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Seite 4: Ich finde es schade, dass Van der Vaart weg ist

Der bis­he­rige Höhe­punkt Ihrer Kar­riere war das Tor beim 1:1 im zweiten Rele­ga­ti­ons­spiel gegen Fürth im Mai 2014. Wie haben Sie dieses Spiel erlebt?
Wir haben damals acht Spiele nicht gewonnen. Auch das Hin­spiel gegen Fürth zu Hause endete nur 0:0. Das war grau­samer Fuß­ball, ganz schlimm. Und dann fährst du auf der letzten Felge nach Fürth und weißt, dass der HSV erst­mals absteigen kann. Die Anspan­nung im Mann­schafts­hotel war enorm, das hat man in jedem Raum gespürt. Ich habe das jetzt schon zwei Mal erlebt. Das reicht für den Rest meiner Kar­riere.

Erzählen Sie von Ihrem Tor.
In der 14. Minute kam die Ecke, ich ging mit dem Kopf hin, und der Ball war drin. Der 40-Kilo-Ruck­sack auf meinen Schul­tern fiel plötz­lich ab. Die Freude war ein­fach gren­zenlos.

So gren­zenlos, dass Sie nach dem Abpfiff vor der Für­ther Ersatz­bank fei­erten.
Mein Gott, das gehört doch zum Fuß­ball dazu! Ich hatte ja auch Belei­di­gungen vom Gegner hin­nehmen müssen, die wollen Sie gar nicht kennen. Außerdem hier mal ne Sense von hinten und da mal n Pfer­de­kuss. Dass ich da mal über­re­agiert habe, ist doch irgendwie nach­voll­ziehbar, oder? Hin­terher haben wir uns kurz aus­ge­spro­chen, Shake­hands – und fertig. Ich würde es immer wieder so machen.

Werden Sie oft belei­digt?
Das gehört doch dazu. Letzte Woche gegen Darm­stadt haben Aytac Sulu und ich ein­ander 90 Minuten lang nichts geschenkt. Hin­terher haben wir uns umarmt und gesagt: War geil!“ Man darf nicht nach­tra­gend sein im Fuß­ball.

Offenbar läuft es jetzt besser beim HSV als in den letzten beiden Spiel­zeiten. Warum?
Also, zwei Mal Rele­ga­tion reicht wirk­lich, das konnte ja nur besser werden! Unter Bruno Lab­badia hat sich vieles zum Posi­tiven ent­wi­ckelt, weil er in der Vor­be­rei­tung Zeit hatte, uns richtig gut ein­zu­stellen. Es ist zwar noch nicht alles Gold, was glänzt, aber es ist ein­fach ein gutes Gefühl, für uns auch für die Fans, dass wir eigent­lich jeden schlagen können, wenn wir gut drauf sind, mit Aus­nahme der Bayern viel­leicht. Und wenn wir tat­säch­lich gewinnen, dann fahren wir im Bus nach Hause und lachen end­lich mal wieder, statt fünf Stunden im Dun­keln zu sitzen und zu grü­beln. 

Ist die Stim­mung in der Truppe besser als in den Jahren zuvor?
Klar, man ist immer besser gelaunt, wenn man erfolg­reich ist. Aber die Stim­mung war auch damals nie so schlecht, wie oft behauptet wurde. Wir kamen alle gut mit­ein­ander klar, es gab keine Stink­stiefel. Aber diese gute Stim­mung haben wir nicht auf den Platz über­tragen.

Ist es gut für die Stim­mung, dass Rafael van der Vaart den HSV ver­lassen hat?
Da gibt es keinen Zusam­men­hang. Rafa war ja auch kein Stink­stiefel.

Aber viel­leicht ein Stör­faktor durch seine Akti­vi­täten auf dem Bou­le­vard.
Das hat die Mann­schaft nie inter­es­siert. Für mich per­sön­lich war es eine große Ehre, mit ihm spielen zu dürfen. Er hat mir viel bei­gebracht, die rich­tigen Lauf­wege zum Bei­spiel. Ich finde es schade, dass er weg ist.

Bruno Lab­badia war früher selbst mal Stürmer. Ein Vor­teil für Sie?
Klar. Er weiß, wie es ist, wenn man auf Bälle wartet, for­dert die Außen­spieler öfter mal auf, mich zu ver­sorgen. Auch ins­ge­samt hat er end­lich wieder eine klare Struktur in den Laden gebracht. Ich bin froh, dass wir ihn haben.

Warum hat sein Vor­gänger Joe Zinn­bauer keine klare Struktur in den Laden gebracht?
Wir sind gut gestartet, dann haben wir leider irgendwie den Faden ver­loren. Aber Joe war nicht ver­kehrt.

Welche Ziele haben Sie mit dem HSV?
Die Meis­ter­schaft dürfte an den FC Bayern gehen. Wir wollen uns in der oberen Tabel­len­hälfte eta­blieren – und nach einer sehr schwie­rigen Zeit, in der der Verein Schaden erlitten hat, den Fans end­lich wieder Freude bereiten.

Welche Ziele haben Sie für Ihre Kar­riere?
Tore schießen, Vor­lagen geben, der Mann­schaft helfen. Das war’s schon.

Auch in der Natio­nal­mann­schaft?
Natür­lich! Seit ich klein bin, träume ich davon. Ich kann mich nur auf­drängen, ein­laden muss mich aber natür­lich der Bun­des­trainer.

Joa­chim Löw ist nicht als Fan des klas­si­schen Mit­tel­stür­mers bekannt.
Die Dis­kus­sion über die fal­sche Neun wird schon lange geführt. Aber es schadet nie, eine echte Neun im Kader zu haben – und sie bringen zu können, wenn es drauf ankommt. So viele Typen von meiner Art gibt es in Deutsch­land nicht mehr. Des­wegen können wir froh sein, dass…

… es Sie gibt?
So dras­tisch wollte ich es jetzt nicht sagen. Bin ja bescheiden. (Lacht.)

Haben Sie einen Kar­rie­re­plan?
Nein, ich genieße den Augen­blick. Ich bin jeden Tag froh, dass ich Fuß­ball spielen kann.

Was sagt Ihre Bera­terin dazu?
Die ist glück­lich, wenn ich glück­lich bin. Um das abschlie­ßend noch mal zu sagen: Es ist bei uns zu Hause gar nicht so schlimm, wie immer geschrieben wird. (Lacht.)