Noch im Mai 2021 holte er mit dem FC Chelsea die Champions League. In nicht mal sechs Monaten, sagt Thiago Silva, habe er dort damals alles verändert. Nun ist Thomas Tuchel rausgeflogen.
Das Zitat fiel übrigens einige Minuten, nachdem Tuchel seine Töchter und seine Frau mitten auf dem Rasen innig umarmt hatte, als wäre es völlig egal, dass Millionen von Menschen zuschauten. Dann erzählte er auch noch, dass seine Frau „schon in der Landesliga dabei war“. Und dass sie sich „manchmal gefragt hat, mit wem sie da zusammen ist“.
Tuchel und die Fans, Tuchel und die Familie. Fehlen nur noch … genau: Tuchel und seine Spieler. Was immer der Trainer auch mit der Truppe angestellt haben mag, die er Ende Januar übernommen hat, es kann nicht vorrangig mit Matchplänen, Salzstreuern oder taktischen Finessen zu tun haben. Dafür war die Zeit zu kurz, die Tuchel mit einem Kader verbrachte, den er kaum kannte, den er nicht zusammengestellt hat und mit dem er bis zur Sommerpause nicht im Detail arbeiten konnte. Chelsea bestritt in Tuchels 123 Tagen an der Stamford Bridge nun 30 Partien.
Stattdessen muss er die Profis auf einer emotionalen Ebene erreicht haben, und zwar nicht nur die deutschen, sondern vor allem Schlüsselspieler wie N’Golo Kanté, der im Herbst und Winter noch mit einem raschen Transfer geliebäugelt hatte. Thiago Silva drückte das gestern nach dem Spiel so aus: „Tuchel hat in nur sechs Monaten alles verändert. Es ist unglaublich, was er mit der Mentalität der Mannschaft angestellt hat.“ Da war es dann endgültig um die Fassung vieler BVB-Fans geschehen. Tuchel als Jugendherbergsvater von Mentalitätsmonstern? Was um alles in der Welt ist mit dem Mann passiert?
Die Antwort ist vermutlich ganz einfach. Er ist vier Jahre älter und er hat aus seinen Fehlern gelernt. Das ist eine Fähigkeit, die man in England Pep Guardiola nach dem Finalabend nicht zum ersten Mal abspricht. Doch das ist wieder eine andere Geschichte und eine andere Art, das Finale von Porto zu erzählen.
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