Lucien Favre ist in Dortmund nicht nur an den Ergebnissen gescheitert, sondern vor allem auch an seiner Außendarstellung. Sie war im wahrsten Sinne des Wortes rätselhaft.
Da schlendert man so gemütlich daher und plötzlich – war es ein offener Schnürsenkel oder vielleicht ein loser Pflasterstein? – küsst man den Bürgersteig. Das Schlimmste daran ist nicht die blutige Nase, die Hose, die man nun wechseln muss, oder der vielleicht durch all das verpasste Termin. Viel schlimmer ist das kaum unterdrückte Kichern, das hinter einem zu hören ist, während man sich gerade mühsam wieder erhebt.
So fühlten sich am Sonntagabend viele Dortmunder. Keine fünf Stunden, nachdem der BVB die nicht mehr vermeidbare Trennung von Lucien Favre gemeldet hatte, kletterte ausgerechnet Bayer Leverkusen unter Trainer Peter Bosz auf Platz eins der Bundesliga-Tabelle. Mit einem Kader, der seit Saisonbeginn exakt so viele Spiele bestreiten musste wie Borussia Dortmund, nämlich 18 in weniger als 13 Wochen, obwohl er etwas kleiner und qualitativ deutlich schwächer besetzt ist.
Nach dem Spiel gestand Bosz, dass er bis zum 3:1 auf der Bank „unruhig“ gewesen war, weil seine Elf nicht „kompakt genug“ verteidigt hatte. Dann führte er aus, dass Leon Bailey lieber auf der rechten Seite spielt und es durch bisher von ihm nicht gekannte Konstanz zurückzahlt, dass sein Trainer ihn dorthin stellt. „Das erste Tor“, sagte Bosz, „hätte er wohl auf diese Weise letzte Saison nicht geschossen“. Schließlich wurde Leverkusens Trainer auf Florian Wirtz angesprochen. Bosz lobte den Jungstar, erwähnte dann aber auch, dass Wirtz bei einer eigenen Ecke mal den Ball verloren hatte, obwohl er in der „Restverteidigung“ stand und deswegen eigentlich kein Risiko eingehen durfte. Das alles ist deshalb an dieser Stelle erwähnenswert, weil man als BVB-Fan schon gar nicht mehr wusste, dass Trainer in verständlichen Sätzen reden können und Fragen auch tatsächlich beantworten.
Selbst unter normalen Umständen ist es ja so, dass Medienkompetenz inzwischen eine für Bundesliga-Trainer durchaus wichtige Qualität darstellt. Sie ist aber geradezu notwendig, seitdem Fußball ein reines Fernsehspiel geworden ist. Wenn Menschen jeden physischen Kontakt zu ihrem Verein verloren haben und nicht mal mehr zum Training gehen können, dann werden die wenigen Minuten für sie kostbar, in denen der wichtigste Angestellte des Klubs erklären darf, was gerade los ist und wohin die Reise gehen soll. In seinen 29 Monaten beim BVB konnte oder wollte Lucien Favre das aber im Grunde nie – und ist deshalb auch an seiner Außenwirkung gescheitert.