Reinhard Grindel ist nicht länger Präsident des DFB, am Ende gefallen über eine geschenkte Uhr. Dabei ist der eigentliche Skandal nicht das Geschenk, sondern dass Grindel sich so lange an der Spitze halten konnte.
Dabei ist die Liste der Verfehlungen von Reinhard Grindel lang. Überteure Präsidiumssitzungen während der WM in Brasilien und dekadente Weihnachtsfeiern während seiner Zeit als DFB-Schatzmeister. Ein Grundlagenvertrag mit der DFL, der nach Ansicht des Finanzamts Frankfurt die Gemeinnützigkeit des DFB gefährde. Der Schlingerkurs in der Özil-Debatte, inklusive Rassismusvorwürfen seitens des Arsenalprofis. Die unnötig-frühe Vertragsverlängerung mit Joachim Löw. Das üppige Beraterhonorar für den 74-jährigen IT-Experten Walter Desch. Vorwürfe der Vetternwirtschaft in Niedersachsen.
Mehr Grüßonkel als Präsident
Es hätte ausreichend Gründe gegeben, um Reinhard Grindel das Vertrauen zu entziehen. Stattdessen stellte sich der DFB als untrennbare Einheit vor seine Kritiker. Dabei wirkte Grindel inmitten seiner Vertrauten eher wie ein stolzer Grüßonkel als ein Präsident, der den vom Sommermärchen-Skandal durchlittenen Verband wieder in die rechte (und rechtmäßige) Spur führen würde.
Erste Risse erhielt dieses Bild, als im Sommer ein interner Mailverkehr zwischen ihm, seinem Generalsekretär Friedrich Curtius und Vizepräsident Rainer Koch zur kurzfristigen Standortvergabe eines Länderspiels von Frankfurt nach Sinsheim ebenfalls in die Hände des „Spiegel“ gelangte. Beim Testspiel gegen Serbien in Wolfsburg vor zwei Wochen soll dann DFL-Präsident Reinhard Rauball seinen Amtskollegen angezählt haben. Als sich dieser kleinlaut gab, sollen sich die übrigen Anwesenden hinter Rauball gestellt haben.
Warum erinnert man sich jetzt?
Kurz darauf folgten die Enthüllungen um das heimliche Einkommen als Aufsichtsratsvorsitzender. Und die Luxusuhr, die Grindel ein Jahr lang offen trug und an die sich nun auch DFB-Mitarbeiter wieder erinnern. „Sie können mir glauben, dass ich seit dem Wochenende fassungslos bin über den Fehler, der mir da unterlaufen ist“, schreibt Reinhard Grindel zu seinem Rücktritt. Er, der – jeder, der ihn kenne, wisse das – nicht geldgierig sei und sich seit Jahren mit Compliance-Fragen befasse, hatte die Uhr ja auch im Kollegenkreis erwähnt. Geprotzt habe Grindel wie ein kleines Kind, sagen die Kollegen. Weshalb Grindel nun gehen muss. Er trägt nun die Verantwortung, ist der Buhmann. Der Uhrensohn.
„Ich bin tief erschüttert, dass ich wegen eines solchen Vorgangs meine Funktion als DFB-Präsident aufgeben muss“, sagt Grindel. Vielleicht weil doch dieser Skandal, gemessen an allen anderen Enthüllungen während seiner Amtszeit, eher klein daherkommt. Vielleicht weil auch er sich fragt, wo all die sich nun Erinnernden waren, als er die Uhr offen trug. Warum ihm niemand sagte: „Reinhard, DAS tut man nicht!“ – Eine Frage, die mit seinem Rücktritt nicht beantwortet ist.