Schalke steckt im Abstiegskampf, ist hoch verschuldet und dem Spott der Republik ausgeliefert. Dann überrollt die Mannschaft Hoffenheim mit 4:0. Die Hoffnung ist zurück. Und zumindest für einen Abend lösen sich alle Probleme in Wohlgefallen auf.
Um 17:18 Uhr ertönt in Gelsenkirchen-Erle der dreifache Pfiff. Die zweit(!)längste Negativserie der Bundesligahistorie ist beendet. Es ist geschafft. Der Schalker-Anhang darf jubeln. Nach 357 Tagen. Hochgefühl. Erleichterung. Erlösung. In Gelsenkirchener Wohnzimmern fließen Freudentränen, königsblauer Jubel in einer Stadt, die wie kaum eine andere mit ihrem Verein verbunden ist. Ein warmer Schauer. Endlich wieder gewonnen. Endlich ist der Spuk vorbei.
Was die Schalker Anhänger an den vergangenen 30 Spieltagen durchgemacht haben, ist beispiellos. Und absurd. Mit fast derselben Mannschaft, die 2019 noch Champions League gespielt hat, gelang 2020 gar nichts mehr. Seit Januar 2020 ist viel geschehen, vor allem negatives. Viel zu viele Niederlagen, viel zu viele Trainer, viel zu viel Tönnies, viel zu wenig Geld. Nun fühlt sich die Schalker Fanseele zumindest für einen Abend getröstet. Der Spuk ist vorbei.
Ausgerechnet der oft gescholtene Ralf Fährmann bekommt in der Phase, in der die stark ersatzgeschwächten Hoffenheimer drohen das Spiel in ihre Richtung zu biegen, immer wieder seine Füße zwischen Ball und Tor. Unkonventionell, aber erfolgreich. Ausgerechnet der 19-jährige Matthew Hoppe, der nicht mal in der Zweitvertretung der Königsblauen zum Stammpersonal zählt, bricht den Fluch, trifft dreifach. Ausgerechnet Amine Harit – suspendiert, Mittelpunkt von unsäglichen Stammtischdebatten – zeigt an diesem Nachmittag, was für ein begnadeter Kicker er ist, legt drei Treffer vor und krönt seine Leistung mit dem 4:0. Ausgerechnet in seinem 100. Spiel für die Knappen. Es ist das vierte Tor, das auch die letzten Zweifel der stark verunsicherten Fan-Gemeinde pulverisiert. Heute ist der langersehnte Tag. Arme schießen in die Höhe, nur in den Wohnzimmern, doch die Ekstase ist genauso spürbar wie mitten in der Nordkurve. Es ist geschafft. Schalke siegt. Sogar Geisterspiele können magisch sein.
„Glaube und Einstellung”, sagt Trainer Christian Gross, seien die Schlüssel zum Erfolg gewesen. Auch Neu-Kapitän Sead Kolašinac hat seinen Anteil. Er führte eine Mannschaft auf den Platz, die tatsächlich mit Glaube und Einstellung agierte.