012: Die Gewinner
Einzelansicht
Foto­strecke
11.4.2011

1/7
Reus
Spieler der Saison: Marco Reu­sAls hän­gende Spitze, als Spiel­ge­stalter und Tor­jäger war er der Garant für den Mön­chen­glad­ba­cher Höhen­flug. Manni Breuck­mann über den Spieler der Saison

Schwer zu sagen, in wel­chem Spiel der abge­lau­fenen Saison mich Marco Reus am meisten begeis­tert hat. In den Spit­zen­spielen gegen den FC Bayern? Oder wird doch vor allem sein rausch­hafter Auf­tritt gegen Werder Bremen in Erin­ne­rung bleiben, als Reus drei von fünf Toren schoss, eines schöner als das andere? Nein, diese Spiel­zeit war das Gesamt­kunst­werk eines Spie­lers, der in den letzten zwei Jahren eine wirk­lich atem­be­rau­bende Ent­wick­lung gemacht hat. Als hän­gende Spitze, als kon­ge­niales Duo mit Mann­schafts­kol­lege Mike Hanke, als Spiel­ge­stalter und kalt­blü­tiger Tor­jäger war er die Über­ra­schung der Bun­des­liga schlechthin.

Dass Borussia Mön­chen­glad­bach, just erst knapp dem Abstieg ent­ronnen, zwi­schen­zeit­lich sogar für den Meis­ter­titel in Frage zu kommen schien und nun tat­säch­lich hoffen darf, nächstes Jahr in der Cham­pions League zu spielen, war natür­lich der Erfolg einer über sich selbst hin­aus­wach­senden Mann­schaft und des umsich­tigen Trai­ners Lucien Favre, wurde aber ebenso völlig zurecht an Marco Reus fest­ge­macht, der der Dynamik und der Kom­bi­na­ti­ons­freude des Glad­ba­cher Spiels die nötige Struktur und Effek­ti­vität gab.

Das Spiel des Marco Reus ist dabei auch Aus­weis eines erfreu­li­chen Trends. Näm­lich, dass immer mehr Mann­schaften ihr Heil in der Offen­sive suchen, anstatt an der per­fekten Ver­tei­di­gung zu wer­keln. Die her­aus­ra­genden Ver­treter dieses neuen Angriffs­geistes waren in der abge­lau­fenen Saison Borussia Mön­chen­glad­bach und Borussia Dort­mund, der bis­he­rige und der künf­tige Klub von Marco Reus. Beide Mann­schaften ver­tei­digen aggressiv nach vorne, wollen sich ver­lo­rene Bälle rasch und ener­gisch zurück­holen. Um sie dann Spie­lern wie Marco Reus zukommen zu lassen, die Bälle in hohem Tempo annehmen, wei­ter­leiten und ver­werten können. Er ist ein Welt­meister des Dop­pel­passes, seine Kom­bi­na­tionen mit Mike Hanke sind wun­der­schön anzu­schauen – und er schießt aus allen Lagen aufs Tor. All das macht Marco Reus zu einem Angreifer der Son­der­klasse. Zu Reus Ent­wick­lung hat sicher bei­getragen, dass er trotz seines jungen Alters auch schon die Tiefen des Fuß­ball­ge­schäfts ken­nen­ge­lernt hat. Bis zur U 17 wurde er bei seinem Stamm­verein Borussia Dort­mund als Talent mit großer Per­spek­tive gehan­delt und fand sich plötz­lich, nach zehn Jahren beim BVB, in der zweiten Mann­schaft des Pro­vinz­klubs Rot Weiss Ahlen wieder, die vor ein paar hun­dert Zuschauern in der Ober­liga kickte. Später, nun schon in der Bun­des­liga, wan­delte er mit Borussia Mön­chen­glad­bach eine Saison lang am Abgrund zur zweiten Liga. Das hat ihn abge­härtet und ihm zugleich einen rea­lis­ti­schen, einen unsen­ti­men­talen Blick auf die Dinge ver­schafft. Er hat in dieser Zeit begriffen, dass im Fuß­ball­ge­schäft auch großen Talenten nichts zufliegt und dass nur der Erfolg haben wird, der hart an sich arbeitet. Nur ein Aus­weis für diese harte Arbeit sind die sechs Kilo Mus­kel­masse, die Reus zuge­legt hat und die sein Durch­set­zungs­ver­mögen ent­schei­dend ver­bes­sert haben. Reus ist dar­über hinaus aber auch ein echter Sports­mann. Als ihm der Schalker Jer­maine Jones im Pokal­spiel im Dezember 2011 auf den ohnehin schon lädierten Fuß trat, schäumte der Bou­le­vard und erwar­tungs­froh reckten die Reporter ihm nach dem Spiel die Schaum­stoff­mi­kro­fone ent­gegen. Doch wo viele die Gele­gen­heit zum ver­balen Infight genutzt hätten, schwieg Reus, wohl auch, weil er sich wirk­lich so sehr für den Sport und wenig für das mediale Theater drum herum inter­es­siert. Über­haupt ist Marco Reus ein ange­nehm unkom­pli­zierter Cha­rakter, intel­li­gent und selbst­be­wusst, zugleich aber auch sen­sibel genug, um nicht wie man­cher Berufs­kol­lege bei jeder sich bie­tenden Gele­gen­heit anzu­ecken. Ein Mus­ter­profi im besten Sinne.

Dass Reus nun zu Borussia Dort­mund zurück­kehrt, ist die rich­tige Ent­schei­dung, auch wenn er womög­lich bei der Borussia ein biss­chen weniger Geld ver­dient als beim FC Bayern. Es ist die rich­tige Ent­schei­dung, nicht einmal unbe­dingt, weil er in Dort­mund geboren ist und die Jugend­mann­schaften des BVB durch­laufen hat. Man kann schließ­lich auch weitab des ersten Bolz­platzes glück­lich werden. Son­dern weil er bei der Borussia die besten Bedin­gungen vor­findet, um sich wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Wie Lucien Favre in Glad­bach, der ihn auf­ge­baut, seine Talente geför­dert und ihm Ver­ant­wor­tung gegeben hat, ist auch Jürgen Klopp ein Coach, der einen beson­deren Zugang zu den Spie­lern besitzt, der zudem eine klare Vor­stel­lung davon hat, welche Rolle Marco Reus in der nächsten Saison in der Dort­munder Meis­ter­mann­schaft spielen soll. Dass die Borussen auch im nächsten Jahr in der Cham­pions League spielen und sich diesmal viel­leicht ein biss­chen geschickter anstellen werden, wird Reus’ Ent­schei­dung für Dort­mund sicher nicht abträg­lich gewesen sein. Viel­leicht, eigent­lich sogar ziem­lich sicher, wird auch Dort­mund nur eine Zwi­schen­sta­tion für Marco Reus sein. Er hat das Zeug zum Welt­klas­se­spieler. Und wenn er, um eine alte Floskel zu bemühen, von Ver­let­zungen ver­schont bleibt, kann er seinen Blick bald über die Bun­des­liga hinaus richten, nach Eng­land und Spa­nien. So wie es Mesut Özil und Sami Khe­dira vor­ge­macht haben. So lange dürfen sich BVB und Bun­des­liga an einem Aus­nah­me­spieler erfreuen, den die Jury völlig zu Recht zum Spieler der Saison gekürt hat.

PS: Der Mann hat Geschmack. Sein Lieb­lings­ita­liener ist auch der meine, »Michel­an­gelo« in Mön­chen­glad­bach. Ich las aller­dings auch, sein Lieb­lings­ge­richt sei Gulasch mit Rot­kohl und Kar­tof­fel­püree. Zumin­dest hier ist also noch ein klein wenig Luft nach oben.

2/7
Alaba
New­comer der Saison David Ala­baEr ist die Attrak­tion in der Abwehr des FC Bayern, dabei macht er nur sach­lich seinen Job. Karl All­göwer über einen 19-Jäh­rigen, der gerade alles in rosigen Farben sieht

Der Mann hat ein­fach gute Laune. Warum auch nicht? Ihm gelingt der­zeit so gut wie alles. Als 19-Jäh­riger muss man das erst mal bringen: Im ent­schei­denden Elf­me­ter­schießen im Sant­iago-Ber­nabeu-Sta­dion in Madrid zum Punkt mar­schieren und den Ball mit traum­wand­le­ri­scher Sicher­heit ver­senken. Mich hat David Alaba in dieser Szene im Cham­pions-League-Halb­fi­nale der Bayern gegen Real end­gültig über­zeugt. Wie abge­klärt er selbst in diesem hoch­bri­santen Spiel agierte, war beein­dru­ckend. Noch dazu, weil es nie den Anschein hat, dass der Junge für die Galerie spielt. Im Gegen­teil. Alaba ver­richtet mit aller ihm gege­benen Ziel­stre­big­keit seine Auf­gaben. Punkt.

Louis van Gaal hat ihn als Mit­tel­feld­spieler in die Abwehr beor­dert. Es fällt mir schwer zu beur­teilen, ob er dort seine Traum­po­si­tion gefunden hat. Alabas Wir­kungs­kreis hat die Außen­ver­tei­di­ger­po­si­tion aber nicht ein­ge­schränkt. Als Teil einer funk­tio­nie­renden Vie­rer­kette findet er ständig Gele­gen­heit für gefähr­liche Vor­stöße. Und wie er dort in höchstem Tempo eine gran­diose Technik an den Tag legt, ist schon außer­ge­wöhn­lich. In man­chen Dingen erin­nert er mich an Philipp Lahm. Der strahlte als junger Spieler auch diesen fri­schen Opti­mismus aus. Ich glaube, David Alaba könnte man zur­zeit nachts um zwei Uhr wecken und in ein Finale schi­cken – dem würde kaum ein Fehler unter­laufen. Der hat so viel Freude am Spiel, emp­findet alles, was ihm der­zeit im Fuß­ball pas­siert, als positiv, kein Wunder, dass ihm alles gelingt.

Das Bayern-Manage­ment wird öfter gescholten, dass es zu sehr auf Stars setzt. Dabei hat es im Fall von Alaba bewiesen, wie man einen jungen Spieler optimal för­dert. Es gibt nichts Schlim­meres für ein Talent, als auf der Bank zu schmoren. Nach­wuchs­spieler sind unge­duldig und bekommen schnell das Gefühl, nicht mehr gewollt zu werden. Als sich abzeich­nete, dass Alaba nicht direkt den Schritt in den Stamm der ersten Mann­schaft schafft, haben sie ihn von der Säbener Straße nach Hof­fen­heim geschickt. So wie sie es damals mit Philipp Lahm und dem VfB Stutt­gart gemacht haben. So konnten beide tun, was sie am liebsten machen: spielen, spielen, spielen! Das Ergebnis der Maß­nahme haben wir nun erlebt: Beim FC Bayern ist Alaba aus der Abwehr nicht mehr weg­zu­denken. Es war ein Rie­sen­ver­lust für das Team, dass er im Cham­pions-League-Finale wegen seiner Gelb­sperre nicht auf­laufen durfte.

Bei Bayern ist er sogar schon in die Geschichte ein­ge­gangen: als jüngster Spieler der Klub­his­torie, der je in Cham­pions League, DFB-Pokal und in der Bun­des­liga ein­ge­setzt wurde. So leid es mir für David Alaba tut, als Öster­rei­cher wird ihm auf Län­der­ebene die ganz große Kar­riere wohl nicht ver­gönnt sein, aber ich bin sicher: Jetzt kommen bald geballt die Ange­bote von inter­na­tio­nalen Spit­zen­klubs. Wenn er sich den Kopf nicht ver­drehen lässt und über gute Berater ver­fügt, steht ihm eine groß­ar­tige Kar­riere bevor.

Eine nega­tive Begleit­erschei­nung von Ehrungen wie dieser ist, dass nun alle Gegen­spieler gewarnt sind, mit was für einem Aus­nah­me­ki­cker sie es zu tun haben. Momentan erlebt er ein Hoch, sieht alles in rosigen Farben. Ich wün­sche ihm, dass er sich diesen Opti­mismus erhalten kann, auch wenn es mal nicht so läuft. Denn Spieler wie er machen ein­fach Spaß. Hoffen wir, dass seine Art und seine Fähig­keiten noch mehr Auf­merk­sam­keit bekommen. Damit nicht nur er, son­dern auch wir Zuschauer die gute Laune behalten.

3/7
Klopp
Trainer der Saison: Jürgen Klopp­Fach­lich stimmig, mensch­lich total okay und an Rück­schlägen gereift. Hans Meyer über einen Coach, dessen mus­ter­gül­tige Kar­riere noch viel ver­spricht

Es war bereits phan­tas­tisch, als Jürgen Klopp in der vor­letzten Saison die Deut­sche Meis­ter­schaft mit Borussia Dort­mund aus der Außen­sei­ter­po­si­tion gewonnen hat. Doch was ihm in der ver­gan­genen Spiel­zeit gelungen ist, stellt für mich noch eine beein­dru­ckende Stei­ge­rung dar. Es adelt ihn, dass er den Titel nicht nur ver­tei­digt hat, son­dern dass dieser Erfolg auch noch völlig ver­dient war. Als Trainer weiß ich schon lange, dass man mit­unter auch von glück­li­chen Zufällen begüns­tigt sein kann, doch hier haben sie keine Rolle gespielt. Denn seine Mann­schaft hat mit dem FC Bayern den größten Rivalen in dieser Saison dreimal besiegt, dar­unter im Pokal­fi­nale auf beein­dru­ckende Art und Weise.

Für mich ist das his­to­ri­sche Double von Borussia Dort­mund zugleich der bis­he­rige Höhe­punkt einer mus­ter­gül­tigen Trai­ner­kar­riere. Dass Jürgen Klopp ein im posi­tiven Sinne Fuß­ball­ver­rückter ist, konnte man von Beginn an merken. Bereits bei Mainz 05 hat er ein System spielen lassen, das auf Akti­vität und Spiel­be­stim­mung hin­aus­ge­laufen ist. Schon dort konnte man sehen, was für ein guter Metho­diker er ist, denn die Spiel­weise seiner Mann­schaft ent­sprang sys­te­ma­ti­scher Arbeit. Zudem hat Jürgen immer gewusst, dass man als Fuß­ball­trainer bei der Mann­schafts­füh­rung zwar absolut die Haupt­rolle spielen, aber auch Auf­gaben an sein Trai­ner­team dele­gieren können muss. Dazu kommen sein Durch­set­zungs­ver­mögen, seine große Aus­strah­lung und Per­sön­lich­keit. Ich kann mir gut vor­stellen, wie junge Spieler an seinen Lippen hängen und unter seinem Ein­fluss selbst bei allen Anfech­tungen durch ihre Popu­la­rität wei­terhin coachbar bleiben.

Jürgen Klopp hat die Chance eines soliden Kar­rie­re­auf­baus so gut genutzt wie wenige Kol­legen vor ihm. Geholfen haben ihm bestimmt auch die Rück­schläge der beiden in Mainz tra­gisch knapp ver­passten Auf­stiege. Denn zum Trai­ner­beruf gehört es auch, mal so richtig eine auf die Schnauze zu kriegen und ein paar Nächte nicht schlafen zu können. Das wird viel­leicht auch zu Beginn dieser Saison nicht anders gewesen sein, aber ins­ge­samt hat er in Dort­mund die Gele­gen­heit ent­schlossen am Schopfe gepackt. Als er vor vier Jahren zur Borussia kam, lag der Klub noch weit­ge­hend am Boden. Wie er diese Auf­gabe gelöst hat, mit zunächst beschei­denen Mit­teln und jungen Leuten aus dem eigenen Nach­wuchs, mit einem tollen Scou­ting-Apparat sowie dem im Hin­ter­grund phan­tas­tisch arbei­tenden Manager Michael Zorc, das war richtig stark.

Bei ihm stimmt fach­lich alles, aber ich würde dar­über hinaus gerne noch etwas anderes her­aus­stellen, was mir beson­ders am Herzen liegt und zudem für die Erklä­rung seiner Erfolgs­ge­schichte aus­ge­spro­chen wichtig ist: Jürgen Klopp ist auch als Mensch total okay. Denn er inter­es­siert sich nicht nur ein­seitig, son­dern nimmt seine Umwelt auf­merksam wahr. Jürgen ist, das weiß ich aus sehr ange­nehmen per­sön­li­chen Begeg­nungen, auch an anderen Dingen als nur an Fuß­ball inter­es­siert. Man kann mit ihm über viele unter­schied­liche Themen spre­chen, und das macht ihn so beson­ders.

Weil Jürgen zudem mit erst 45 Jahren ein junger Mann ist, würde es mich sehr wun­dern, wenn diese hoch­ver­diente Aus­zeich­nung zum »Trainer der Saison« seine letzte gewesen sein sollte. Auf jeden Fall: Lieber Jürgen, herz­li­chen Glück­wunsch auch zu dieser Titel­ver­tei­di­gung.

4/7
Zorc
Manager der Saison: Michael ZorcIn der Ruhe liegt die Kraft: Fast lautlos hat Michael Zorc den BVB zum Spit­zen­klub geformt. Dietmar Bei­ers­dorfer über einen, der sich in den Dienst der Mann­schaft stellt

Fuß­ball ist ein Kampf­sport, man bekriegt ein­ander, wett­ei­fert um den Sieg. Und doch habe ich Fuß­baller ken­nen­ge­lernt, die ich für ihre Inte­grität sehr schätze. Einer davon ist Michael Zorc.

Wir sind uns schon als Gegen­spieler auf dem Platz begegnet, er beim BVB, ich beim HSV und später beim SV Werder. Schon damals habe ich Michael als echten Team­spieler wahr­ge­nommen, immer zuver­lässig, seriös und kon­stant. Er stand mit beiden Beinen fest auf dem Boden, war reflek­tiert und hat sich nie über­schätzt. Aber, das muss man deut­lich sagen, er hat sich auch nie unter­schätzt: Er wusste ganz genau, dass er in der Lage war, Spiele zu ent­scheiden. 131 Bun­des­li­ga­tore kann schließ­lich nur einer schießen, der den Instinkt hat, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein.

Das ist nun fast zwei Jahr­zehnte her. Aber im Grunde hat sich an Michaels Arbeits­weise nichts geän­dert, nur dass er das Trikot eben gegen einen Mana­ge­r­anzug ein­ge­tauscht hat. Noch immer stellt er sich in den Dienst seines BVB. Und wenn es sein muss, prescht er nach vorn und sorgt für die Ent­schei­dung. Schön zu sehen, dass jemand sich treu bleiben kann, ohne auf der Stelle zu treten.

Michael blieb nach der Titel­ver­tei­di­gung wohl­tuend bescheiden. Er kennt nun mal auch die Täler eines Fuß­bal­ler­le­bens, hat Abstiegs­kämpfe hinter sich und bestimmt nicht ver­gessen, dass der BVB vor acht Jahren noch am Abgrund stand. Das lehrt Demut. Einer wie Michael ver­gisst diese Lek­tion auch in der Stunde des Tri­um­phes nicht.

Zwar ist er durchaus in der Lage, sich gegen die Anwürfe der Münchner »Abtei­lung Attacke« zur Wehr zu setzen, aber eigent­lich macht er bei diesen alt­be­kannten Schar­müt­zeln und Ver­bal­du­ellen nicht mit. Er ist lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass man dabei nur den Kür­zeren ziehen kann. Das hilft ihm, eine Spur gelas­sener als die Kol­legen vom Rekord­meister zu wirken. Sein Stil­mittel ist es, sich nie­mals arro­gant zu zeigen, aber trotzdem selbst­ge­wiss auf­zu­treten. Er weiß, was seine Mann­schaft zu leisten im Stande ist.

Dass diese Mann­schaft so geschlossen auf­tritt, ist auch sein Ver­dienst. Er achtet sehr genau auf die mensch­liche Kom­po­nente bei der Kader­zu­sam­men­stel­lung und ist auch in schlech­teren Zeiten extrem loyal. Das kommt zurück: Die Spieler ent­wi­ckeln sich vor allem des­halb so toll, weil sie wissen, dass sie mal einen Fehler machen dürfen. Das spricht sich herum und ist ein gutes Argu­ment, mit dem der BVB die finan­zi­ellen Nach­teile gegen­über Mit­be­wer­bern kom­pen­sieren kann.

Wenn sich der Erfolg nun auch in der Cham­pions League ein­stellt, wird das end­gültig Begehr­lich­keiten großer Ver­eine wecken. Aber ich bin fest davon über­zeugt, dass Michael die Struk­turen auf­recht­erhalten wird, die es dem BVB ermög­li­chen, sich immer wieder zu erneuern, ohne Qua­li­täts­ver­luste zu erleiden. Man merkt ihm jeden­falls an, wie sehr er sich auf die kom­menden Her­aus­for­de­rungen freut. Er will den Verein inter­na­tional eta­blieren und dem Druck stand­halten, der dadurch ent­steht.

Er selbst ist bei diesem Pro­zess die große Kon­stante. Seit 34 Jahren ist dieser Mann nun schon im Verein! Seine Bestim­mung ist es, beim BVB zu arbeiten, den BVB zu leben. Selbst wenn sein Partner Jürgen Klopp sich eines Tages neu ori­en­tieren sollte, wird er bleiben. Damit ist er der lebende Beweis für den Satz, den er womög­lich schon zu man­chem Spieler gesagt hat: Sein Glück kann man nicht nur beim FC Bayern finden.

5/7
Kehl
Typ der Saison: Sebas­tian Kehl­Be­ein­dru­ckend zurück­ge­kämpft und abso­luter Mann­schafts­spieler. Joa­chim Löw über den BVB-Kapitän, der eine alte Kate­gorie mit neuem Leben erfüllt hat

Ich freue mich wahn­sinnig für Sebas­tian Kehl, dass er mit diesem Preis aus­ge­zeichnet wird, denn er ist wirk­lich ein »echter Typ«. Dieser Begriff wurde in der Ver­gan­gen­heit im Blick auf Fuß­ball­profis oft nur in eine Rich­tung und des­halb falsch inter­pre­tiert. So galten früher als »echte Typen« vor allem die­je­nigen, die durch laut­starke Töne in der Öffent­lich­keit und gele­gent­lich sogar Eska­paden auf sich auf­merksam gemacht haben. Auf Sebas­tian Kehl trifft das alles nicht zu.

Für mich ist er ein »echter Typ«, weil er ein Team­player ist, dem Ego­ismus und Eska­paden fremd sind. Weil er immer seine Mei­nung sagt, aber nicht um selbst im Mit­tel­punkt zu stehen, son­dern um damit seinen Bei­trag zum Erfolg seiner Mann­schaft zu leisten. Das erfreu­lich deut­liche Votum für Sebas­tian ist die Aner­ken­nung für starke sport­liche Leis­tungen über einen langen Zeit­raum und zugleich für sein Auf­treten außer­halb des Platzes, auch für sein aus­ge­prägtes Zuge­hö­rig­keits­ge­fühl zu »seinem BVB« und schließ­lich auch für sein viel­fäl­tiges soziales Enga­ge­ment. Dabei hat Sebas­tian durch meh­rere Ver­let­zungen manch schwie­rige Phase über­stehen und meis­tern müssen, deren Bedeu­tung nur jemand ganz ver­stehen kann, der selber Fuß­ball­profi gewesen ist. Doch er hat nie auf­ge­geben, sich immer wieder ran gekämpft. Selbst wenn er nur spo­ra­disch zum Ein­satz kam, hat er sich dabei mit all seinen Akti­vi­täten trotzdem immer in den Dienst der Mann­schaft gestellt. Etwa in der vor­letzten Saison, als Borussia Dort­mund völlig über­ra­schend Meister wurde und er als Kapitän prak­tisch von außen erleben musste, wie das junge Team von Erfolg zu Erfolg eilte. Er hat damals mit den Kol­legen gefie­bert und sich mit ihnen gefreut, er hat sie unter­stützt und gepusht.

Das ist typisch für ihn, und so habe ich Sebas­tian auch erlebt bei der Welt­meis­ter­schaft 2006, als er in unserem Kader immer ein absolut posi­tiver und daher »echter Typ« war. Vor dieser Saison gab es nur wenige, die noch daran geglaubt haben, dass er sich mit 31 Jahren wieder einen festen Platz im BVB-Team würde erobern können. Aber Sebas­tian hat sich mit großer Dis­zi­plin auf beein­dru­ckende Weise zurück­ge­kämpft und großen Anteil daran gehabt, dass Borussia Dort­mund zum ersten Mal in seiner Ver­eins­ge­schichte das Double aus Meis­ter­schaft und Pokal gewann.

Mit seiner großen Erfah­rung aus fast drei­hun­dert Bun­des­li­ga­spielen und einer Fülle inter­na­tio­naler Begeg­nungen mit dem BVB und der Natio­nal­mann­schaft ist er ein wesent­li­cher Sta­bi­li­täts­faktor, Antreiber und Erfolgs­ga­rant des jungen Dort­munder Teams gewesen. Für mich ist er daher nicht nur ein »echter Typ«, son­dern außerdem ein »echter Füh­rungs­spieler«. Er ist für jün­gere Kol­legen immer da, wenn sie seinen Rat suchen, er über­nimmt Ver­ant­wor­tung, und er kann in kri­ti­schen Situa­tionen auf dem Platz klare Kom­mandos geben, um die Marsch­rich­tung auch in sol­chen Momenten umzu­setzen. Dass Borus­sias Trainer Jürgen Klopp dar­über hinaus immer wieder die mit­rei­ßenden Anspra­chen von Sebas­tian vor der Mann­schaft her­aus­stellt, passt für mich in das rundum posi­tive Bild dieses Spie­lers, den ich wegen seiner Cha­rakter- und Wil­lens­stärke immer geschätzt habe. In diesem Sinne ist er wirk­lich ein »echter Typ« und als sol­cher ein Vor­bild für alle seine Berufs­kol­legen. Herz­li­chen Glück­wunsch, Sebas­tian Kehl, zu dieser völlig ver­dienten Wahl.

6/7
Bvb
Publikum der Saison: Borussia Dort­mund­Hei­mat­ge­fühle im Sta­dion, vom Glück begüns­tigte Fans und Jubel für alte Helden. Joa­chim Król über ein Sta­dion und seine Besu­cher, mit denen nie­mand allein ist

Lassen Sie mich für ein paar Zeilen alle »Abers« und alle sons­tigen Ein­wände ver­gessen, die man gele­gent­lich natür­lich auch machen könnte. Lassen Sie es mich ein­fach so sagen, wie es ist: Ich liebe die Fans von Borussia Dort­mund! Übri­gens bin ich auch einer. Das beste Publikum der Liga, ich gehöre dazu. Jedes Mal, wenn ich rund zwei Stunden vor Spiel­be­ginn den Zug im »Doat­munda Haupt­bannof« ver­lasse, komme ich wieder nach Hause. Ich nehme die Stufen, die ich unzäh­lige Male hin­ab­ge­stiegen bin und gehe auf Wegen in Rich­tung Innen­stadt, die ich längst mit ver­bun­denen Augen finden würde. Das ein oder andere im Stadt­bild hat sich über die Jahre ver­än­dert, aber die Töne nicht. Das schwarz-gelb kos­tü­mierte Gewusel um mich herum, das »Hömma!«, »Kommse?«, »Allet kla!« Hier ist es schon, das Publikum. Ich war inzwi­schen an vielen Orten beim Fuß­ball, aber nir­gendwo habe ich auch nur annä­hernd erlebt, dass der Spieltag die Atmo­sphäre einer ganzen Stadt so bestimmt. Eine Span­nung, ein Klang liegt über Dort­mund, wenn Borussia spielt. Das Orchester stimmt sich ein.

Die Dort­munder Anhänger sind, machen wir uns nichts vor, vom Glück begüns­tigt. Wäh­rend anderswo Fans nach unglaub­lich stra­pa­ziösen Anreisen viel­leicht sogar in schlecht durch­lüf­teten Hallen ihrer Lei­den­schaft nach­gehen müssen, schlen­dert der Dort­munder Borusse von Lokal zu Lokal, begrüßt bei dem einen oder anderen Pils in der dem Ruhr­ge­bietler ange­bo­renen, gast­freund­li­chen Art die Besu­cher von nah und fern, bis er schließ­lich, um die eng­li­sche »Times« zu zitieren, »das schönste Sta­dion der Welt« erreicht.

Schon lange vor Anpfiff füllen sich die Ränge. Zuerst die Süd­tri­büne, das Herz, mög­li­cher­weise auch die Leber von Borussia Dort­mund. Ich gebe zu, dass ich in den letzten Jahren fast aus­schließ­lich auf »West« gesessen habe. Das aber nur, weil ich von da aus die »Süd« besser sehen kann.

In diesem Sta­dion wird es nicht nur laut, es wird sehr laut. Und schön laut. Mir geht das Herz auf, wenn die fünf­und­zwan­zig­tau­send Ver­rückten auf der größten Steh­platz­tri­büne Europas aus­ge­rechnet zur Melodie von Pippi Lang­strumpf klar­ma­chen, wer Deut­scher Meister ist und bleibt. Und sie dabei hüp­fend die Belast­bar­keit der Sta­di­onar­chi­tektur über­prüfen. Nobby Dickel, der mehr Zere­mo­ni­en­meister als Sta­di­on­spre­cher ist, der »Held von Berlin«, wird auch nach drei­und­zwanzig Jahren jedes Mal, wenn er den Sech­zehner für seine Ansagen betritt, mit seinem Lied gefeiert, getextet auf den alten »Flipper-Song«. Eine Tat­sache, die mich immer wieder ganz beson­ders für das phan­tas­ti­sche Dort­munder Publikum ein­nimmt, ist die Art und Weise, wie ver­diente Ex-BVB-Spieler begrüßt werden, selbst wenn sie im geg­ne­ri­schen Trikot ins Dort­munder Sta­dion kommen. Für einen Moment, vor dem Anpfiff, gibt es dann auch für den Gegner Applaus. Denn wer sich einmal für den BVB richtig rein­ge­hängt hat, wird nicht ver­gessen. (Naja, Aus­nahmen bestä­tigen natür­lich auch hier die Regel.)

Nobby also hat leichtes Spiel, wenn er die anderen Tri­bünen auf­for­dert, sich ein Bei­spiel an der »Süd« zu nehmen. Und wenn’s auf dem Platz los­geht, dann geht der BVB-Fan sowieso mit. Und wie! »Erho­benen Hauptes! Mit Hoff­nung im Herzen! Und nie­mals allein!« In Dort­mund gilt »You’ll Never Walk Alone« wirk­lich. Und geht es beim Fuß­ball nicht genau darum?

7/7
Fankongress
Son­der­preis: Fan­ak­tion der Saison Fan­kon­gress 2012Es geht auch sach­lich. Die Redak­tion von 11 FREUNDE zeichnet den Fan­kon­gress in Berlin aus, weil er gezeigt hat, dass Dialog doch mög­lich ist

Ran­dale, Gewalt, Chaoten. Das waren die Schlag­worte, wenn es in der zurück­lie­genden Saison um die Situa­tion in deut­schen Sta­dien ging. Im ver­gan­genen Jahr sind die Gescheh­nisse auf den Rängen und rund um die Fans in einem selten zuvor gekannten Maße in den Fokus der Öffent­lich­keit gerückt. Die Bilder von bren­nenden Fackeln oder von Zuschauern auf dem Rasen bestimmten den Rück­blick. Doch da waren noch andere Bilder, die dieses Jahr geprägt haben.

Bilder von riva­li­sie­renden Fan­gruppen, die sich zusam­men­setzen und dis­ku­tieren. Von Anhän­gern, die zum Dialog bitten und danach ein­trächtig zu Mittag essen. Die Bilder von einem zwei­tä­gigen Kon­gress im Ber­liner »Kosmos«, den die Fans selbst orga­ni­siert und finan­ziert hatten. Die Orga­ni­sa­toren von »Pro Fans« hatten gerufen – und mehr als 500 Teil­nehmer von über 60 Ver­einen aus ganz Deutsch­land kamen. So eng war die deut­sche Fan­szene lange nicht mehr zusam­men­ge­rückt. Es war eine Ver­an­stal­tung, die die gän­gigen Vor­ur­teile über Fans alle­samt wider­legte. Die­je­nigen, die in den Kurven stehen, sind eben nicht Durch­ge­knallte mit Gewalt­phan­ta­sien, bil­lige Cla­queure ihres Ver­eins oder alko­ho­li­sierte Selbst­dar­steller. Fans erheben die Stimme, wenn das Spiel in die fal­sche Rich­tung läuft. Sie arti­ku­lieren ihre Mei­nung, debat­tieren sach­lich und kon­struktiv – und sie prägen den Fuß­ball über Grenzen hinweg. Was in den neun­ziger Jahren mit Fan­pro­jekten und Initia­tiven gegen Ras­sismus begann, fand durch den Fan­kon­gress seine Fort­set­zung. In ein­zelnen Work­shops und auch Podi­ums­dis­kus­sionen setzten sich die Teil­nehmer mit Themen wie Ein­tritts­kar­ten­preise, Sta­di­on­ver­bote, Pyro­technik oder Anstoß­zeiten aus­ein­ander.

In diesen Tagen im Januar in Berlin wurde einmal mehr deut­lich: Wer über die Zukunft des Fuß­balls dis­ku­tieren oder bestimmen will, wird die Stimmen der Fans nicht igno­rieren können. Es gehört daher auch zu den Ver­diensten der Orga­ni­sa­toren, dass sie gezeigt haben, wie geschlossen Fans für ihre Ziele ein­stehen. Aber auch mit wel­cher Reflek­tiert­heit und wel­chem Mut zur Selbst­kritik sie ihre Rolle annehmen. Der Fan­kon­gress hat bei vielen anwe­senden Funk­tio­nären und Jour­na­listen Ein­druck gemacht und somit viel für die Wahr­neh­mung von Fans getan. Er kann zum ver­eins­über­grei­fenden Megafon der deut­schen Fans werden. Doch das Wich­tigste beim Fan­kon­gress 2012 war die Bot­schaft: Wir Fans sind bereit zu einer Debatte. »Schluss mit Popu­lismus! Lust auf Dialog statt Monolog«, war das Motto. So ver­schickten die Orga­ni­sa­toren Ein­la­dungen an füh­rende Köpfe der Ver­bände und der Polizei. Nicht alle kamen dieser nach und erweckten den Ein­druck, die Kom­mu­ni­ka­tion über die Medien zu bevor­zugen. Andere Ver­treter wie bei­spiels­weise der DFL-Geschäfts­führer Holger Hie­ro­nymus, DFB-Sicher­heits­chef Hen­drik Große Lefert oder Han­no­vers Prä­si­dent Martin Kind über­zeugten sich vor Ort davon, wie ein kons­truktives Treffen aller Par­teien aus­sehen kann.

Die zurück­lie­gende Saison soll bald auf­ge­ar­beitet werden. Es bleibt zu hoffen, dass an den oft pro­kla­mierten »Runden Tischen« nicht wieder Stühle frei bleiben. Gespräche mit Fans sind nie Geis­ter­de­batten, denn Fans gehören zu den Akteuren, die den Fuß­ball mit aus­ma­chen. Ein Dialog ist mög­lich, mehr noch: Er ist die ein­zige Lösung für die Zukunft. Dafür haben die Orga­ni­sa­toren des Fan­kon­gresses eine Weg­marke gesetzt.

Gleich lesen

„Vielfalt kann man nicht töten"

Wie Fuß­ball­fans in Oslo auf den Anschlag reagieren

Bildschirmfoto 2022 06 27 um 18 09 03

Hundstage

Wau-Wau stürmt in Chile das Feld und hat eine gute Zeit

Bildschirmfoto 2022 06 27 um 15 50 23
Fankongress Meisterfeier 2012 Borussia Dortmund Marco Reus Jürgen Klopp David Alaba Michael Zorc
11Freunde

Folge uns

  • Facebook
  • YouTube
  • Twitter
  • Instagram
  • 11FREUNDE Club
  • Über uns
  • Kontakt
  • Heft-Archiv
  • Werbung
  • Impressum
  • Datenschutz
  • Datenschutz-Einstellungen
  • Nutzungsbasierte Online Werbung
  • Jobs
Nach oben