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Seite 2: „Ein grausamer Tag“

Bis zum heu­tigen Tag kann nie­mand, den ich kenne, schlüssig erklären, was dann pas­sierte. Die Vor­be­rei­tung auf die Rück­runde lief sen­sa­tio­nell, die Test­spiel­ergeb­nisse waren so gut, dass manche Fans schon unge­niert von der Meis­ter­schaft spra­chen. (Platz eins war nur vier Punkte ent­fernt und die Bayern ganz offen­kundig viel schwä­cher als in den Jahren zuvor.) Doch so wie die aktu­elle Dort­munder Saison irgendwie schon nach neun Sekunden des ersten Spiels erle­digt war, dau­erte es damals in der ersten Partie nach der Win­ter­pause weniger als vier Minuten, um alles in Trümmer zu legen.

Nicht der letzte schlimme Tag

In diesen 200 Sekunden kas­sierte der BVB zwei Tore beim VfB Stutt­gart und verlor aus uner­klär­li­chen Gründen völlig den Faden. Zur Pause stand es 4:0 für die Schwaben. Nach 90 Minuten gar 7:0. Kapitän Michael Zorc sprach von einem grau­samen Tag“. Es sollte nicht der letzte bleiben.

Zuerst dachten wir uns nichts dabei, als die Borussia im fol­genden Heim­spiel gegen den KSC rasch mit 0:2 in Rück­stand geriet. Das waren jetzt neun Gegen­tore in 104 Minuten Fuß­ball und wie die Zei­tungen später schrieben, konnte jeder sehen, dass beim BVB die Nerven blank liegen“. Aber das lag ja nicht am Trainer, an der Taktik oder an der Zusam­men­stel­lung des Teams, schließ­lich hatte genau die gleiche Elf in der Vor­runde geglänzt. Und es lag auch nicht an der Ein­stel­lung der Mann­schaft – Borussia kämpfte sich zurück in die Partie, Rum­me­nigge schoß zwei Tore zum 2:2 und nur ein gewisser Oliver Kahn ver­hin­derte einen Dort­munder Sieg. Wir gingen eini­ger­maßen zufrieden nach Hause.

Ich kann mit so vielen Jahren Abstand nicht mehr sagen, wann wir merkten, dass irgendwas ganz komisch lief. Köppel meinte später sinn­gemäß, dass es schon das fol­gende Spiel war, in dem ihm klar wurde, dass plötz­lich das Glück fehlte. (Nach einer umstrit­tenen Roten Karte gegen Sergei Gor­lu­ko­witsch ging der BVB beim spä­teren Meister Kai­sers­lau­tern 2:1 in Füh­rung und Povlsen vergab eine Rie­sen­chance zum dritten Tor. End­stand: 2:2.) Aber ich glaube, es war eher, als der Abstiegs­kan­didat Düs­sel­dorf ein 1:1 in Dort­mund holte und For­tuna-Trainer Josef Hickers­berger gnädig in die Kameras sprach: Den Punkt hat Dort­mund sich auf­grund der Leis­tung red­lich ver­dient.“

Erst Köppel raus“-Rufe, dann auf­mun­ternde Gesänge

Hickers­berger hatte Recht, die Leis­tungen waren fast immer in Ord­nung, manchmal sogar aus­ge­spro­chen gut. Aber Siege gab es keine mehr. Nicht im März, und schon gar nicht im April. Und warum? Keine Ahnung. Ein­fach keine Ahnung. Auch die Fans wussten nicht, wie sie reagieren sollten. Nach einem 1:1 daheim gegen Bremen riefen einige Köppel raus!“, doch keine zwei Wochen später gab es trotz einer Heim­pleite gegen Köln Applaus für die Mann­schaft und auf­mun­ternde Gesänge für den Trainer, der Dort­mund 1989 zum ersten Titel seit 23 Jahren geführt hatte. Nach diesem Spiel, einem 1:2, sprach Povlsen sogar davon, dass der UEFA-Pokal immer noch drin wäre. Die nächsten drei Spiele belehrten ihn eines Bes­seren: Es setzt drei wei­tere Nie­der­lagen und die Borussia, die im Winter nur vier Punkte Rück­stand auf den ersten Platz hatte, war jetzt ledig­lich vier Zähler vom 16. Rang ent­fernt.